zu machen, welches denn wohl das Beste ist, was man von Liedern sagen kann."
Ich bin gewiß, versetzte ich, daß seine Umgebung nachtheilig auf ihn gewirkt hat, und daß er, um seinen revolutionairen Freunden zu gefallen, manches gesagt hat, was er sonst nicht gesagt haben würde. Euer Ex¬ cellenz sollten Ihr Schema ausführen und das Capitel von den Influenzen schreiben, der Gegenstand ist wich¬ tiger und reicher, jemehr man darüber nachdenkt.
"Er ist nur zu reich, sagte Goethe, denn am Ende ist Alles Influenz, insofern wir es nicht selber sind."
Man hat nur darauf zu sehen, sagte ich, ob eine Influenz hinderlich oder förderlich, ob sie unserer Natur angemessen und begünstigend, oder ob sie ihr zuwider ist.
"Das ist es freylich, sagte Goethe, worauf es an¬ kommt; aber das ist auch eben das Schwere, daß un¬ sere bessere Natur sich kräftig durchhalte und den Dä¬ monen nicht mehr Gewalt einräume als billig."
Beym Nachtisch ließ Goethe einen blühenden Lorbeer und eine japanesische Pflanze vor uns auf den Tisch stellen. Ich bemerkte, daß von beyden Pflanzen eine verschiedene Stimmung ausgehe, daß der Anblick des Lorbeers heiter, leicht, milde und ruhig mache, die ja¬ panesische Pflanze dagegen barbarisch melancholisch wirke.
"Sie haben nicht Unrecht, sagte Goethe, und daher kommt es denn auch, daß man der Pflanzenwelt eines Landes einen Einfluß auf die Gemüthsart seiner Be¬
zu machen, welches denn wohl das Beſte iſt, was man von Liedern ſagen kann.“
Ich bin gewiß, verſetzte ich, daß ſeine Umgebung nachtheilig auf ihn gewirkt hat, und daß er, um ſeinen revolutionairen Freunden zu gefallen, manches geſagt hat, was er ſonſt nicht geſagt haben wuͤrde. Euer Ex¬ cellenz ſollten Ihr Schema ausfuͤhren und das Capitel von den Influenzen ſchreiben, der Gegenſtand iſt wich¬ tiger und reicher, jemehr man daruͤber nachdenkt.
„Er iſt nur zu reich, ſagte Goethe, denn am Ende iſt Alles Influenz, inſofern wir es nicht ſelber ſind.“
Man hat nur darauf zu ſehen, ſagte ich, ob eine Influenz hinderlich oder foͤrderlich, ob ſie unſerer Natur angemeſſen und beguͤnſtigend, oder ob ſie ihr zuwider iſt.
„Das iſt es freylich, ſagte Goethe, worauf es an¬ kommt; aber das iſt auch eben das Schwere, daß un¬ ſere beſſere Natur ſich kraͤftig durchhalte und den Daͤ¬ monen nicht mehr Gewalt einraͤume als billig.“
Beym Nachtiſch ließ Goethe einen bluͤhenden Lorbeer und eine japaneſiſche Pflanze vor uns auf den Tiſch ſtellen. Ich bemerkte, daß von beyden Pflanzen eine verſchiedene Stimmung ausgehe, daß der Anblick des Lorbeers heiter, leicht, milde und ruhig mache, die ja¬ paneſiſche Pflanze dagegen barbariſch melancholiſch wirke.
„Sie haben nicht Unrecht, ſagte Goethe, und daher kommt es denn auch, daß man der Pflanzenwelt eines Landes einen Einfluß auf die Gemuͤthsart ſeiner Be¬
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zu machen, welches denn wohl das Beſte iſt, was man
von Liedern ſagen kann.“
Ich bin gewiß, verſetzte ich, daß ſeine Umgebung
nachtheilig auf ihn gewirkt hat, und daß er, um ſeinen
revolutionairen Freunden zu gefallen, manches geſagt
hat, was er ſonſt nicht geſagt haben wuͤrde. Euer Ex¬
cellenz ſollten Ihr Schema ausfuͤhren und das Capitel
von den Influenzen ſchreiben, der Gegenſtand iſt wich¬
tiger und reicher, jemehr man daruͤber nachdenkt.
„Er iſt nur zu reich, ſagte Goethe, denn am Ende
iſt Alles Influenz, inſofern wir es nicht ſelber ſind.“
Man hat nur darauf zu ſehen, ſagte ich, ob eine
Influenz hinderlich oder foͤrderlich, ob ſie unſerer Natur
angemeſſen und beguͤnſtigend, oder ob ſie ihr zuwider iſt.
„Das iſt es freylich, ſagte Goethe, worauf es an¬
kommt; aber das iſt auch eben das Schwere, daß un¬
ſere beſſere Natur ſich kraͤftig durchhalte und den Daͤ¬
monen nicht mehr Gewalt einraͤume als billig.“
Beym Nachtiſch ließ Goethe einen bluͤhenden Lorbeer
und eine japaneſiſche Pflanze vor uns auf den Tiſch
ſtellen. Ich bemerkte, daß von beyden Pflanzen eine
verſchiedene Stimmung ausgehe, daß der Anblick des
Lorbeers heiter, leicht, milde und ruhig mache, die ja¬
paneſiſche Pflanze dagegen barbariſch melancholiſch wirke.
„Sie haben nicht Unrecht, ſagte Goethe, und daher
kommt es denn auch, daß man der Pflanzenwelt eines
Landes einen Einfluß auf die Gemuͤthsart ſeiner Be¬
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/103>, abgerufen am 16.02.2025.
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