suchte, und gegen den meine innige Liebe und Vereh¬ rung fast leidenschaftlicher Natur war.
Bald nach meiner Ankunft in Göttingen hatte ich ihm, neben einer kleinen Skizze meines Lebens- und Bildungsganges, ein Exemplar meiner Gedichte zuge¬ sendet, worauf ich denn die große Freude erlebte, nicht allein von ihm einige schriftliche Worte zu erhalten, sondern auch von Reisenden zu hören, daß er von mir eine gute Meinung habe und in den Heften von Kunst und Alterthum meiner gedenken wolle.
Dieses zu wissen, war für mich in meiner damaligen Lage von großer Bedeutung, so wie es mir auch jetzt den Muth gab das so eben vollendete Manuscript ver¬ trauensvoll an ihn zu senden.
Es lebte nun in mir kein anderer Trieb, als ihm einmal einige Augenblicke persönlich nahe zu seyn; und so machte ich mich denn zur Erreichung dieses Wun¬ sches gegen Ende des Monates May auf, und wanderte zu Fuß über Göttingen und das Werrathal nach Weimar.
Auf diesem wegen großer Hitze oft mühsamen Wege hatte ich in meinem Innern wiederholt den tröstlichen Eindruck, als stehe ich unter der besonderen Leitung gütiger Wesen, und als möchte dieser Gang für mein ferneres Leben von wichtigen Folgen seyn.
ſuchte, und gegen den meine innige Liebe und Vereh¬ rung faſt leidenſchaftlicher Natur war.
Bald nach meiner Ankunft in Goͤttingen hatte ich ihm, neben einer kleinen Skizze meines Lebens- und Bildungsganges, ein Exemplar meiner Gedichte zuge¬ ſendet, worauf ich denn die große Freude erlebte, nicht allein von ihm einige ſchriftliche Worte zu erhalten, ſondern auch von Reiſenden zu hoͤren, daß er von mir eine gute Meinung habe und in den Heften von Kunſt und Alterthum meiner gedenken wolle.
Dieſes zu wiſſen, war fuͤr mich in meiner damaligen Lage von großer Bedeutung, ſo wie es mir auch jetzt den Muth gab das ſo eben vollendete Manuſcript ver¬ trauensvoll an ihn zu ſenden.
Es lebte nun in mir kein anderer Trieb, als ihm einmal einige Augenblicke perſoͤnlich nahe zu ſeyn; und ſo machte ich mich denn zur Erreichung dieſes Wun¬ ſches gegen Ende des Monates May auf, und wanderte zu Fuß uͤber Goͤttingen und das Werrathal nach Weimar.
Auf dieſem wegen großer Hitze oft muͤhſamen Wege hatte ich in meinem Innern wiederholt den troͤſtlichen Eindruck, als ſtehe ich unter der beſonderen Leitung guͤtiger Weſen, und als moͤchte dieſer Gang fuͤr mein ferneres Leben von wichtigen Folgen ſeyn.
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ſuchte, und gegen den meine innige Liebe und Vereh¬
rung faſt leidenſchaftlicher Natur war.
Bald nach meiner Ankunft in Goͤttingen hatte ich
ihm, neben einer kleinen Skizze meines Lebens- und
Bildungsganges, ein Exemplar meiner Gedichte zuge¬
ſendet, worauf ich denn die große Freude erlebte, nicht
allein von ihm einige ſchriftliche Worte zu erhalten,
ſondern auch von Reiſenden zu hoͤren, daß er von mir
eine gute Meinung habe und in den Heften von Kunſt
und Alterthum meiner gedenken wolle.
Dieſes zu wiſſen, war fuͤr mich in meiner damaligen
Lage von großer Bedeutung, ſo wie es mir auch jetzt
den Muth gab das ſo eben vollendete Manuſcript ver¬
trauensvoll an ihn zu ſenden.
Es lebte nun in mir kein anderer Trieb, als ihm
einmal einige Augenblicke perſoͤnlich nahe zu ſeyn; und
ſo machte ich mich denn zur Erreichung dieſes Wun¬
ſches gegen Ende des Monates May auf, und wanderte
zu Fuß uͤber Goͤttingen und das Werrathal nach Weimar.
Auf dieſem wegen großer Hitze oft muͤhſamen Wege
hatte ich in meinem Innern wiederholt den troͤſtlichen
Eindruck, als ſtehe ich unter der beſonderen Leitung
guͤtiger Weſen, und als moͤchte dieſer Gang fuͤr mein
ferneres Leben von wichtigen Folgen ſeyn.
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/54>, abgerufen am 25.11.2024.
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