von den Anzügen der spielenden Figuren überbieten zu lassen. San Quirico, sagt man, hat viele geschickte Leute in seinem Dienst; alle Bestellungen gehen an ihn, er überträgt sie ferner, und giebt die Anleitungen, so daß alles unter seinem Namen geht und er selbst sehr wenig macht. Er soll vielen geschickten Künstlern jähr¬ lich ein schönes Fixum geben, und dieses auch bezahlen, wenn sie krank sind und das ganze Jahr nichts zu thun haben.
Bey der Oper selbst war es mir zunächst lieb, kei¬ nen Souffleurkasten zu sehen, der sonst, so unangenehm, immer die Füße der handelnden Personen verdeckt.
Sodann gefiel mir der Platz des Capellmeisters. Er stand so, daß er sein ganzes Orchester übersieht, und rechts und links winken und leiten kann, und von Allen gesehen wird, ein wenig erhöht, in der Mitte, zunächst am Parket, so daß er, über das Orchester hinaus, frey auf die Bühne sieht. In Weimar dagegen steht der Capellmeister so, daß er zwar frey auf die Bühne sieht, aber das Orchester im Rücken hat, so daß er sich immer umwenden muß, wenn er jemanden etwas bedeuten will.
Das Orchester selbst ist sehr stark besetzt, ich zählte sechzehn Bässe, und zwar an jedem äußersten Ende acht. Das gegen hundert Personen sich belaufende Personal ist von beyden Seiten zu nach innen auf den Capell¬ meister gewendet, und zwar so, daß sie den Rücken ge¬ gen die ins Proscenium hineingehenden Parterre-Logen
von den Anzuͤgen der ſpielenden Figuren uͤberbieten zu laſſen. San Quirico, ſagt man, hat viele geſchickte Leute in ſeinem Dienſt; alle Beſtellungen gehen an ihn, er uͤbertraͤgt ſie ferner, und giebt die Anleitungen, ſo daß alles unter ſeinem Namen geht und er ſelbſt ſehr wenig macht. Er ſoll vielen geſchickten Kuͤnſtlern jaͤhr¬ lich ein ſchoͤnes Fixum geben, und dieſes auch bezahlen, wenn ſie krank ſind und das ganze Jahr nichts zu thun haben.
Bey der Oper ſelbſt war es mir zunaͤchſt lieb, kei¬ nen Souffleurkaſten zu ſehen, der ſonſt, ſo unangenehm, immer die Fuͤße der handelnden Perſonen verdeckt.
Sodann gefiel mir der Platz des Capellmeiſters. Er ſtand ſo, daß er ſein ganzes Orcheſter uͤberſieht, und rechts und links winken und leiten kann, und von Allen geſehen wird, ein wenig erhoͤht, in der Mitte, zunaͤchſt am Parket, ſo daß er, uͤber das Orcheſter hinaus, frey auf die Buͤhne ſieht. In Weimar dagegen ſteht der Capellmeiſter ſo, daß er zwar frey auf die Buͤhne ſieht, aber das Orcheſter im Ruͤcken hat, ſo daß er ſich immer umwenden muß, wenn er jemanden etwas bedeuten will.
Das Orcheſter ſelbſt iſt ſehr ſtark beſetzt, ich zaͤhlte ſechzehn Baͤſſe, und zwar an jedem aͤußerſten Ende acht. Das gegen hundert Perſonen ſich belaufende Perſonal iſt von beyden Seiten zu nach innen auf den Capell¬ meiſter gewendet, und zwar ſo, daß ſie den Ruͤcken ge¬ gen die ins Proſcenium hineingehenden Parterre-Logen
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von den Anzuͤgen der ſpielenden Figuren uͤberbieten zu
laſſen. San Quirico, ſagt man, hat viele geſchickte
Leute in ſeinem Dienſt; alle Beſtellungen gehen an ihn,
er uͤbertraͤgt ſie ferner, und giebt die Anleitungen, ſo
daß alles unter ſeinem Namen geht und er ſelbſt ſehr
wenig macht. Er ſoll vielen geſchickten Kuͤnſtlern jaͤhr¬
lich ein ſchoͤnes Fixum geben, und dieſes auch bezahlen,
wenn ſie krank ſind und das ganze Jahr nichts zu
thun haben.
Bey der Oper ſelbſt war es mir zunaͤchſt lieb, kei¬
nen Souffleurkaſten zu ſehen, der ſonſt, ſo unangenehm,
immer die Fuͤße der handelnden Perſonen verdeckt.
Sodann gefiel mir der Platz des Capellmeiſters.
Er ſtand ſo, daß er ſein ganzes Orcheſter uͤberſieht, und
rechts und links winken und leiten kann, und von Allen
geſehen wird, ein wenig erhoͤht, in der Mitte, zunaͤchſt
am Parket, ſo daß er, uͤber das Orcheſter hinaus, frey
auf die Buͤhne ſieht. In Weimar dagegen ſteht der
Capellmeiſter ſo, daß er zwar frey auf die Buͤhne ſieht,
aber das Orcheſter im Ruͤcken hat, ſo daß er ſich immer
umwenden muß, wenn er jemanden etwas bedeuten will.
Das Orcheſter ſelbſt iſt ſehr ſtark beſetzt, ich zaͤhlte
ſechzehn Baͤſſe, und zwar an jedem aͤußerſten Ende acht.
Das gegen hundert Perſonen ſich belaufende Perſonal
iſt von beyden Seiten zu nach innen auf den Capell¬
meiſter gewendet, und zwar ſo, daß ſie den Ruͤcken ge¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/222>, abgerufen am 24.11.2024.
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