ein Auge aus und verwundete Aspatines am Schenkel, wurde aber dafür von Megabyzus erdolcht. Gaumata war in das Nebenzimmer geflohen und wollte die Thür desselben zuriegeln; Darius und Gobryas stürzten aber mit ihm hinein. Letzterer umfaßte den Magier, warf ihn zu Boden und hielt ihn, auf ihm liegend, an der Erde fest. Darius stand in dem halbdunkeln Gemach unschlüssig neben den Beiden, denn er fürchtete, wenn er zustoßen würde, auch Gobryas zu treffen. Letzterer bemerkte dieß und rief: "Stoß' zu, auch wenn Du uns Beide durch- bohren solltest!" Da schwang Darius den Dolch, traf aber glücklicherweise nur den Magier 175).
Also endete Oropastes, der Oberpriester, und der unter dem Namen des "Pseudo-" oder "falschen Smerdes" bekanntere Gaumata.
Wenige Wochen nach der Königswahl des Darius, welche, wie die Perser erzählten, durch wunderbare gött- liche Zeichen und die List eines Stallmeisters 176) unter- stützt wurde, feierte der Sohn des Hystaspes zu Pasar- gadae ein prachtvolles Krönungs- und ein noch glänzen- deres Hochzeitsfest mit der Geliebten seines Herzens, Atossa 177), der Tochter des Kyros. Das durch ernste Schicksale gereifte junge Weib blieb bis an's Ende des thaten- und ruhmreichen Lebens ihres Gatten die treue, geliebte und hochverehrte Gefährtin desselben; Darius aber wurde, wie Prexaspes vorausgesagt hatte, zu einem Könige, dessen Thaten und Werke wohl geeignet waren, ihm den Namen eines zweiten Kyros und "des Großen" zu ver- dienen 178).
Umsichtig und tapfer als Feldherr, wußte er sein unermeßliches Reich so trefflich einzutheilen und zu ver- walten, daß er zu den größten Organisatoren aller Länder
ein Auge aus und verwundete Aspatines am Schenkel, wurde aber dafür von Megabyzus erdolcht. Gaumata war in das Nebenzimmer geflohen und wollte die Thür deſſelben zuriegeln; Darius und Gobryas ſtürzten aber mit ihm hinein. Letzterer umfaßte den Magier, warf ihn zu Boden und hielt ihn, auf ihm liegend, an der Erde feſt. Darius ſtand in dem halbdunkeln Gemach unſchlüſſig neben den Beiden, denn er fürchtete, wenn er zuſtoßen würde, auch Gobryas zu treffen. Letzterer bemerkte dieß und rief: „Stoß’ zu, auch wenn Du uns Beide durch- bohren ſollteſt!“ Da ſchwang Darius den Dolch, traf aber glücklicherweiſe nur den Magier 175).
Alſo endete Oropaſtes, der Oberprieſter, und der unter dem Namen des „Pſeudo-“ oder „falſchen Smerdes“ bekanntere Gaumata.
Wenige Wochen nach der Königswahl des Darius, welche, wie die Perſer erzählten, durch wunderbare gött- liche Zeichen und die Liſt eines Stallmeiſters 176) unter- ſtützt wurde, feierte der Sohn des Hyſtaspes zu Paſar- gadae ein prachtvolles Krönungs- und ein noch glänzen- deres Hochzeitsfeſt mit der Geliebten ſeines Herzens, Atoſſa 177), der Tochter des Kyros. Das durch ernſte Schickſale gereifte junge Weib blieb bis an’s Ende des thaten- und ruhmreichen Lebens ihres Gatten die treue, geliebte und hochverehrte Gefährtin deſſelben; Darius aber wurde, wie Prexaspes vorausgeſagt hatte, zu einem Könige, deſſen Thaten und Werke wohl geeignet waren, ihm den Namen eines zweiten Kyros und „des Großen“ zu ver- dienen 178).
Umſichtig und tapfer als Feldherr, wußte er ſein unermeßliches Reich ſo trefflich einzutheilen und zu ver- walten, daß er zu den größten Organiſatoren aller Länder
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ein Auge aus und verwundete Aspatines am Schenkel,
wurde aber dafür von Megabyzus erdolcht. Gaumata
war in das Nebenzimmer geflohen und wollte die Thür
deſſelben zuriegeln; Darius und Gobryas ſtürzten aber
mit ihm hinein. Letzterer umfaßte den Magier, warf ihn
zu Boden und hielt ihn, auf ihm liegend, an der Erde
feſt. Darius ſtand in dem halbdunkeln Gemach unſchlüſſig
neben den Beiden, denn er fürchtete, wenn er zuſtoßen
würde, auch Gobryas zu treffen. Letzterer bemerkte dieß
und rief: „Stoß’ zu, auch wenn Du uns Beide durch-
bohren ſollteſt!“ Da ſchwang Darius den Dolch, traf
aber glücklicherweiſe nur den Magier 175).
Alſo endete Oropaſtes, der Oberprieſter, und der
unter dem Namen des „Pſeudo-“ oder „falſchen Smerdes“
bekanntere Gaumata.
Wenige Wochen nach der Königswahl des Darius,
welche, wie die Perſer erzählten, durch wunderbare gött-
liche Zeichen und die Liſt eines Stallmeiſters 176) unter-
ſtützt wurde, feierte der Sohn des Hyſtaspes zu Paſar-
gadae ein prachtvolles Krönungs- und ein noch glänzen-
deres Hochzeitsfeſt mit der Geliebten ſeines Herzens,
Atoſſa 177), der Tochter des Kyros. Das durch ernſte
Schickſale gereifte junge Weib blieb bis an’s Ende des
thaten- und ruhmreichen Lebens ihres Gatten die treue,
geliebte und hochverehrte Gefährtin deſſelben; Darius aber
wurde, wie Prexaspes vorausgeſagt hatte, zu einem Könige,
deſſen Thaten und Werke wohl geeignet waren, ihm den
Namen eines zweiten Kyros und „des Großen“ zu ver-
dienen 178).
Umſichtig und tapfer als Feldherr, wußte er ſein
unermeßliches Reich ſo trefflich einzutheilen und zu ver-
walten, daß er zu den größten Organiſatoren aller Länder
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/272>, abgerufen am 16.07.2024.
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