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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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aus seiner Nacht zu erlösen und dem Schauenden die
süßeste Göttergabe, die Blume des Angesichts, das Gefäß
des Lichtes, das sehende Auge, zu erhalten. Nun meine
Bücher zerstört sind, hab' ich umsonst gelebt; mit meinen
Werken haben die Elenden mich selbst verbrannt! O
meine Bücher, meine Bücher!" Bei diesen Worten schluchzte
der unglückliche Mann schmerzlich auf; Phanes aber
näherte sich ihm, ergriff seine Rechte und sprach: "Dich,
mein Freund, haben die Aegypter geschlagen, ich aber bin
von ihnen gemißhandelt worden; Dir sind Diebe in die
Scheune gedrungen, mir haben Mordbrenner Haus und
Hof eingeäschert. Weißt Du, Mann, weißt Du, was
man mir gethan hat? Wenn sie mich verjagten und
verfolgten, so hatten sie ein Recht dazu, denn ich war
nach ihren Gesetzen des Todes schuldig. Um meinetwillen
hätte ich ihnen vergeben können, denn ich hing an diesem
Amasis, wie ein Freund an dem Freunde hängt. Das
wußte der Elende, und dennoch litt er das Unglaubliche.
O, das Gehirn sträubt sich, das Entsetzliche zu denken!
Wie die Wölfe drangen sie bei Nacht in das Haus eines
wehrlosen Weibes und raubten meine Kinder, ein Mädchen
und einen Knaben, den Stolz, die Freude, den Trost meines
heimathlosen Lebens. Und was thaten sie mit ihnen?
Das Mädchen hielten sie gefangen, wie sie vorgaben, um
mich zu verhindern, Aegypten an die Fremden zu ver-
rathen; den Knaben aber, das Bild der Schönheit und
Güte, meinen einzigen Sohn, hat Psamtik, der Thronerbe,
vielleicht mit Wissen des Amasis, ermorden lassen. Mein
Herz war in Gram und Verbannung zusammengeschrumpft,
jetzt aber fühle ich, wie es in der Hoffnung nach Rache
anschwillt und in freudigeren Schlägen pocht!"

aus ſeiner Nacht zu erlöſen und dem Schauenden die
ſüßeſte Göttergabe, die Blume des Angeſichts, das Gefäß
des Lichtes, das ſehende Auge, zu erhalten. Nun meine
Bücher zerſtört ſind, hab’ ich umſonſt gelebt; mit meinen
Werken haben die Elenden mich ſelbſt verbrannt! O
meine Bücher, meine Bücher!“ Bei dieſen Worten ſchluchzte
der unglückliche Mann ſchmerzlich auf; Phanes aber
näherte ſich ihm, ergriff ſeine Rechte und ſprach: „Dich,
mein Freund, haben die Aegypter geſchlagen, ich aber bin
von ihnen gemißhandelt worden; Dir ſind Diebe in die
Scheune gedrungen, mir haben Mordbrenner Haus und
Hof eingeäſchert. Weißt Du, Mann, weißt Du, was
man mir gethan hat? Wenn ſie mich verjagten und
verfolgten, ſo hatten ſie ein Recht dazu, denn ich war
nach ihren Geſetzen des Todes ſchuldig. Um meinetwillen
hätte ich ihnen vergeben können, denn ich hing an dieſem
Amaſis, wie ein Freund an dem Freunde hängt. Das
wußte der Elende, und dennoch litt er das Unglaubliche.
O, das Gehirn ſträubt ſich, das Entſetzliche zu denken!
Wie die Wölfe drangen ſie bei Nacht in das Haus eines
wehrloſen Weibes und raubten meine Kinder, ein Mädchen
und einen Knaben, den Stolz, die Freude, den Troſt meines
heimathloſen Lebens. Und was thaten ſie mit ihnen?
Das Mädchen hielten ſie gefangen, wie ſie vorgaben, um
mich zu verhindern, Aegypten an die Fremden zu ver-
rathen; den Knaben aber, das Bild der Schönheit und
Güte, meinen einzigen Sohn, hat Pſamtik, der Thronerbe,
vielleicht mit Wiſſen des Amaſis, ermorden laſſen. Mein
Herz war in Gram und Verbannung zuſammengeſchrumpft,
jetzt aber fühle ich, wie es in der Hoffnung nach Rache
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[28/0036] aus ſeiner Nacht zu erlöſen und dem Schauenden die ſüßeſte Göttergabe, die Blume des Angeſichts, das Gefäß des Lichtes, das ſehende Auge, zu erhalten. Nun meine Bücher zerſtört ſind, hab’ ich umſonſt gelebt; mit meinen Werken haben die Elenden mich ſelbſt verbrannt! O meine Bücher, meine Bücher!“ Bei dieſen Worten ſchluchzte der unglückliche Mann ſchmerzlich auf; Phanes aber näherte ſich ihm, ergriff ſeine Rechte und ſprach: „Dich, mein Freund, haben die Aegypter geſchlagen, ich aber bin von ihnen gemißhandelt worden; Dir ſind Diebe in die Scheune gedrungen, mir haben Mordbrenner Haus und Hof eingeäſchert. Weißt Du, Mann, weißt Du, was man mir gethan hat? Wenn ſie mich verjagten und verfolgten, ſo hatten ſie ein Recht dazu, denn ich war nach ihren Geſetzen des Todes ſchuldig. Um meinetwillen hätte ich ihnen vergeben können, denn ich hing an dieſem Amaſis, wie ein Freund an dem Freunde hängt. Das wußte der Elende, und dennoch litt er das Unglaubliche. O, das Gehirn ſträubt ſich, das Entſetzliche zu denken! Wie die Wölfe drangen ſie bei Nacht in das Haus eines wehrloſen Weibes und raubten meine Kinder, ein Mädchen und einen Knaben, den Stolz, die Freude, den Troſt meines heimathloſen Lebens. Und was thaten ſie mit ihnen? Das Mädchen hielten ſie gefangen, wie ſie vorgaben, um mich zu verhindern, Aegypten an die Fremden zu ver- rathen; den Knaben aber, das Bild der Schönheit und Güte, meinen einzigen Sohn, hat Pſamtik, der Thronerbe, vielleicht mit Wiſſen des Amaſis, ermorden laſſen. Mein Herz war in Gram und Verbannung zuſammengeſchrumpft, jetzt aber fühle ich, wie es in der Hoffnung nach Rache anſchwillt und in freudigeren Schlägen pocht!“

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/36>, abgerufen am 22.11.2024.