Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.in Eiden zu mißbrauchen, für frevelhaft; düster und un- "Nach diesen den Geist anregenden und das Erlernte "Wenn es dunkelt, versammeln wir uns am flammen- in Eiden zu mißbrauchen, für frevelhaft; düſter und un- „Nach dieſen den Geiſt anregenden und das Erlernte „Wenn es dunkelt, verſammeln wir uns am flammen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0253" n="243"/> in Eiden zu mißbrauchen, für frevelhaft; düſter und un-<lb/> freundlich zu ſein, für verwerflich. — Wenn ſich Mit-<lb/> glieder des Hauſes vergeſſen und mit einander in Streit<lb/> gerathen, ſo dürfen ſie die Sonne nicht untergehen laſſen,<lb/> ohne ſich die Hand gereicht und einander von Herzen ver-<lb/> geben zu haben. Sobald ſich Meinungsverſchiedenheiten<lb/> zeigen, rufen wir das Urtheil des Meiſters an und unter-<lb/> werfen uns um ſo lieber ſeiner Anſicht, je klarer und ein-<lb/> gehender er dieſelbe mit wunderbar wenigen Worten aus-<lb/> zuſprechen weiß. Jeder Widerſpruch ſchweigt augenblicklich,<lb/> wenn er mit dem einfachen Satze: „Er hat’s geſagt!“<lb/> angefochten werden kann.</p><lb/> <p>„Nach dieſen den Geiſt anregenden und das Erlernte<lb/> durch Wiederholung befeſtigenden Geſprächen begeben wir<lb/> uns in die wohlgeheizten Badeſtuben und von dort mit<lb/> erfriſchtem und gereinigtem Körper zur Abendmahlzeit,<lb/> welche, gleich dem Mittageſſen, ebenſo einfach als ſchmack-<lb/> haft zu ſein pflegt. Ehe wir uns auf die Polſter nieder-<lb/> laſſen, ſpenden wir den Göttern Trank- und Weihrauch-<lb/> opfer. Je zehn Freunde liegen an einem Tiſche und führen<lb/> während des Eſſens ungezwungene, doch niemals leicht-<lb/> fertige Geſpräche. Vor Sonnenuntergang werden die<lb/> Speiſen abgetragen, und wir treten in’s Freie, um dem<lb/> ſcheidenden Apollo unſere Grüße und Gebete darzubringen.</p><lb/> <p>„Wenn es dunkelt, verſammeln wir uns am flammen-<lb/> den Herde und hören dem Jüngſten von uns zu, welcher<lb/> diejenigen Stellen aus den beſten Schriftſtellern vorliest,<lb/> die der Aelteſte und Weiſeſte auszuwählen pflegt. Nach-<lb/> dem wir uns hierauf ‚eine ruhige Nacht‘ und ‚günſtige<lb/> Träume‘ gewünſcht haben, begibt ſich Jeder in ſein Zimmer.<lb/> Hier pflegen wir die unruhigen Sinne durch Töne zu<lb/> ſänftigen und verſinken in friedlichen Schlaf, nicht ohne<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [243/0253]
in Eiden zu mißbrauchen, für frevelhaft; düſter und un-
freundlich zu ſein, für verwerflich. — Wenn ſich Mit-
glieder des Hauſes vergeſſen und mit einander in Streit
gerathen, ſo dürfen ſie die Sonne nicht untergehen laſſen,
ohne ſich die Hand gereicht und einander von Herzen ver-
geben zu haben. Sobald ſich Meinungsverſchiedenheiten
zeigen, rufen wir das Urtheil des Meiſters an und unter-
werfen uns um ſo lieber ſeiner Anſicht, je klarer und ein-
gehender er dieſelbe mit wunderbar wenigen Worten aus-
zuſprechen weiß. Jeder Widerſpruch ſchweigt augenblicklich,
wenn er mit dem einfachen Satze: „Er hat’s geſagt!“
angefochten werden kann.
„Nach dieſen den Geiſt anregenden und das Erlernte
durch Wiederholung befeſtigenden Geſprächen begeben wir
uns in die wohlgeheizten Badeſtuben und von dort mit
erfriſchtem und gereinigtem Körper zur Abendmahlzeit,
welche, gleich dem Mittageſſen, ebenſo einfach als ſchmack-
haft zu ſein pflegt. Ehe wir uns auf die Polſter nieder-
laſſen, ſpenden wir den Göttern Trank- und Weihrauch-
opfer. Je zehn Freunde liegen an einem Tiſche und führen
während des Eſſens ungezwungene, doch niemals leicht-
fertige Geſpräche. Vor Sonnenuntergang werden die
Speiſen abgetragen, und wir treten in’s Freie, um dem
ſcheidenden Apollo unſere Grüße und Gebete darzubringen.
„Wenn es dunkelt, verſammeln wir uns am flammen-
den Herde und hören dem Jüngſten von uns zu, welcher
diejenigen Stellen aus den beſten Schriftſtellern vorliest,
die der Aelteſte und Weiſeſte auszuwählen pflegt. Nach-
dem wir uns hierauf ‚eine ruhige Nacht‘ und ‚günſtige
Träume‘ gewünſcht haben, begibt ſich Jeder in ſein Zimmer.
Hier pflegen wir die unruhigen Sinne durch Töne zu
ſänftigen und verſinken in friedlichen Schlaf, nicht ohne
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