welcher Ausspruch ihm zu gefallen schien, indem er den Stand-Punct bezeichne, aus welchem man jene jugend¬ lichen Arbeiten zu betrachten habe.
Er gab mir sodann die ersten eilf Hefte von Kunst und Alterthum, damit ich sie neben den Frankfurter Re¬ censionen als eine zweyte Arbeit nach Jena mit hinüber nehme.
"Ich wünsche nämlich, sagte er, daß Sie diese Hefte gut studirten und nicht allein ein allgemeines Inhalts¬ verzeichniß darüber machten, sondern auch aufsetzten, welche Gegenstände nicht als abgeschlossen zu betrachten sind, damit es mir vor die Augen trete, welche Fäden ich wieder aufzunehmen und weiter fortzuspinnen habe. Es wird mir dieses eine große Erleichterung seyn und Sie selber werden davon den Gewinn haben, daß Sie auf diesem practischen Wege den Inhalt aller einzelnen Aufsätze weit schärfer ansehen und in sich aufnehmen, als es bey einem gewöhnlichen Lesen nach persönlicher Nei¬ gung zu geschehen pflegt."
Ich fand dieses alles gut und richtig und sagte daß ich auch diese Arbeit gern übernehmen wolle.
Donnerstag den 19. Juny 1823.
Ich wollte heute eigentlich schon in Jena seyn, Goethe sagte aber gestern wünschend und bittend, daß ich doch noch bis Sonntag bleiben und dann mit der Post
welcher Ausſpruch ihm zu gefallen ſchien, indem er den Stand-Punct bezeichne, aus welchem man jene jugend¬ lichen Arbeiten zu betrachten habe.
Er gab mir ſodann die erſten eilf Hefte von Kunſt und Alterthum, damit ich ſie neben den Frankfurter Re¬ cenſionen als eine zweyte Arbeit nach Jena mit hinuͤber nehme.
„Ich wuͤnſche naͤmlich, ſagte er, daß Sie dieſe Hefte gut ſtudirten und nicht allein ein allgemeines Inhalts¬ verzeichniß daruͤber machten, ſondern auch aufſetzten, welche Gegenſtaͤnde nicht als abgeſchloſſen zu betrachten ſind, damit es mir vor die Augen trete, welche Faͤden ich wieder aufzunehmen und weiter fortzuſpinnen habe. Es wird mir dieſes eine große Erleichterung ſeyn und Sie ſelber werden davon den Gewinn haben, daß Sie auf dieſem practiſchen Wege den Inhalt aller einzelnen Aufſaͤtze weit ſchaͤrfer anſehen und in ſich aufnehmen, als es bey einem gewoͤhnlichen Leſen nach perſoͤnlicher Nei¬ gung zu geſchehen pflegt.“
Ich fand dieſes alles gut und richtig und ſagte daß ich auch dieſe Arbeit gern uͤbernehmen wolle.
Donnerstag den 19. Juny 1823.
Ich wollte heute eigentlich ſchon in Jena ſeyn, Goethe ſagte aber geſtern wuͤnſchend und bittend, daß ich doch noch bis Sonntag bleiben und dann mit der Poſt
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welcher Ausſpruch ihm zu gefallen ſchien, indem er den
Stand-Punct bezeichne, aus welchem man jene jugend¬
lichen Arbeiten zu betrachten habe.
Er gab mir ſodann die erſten eilf Hefte von Kunſt
und Alterthum, damit ich ſie neben den Frankfurter Re¬
cenſionen als eine zweyte Arbeit nach Jena mit hinuͤber
nehme.
„Ich wuͤnſche naͤmlich, ſagte er, daß Sie dieſe Hefte
gut ſtudirten und nicht allein ein allgemeines Inhalts¬
verzeichniß daruͤber machten, ſondern auch aufſetzten,
welche Gegenſtaͤnde nicht als abgeſchloſſen zu betrachten
ſind, damit es mir vor die Augen trete, welche Faͤden
ich wieder aufzunehmen und weiter fortzuſpinnen habe.
Es wird mir dieſes eine große Erleichterung ſeyn und
Sie ſelber werden davon den Gewinn haben, daß Sie
auf dieſem practiſchen Wege den Inhalt aller einzelnen
Aufſaͤtze weit ſchaͤrfer anſehen und in ſich aufnehmen, als
es bey einem gewoͤhnlichen Leſen nach perſoͤnlicher Nei¬
gung zu geſchehen pflegt.“
Ich fand dieſes alles gut und richtig und ſagte daß
ich auch dieſe Arbeit gern uͤbernehmen wolle.
Donnerstag den 19. Juny 1823.
Ich wollte heute eigentlich ſchon in Jena ſeyn,
Goethe ſagte aber geſtern wuͤnſchend und bittend, daß ich
doch noch bis Sonntag bleiben und dann mit der Poſt
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/64>, abgerufen am 21.11.2024.
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