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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

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sprach er vollkommen, ebenso das Englische, und man
versicherte mich, daß er noch drey andere Sprachen in
seiner Gewalt habe. Ich ließ mich später mit ihm in
ein Gespräch ein, und hatte nach allen Seiten hin eine
seltene Bildung an ihm zu schätzen.

Abends im Don Juan hatten wir Ursache, mit
Liebe an Weimar zu denken. Im Grunde waren alles
gute Stimmen und hübsche Talente, allein sie spielten
und redeten fast alle wie Naturalisten, die keinem Meister
etwas schuldig geworden. Sie waren undeutlich, und
thaten als ob kein Publicum da wäre. Das Spiel eini¬
ger Personen gab zu der Bemerkung Anlaß, daß das
Unedle, ohne Character, sogleich gemein und unerträg¬
lich werde, während es durch Character sich sogleich in
die höhere Sphäre der Kunst erhebt. Das Publicum
war sehr laut und ungestüm, und es fehlte nicht an
vielfältigem Da Capo- und Hervorgerufe. Der Zerline
ging es gut und übel zugleich, indem die eine Hälfte
des Hauses zischte, während die andere applaudirte, so
daß sich die Parteyen steigerten, und es jedesmal mit
einem wüsten Lärm und Tumult endigte.


ſprach er vollkommen, ebenſo das Engliſche, und man
verſicherte mich, daß er noch drey andere Sprachen in
ſeiner Gewalt habe. Ich ließ mich ſpaͤter mit ihm in
ein Geſpraͤch ein, und hatte nach allen Seiten hin eine
ſeltene Bildung an ihm zu ſchaͤtzen.

Abends im Don Juan hatten wir Urſache, mit
Liebe an Weimar zu denken. Im Grunde waren alles
gute Stimmen und huͤbſche Talente, allein ſie ſpielten
und redeten faſt alle wie Naturaliſten, die keinem Meiſter
etwas ſchuldig geworden. Sie waren undeutlich, und
thaten als ob kein Publicum da waͤre. Das Spiel eini¬
ger Perſonen gab zu der Bemerkung Anlaß, daß das
Unedle, ohne Character, ſogleich gemein und unertraͤg¬
lich werde, waͤhrend es durch Character ſich ſogleich in
die hoͤhere Sphaͤre der Kunſt erhebt. Das Publicum
war ſehr laut und ungeſtuͤm, und es fehlte nicht an
vielfaͤltigem Da Capo- und Hervorgerufe. Der Zerline
ging es gut und uͤbel zugleich, indem die eine Haͤlfte
des Hauſes ziſchte, waͤhrend die andere applaudirte, ſo
daß ſich die Parteyen ſteigerten, und es jedesmal mit
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[210/0220] ſprach er vollkommen, ebenſo das Engliſche, und man verſicherte mich, daß er noch drey andere Sprachen in ſeiner Gewalt habe. Ich ließ mich ſpaͤter mit ihm in ein Geſpraͤch ein, und hatte nach allen Seiten hin eine ſeltene Bildung an ihm zu ſchaͤtzen. Abends im Don Juan hatten wir Urſache, mit Liebe an Weimar zu denken. Im Grunde waren alles gute Stimmen und huͤbſche Talente, allein ſie ſpielten und redeten faſt alle wie Naturaliſten, die keinem Meiſter etwas ſchuldig geworden. Sie waren undeutlich, und thaten als ob kein Publicum da waͤre. Das Spiel eini¬ ger Perſonen gab zu der Bemerkung Anlaß, daß das Unedle, ohne Character, ſogleich gemein und unertraͤg¬ lich werde, waͤhrend es durch Character ſich ſogleich in die hoͤhere Sphaͤre der Kunſt erhebt. Das Publicum war ſehr laut und ungeſtuͤm, und es fehlte nicht an vielfaͤltigem Da Capo- und Hervorgerufe. Der Zerline ging es gut und uͤbel zugleich, indem die eine Haͤlfte des Hauſes ziſchte, waͤhrend die andere applaudirte, ſo daß ſich die Parteyen ſteigerten, und es jedesmal mit einem wuͤſten Laͤrm und Tumult endigte.

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/220>, abgerufen am 28.11.2024.