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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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verläßt, und ruft den Edelsten der Achämeniden, der ein
zweiter Kyros zu werden verspricht, und ruft Darius, den
erhabenen Sohn des Hystaspes, zum König aus. Damit
ihr aber meinen Worten Glauben schenken und nicht arg-
wöhnen möget, daß mich Darius, um euch für ihn zu
gewinnen, hierher gesandt habe, so will ich jetzt eine That
begehen, welche jeden Zweifel vernichten und euch beweisen
wird, daß mir die Wahrhaftigkeit und die Ehre der Achä-
meniden lieber ist, als mein Leben. Seid gesegnet, wenn
ihr meinem Rathe folgt, verflucht, wenn ihr euch nicht
wieder der Herrschaft bemächtigen und an den Magiern
rächen werdet! -- Seht her, ich sterbe als ein wahr-
haftiger und als ein braver Mann!"

Mit diesen Worten stieg der Redner auf die höchste
Zinne des Thurms, stürzte sich kopfüber von demselben
herab und starb, mit einem schönen Tode das einzige Ver-
brechen seines Lebens sühnend 173).

Das Volk, welches seiner Rede lautlos gefolgt war,
brach jetzt in ein lautes Geschrei der Wuth und Rache
aus, sprengte die Thore des Palastes und wollte eben mit
dem Rufe: "Tod den Magiern!" in das Jnnere desselben
eindringen, als sich die sieben Stammhäupter der Perser
dem wüthenden Haufen entgegenstellten.

Sobald die Bürger derselben ansichtig wurden, ju-
belten sie laut auf und riefen nur noch ungestümer:
"Nieder mit den Magiern! Sieg dem Könige Darius!"

Nun stellte sich der Sohn des Hystaspes, getragen
von der Menge, auf einen erhöhten Ort und erzählte dem
Volke, daß die Magier soeben, als Lügner und Kronen-
räuber, von der Hand der Achämeniden getödtet worden
wären. Neue Jubelrufe beantworteten diese Rede. Nach-
dem man endlich die blutenden Köpfe des Oropastes und

verläßt, und ruft den Edelſten der Achämeniden, der ein
zweiter Kyros zu werden verſpricht, und ruft Darius, den
erhabenen Sohn des Hyſtaspes, zum König aus. Damit
ihr aber meinen Worten Glauben ſchenken und nicht arg-
wöhnen möget, daß mich Darius, um euch für ihn zu
gewinnen, hierher geſandt habe, ſo will ich jetzt eine That
begehen, welche jeden Zweifel vernichten und euch beweiſen
wird, daß mir die Wahrhaftigkeit und die Ehre der Achä-
meniden lieber iſt, als mein Leben. Seid geſegnet, wenn
ihr meinem Rathe folgt, verflucht, wenn ihr euch nicht
wieder der Herrſchaft bemächtigen und an den Magiern
rächen werdet! — Seht her, ich ſterbe als ein wahr-
haftiger und als ein braver Mann!“

Mit dieſen Worten ſtieg der Redner auf die höchſte
Zinne des Thurms, ſtürzte ſich kopfüber von demſelben
herab und ſtarb, mit einem ſchönen Tode das einzige Ver-
brechen ſeines Lebens ſühnend 173).

Das Volk, welches ſeiner Rede lautlos gefolgt war,
brach jetzt in ein lautes Geſchrei der Wuth und Rache
aus, ſprengte die Thore des Palaſtes und wollte eben mit
dem Rufe: „Tod den Magiern!“ in das Jnnere deſſelben
eindringen, als ſich die ſieben Stammhäupter der Perſer
dem wüthenden Haufen entgegenſtellten.

Sobald die Bürger derſelben anſichtig wurden, ju-
belten ſie laut auf und riefen nur noch ungeſtümer:
„Nieder mit den Magiern! Sieg dem Könige Darius!“

Nun ſtellte ſich der Sohn des Hyſtaspes, getragen
von der Menge, auf einen erhöhten Ort und erzählte dem
Volke, daß die Magier ſoeben, als Lügner und Kronen-
räuber, von der Hand der Achämeniden getödtet worden
wären. Neue Jubelrufe beantworteten dieſe Rede. Nach-
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[260/0270] verläßt, und ruft den Edelſten der Achämeniden, der ein zweiter Kyros zu werden verſpricht, und ruft Darius, den erhabenen Sohn des Hyſtaspes, zum König aus. Damit ihr aber meinen Worten Glauben ſchenken und nicht arg- wöhnen möget, daß mich Darius, um euch für ihn zu gewinnen, hierher geſandt habe, ſo will ich jetzt eine That begehen, welche jeden Zweifel vernichten und euch beweiſen wird, daß mir die Wahrhaftigkeit und die Ehre der Achä- meniden lieber iſt, als mein Leben. Seid geſegnet, wenn ihr meinem Rathe folgt, verflucht, wenn ihr euch nicht wieder der Herrſchaft bemächtigen und an den Magiern rächen werdet! — Seht her, ich ſterbe als ein wahr- haftiger und als ein braver Mann!“ Mit dieſen Worten ſtieg der Redner auf die höchſte Zinne des Thurms, ſtürzte ſich kopfüber von demſelben herab und ſtarb, mit einem ſchönen Tode das einzige Ver- brechen ſeines Lebens ſühnend 173). Das Volk, welches ſeiner Rede lautlos gefolgt war, brach jetzt in ein lautes Geſchrei der Wuth und Rache aus, ſprengte die Thore des Palaſtes und wollte eben mit dem Rufe: „Tod den Magiern!“ in das Jnnere deſſelben eindringen, als ſich die ſieben Stammhäupter der Perſer dem wüthenden Haufen entgegenſtellten. Sobald die Bürger derſelben anſichtig wurden, ju- belten ſie laut auf und riefen nur noch ungeſtümer: „Nieder mit den Magiern! Sieg dem Könige Darius!“ Nun ſtellte ſich der Sohn des Hyſtaspes, getragen von der Menge, auf einen erhöhten Ort und erzählte dem Volke, daß die Magier ſoeben, als Lügner und Kronen- räuber, von der Hand der Achämeniden getödtet worden wären. Neue Jubelrufe beantworteten dieſe Rede. Nach- dem man endlich die blutenden Köpfe des Oropaſtes und

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/270>, abgerufen am 16.07.2024.