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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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wie die Kiste aussieht, welche Hib nach Persien zu bringen
für gut fand."

"Es ist ein Köfferchen von schwarzem Ebenholz."

Nebenchari athmete auf und sagte: "Dasselbe enthält
nichts, als einige Aufzeichnungen meines Vaters."

"Die meinen Zwecken vielleicht genügen werden. Jch
weiß nicht, ob man Dir erzählt hat, daß ich mich der
höchsten Gunst des Kambyses erfreue."

"Um so besser für Dich! Jch kann Dich versichern,
daß die Papiere, welche Dir am sichersten dienen könn-
ten, in Aegypten geblieben sind."

"Sie lagen in einer großen, bunt bemalten Syko-
moren-Kiste."

"Woher weißt Du das?"

"Weil ich, -- merke wohl auf, Nebenchari, -- weil
ich Dir jetzt sage, -- ich schwöre nicht, denn Pythagoras,
der Meister, verbietet den Eidschwur, -- daß eben diese
Kiste mit sammt ihrem ganzen Jnhalt, im Haine des Neith-
Tempels zu Sais, auf Befehl des Königs, verbrannt wor-
den ist." --

Diese Worte, welche Phanes langsam, Sylbe auf
Sylbe scharf betonend, aussprach, trafen den Aegypter wie
ebensoviele Blitzschläge. Die kalte Ruhe und Gemessenheit,
die er bis dahin bewahrt hatte, wich einer unbeschreiblichen
Erregung. Seine Wangen glühten, und seine Augen
flammten. Aber nur während einer einzigen Minute.
Dann verwandelte sich die Erregung in eisige Ruhe, die
glühenden Wangen entfärbten sich, und der bebende Mund
sprach kalt und gelassen: "Du willst mich, um mich zu
Deinem Bundesgenossen zu machen, mit Haß gegen meine
Freunde erfüllen. Jch kenne euch Hellenen! Ränkevoll
und listig, verschmäht ihr kein Mittel des Truges und

Ebers, Eine ägyptische Königstochter. III. 2

wie die Kiſte ausſieht, welche Hib nach Perſien zu bringen
für gut fand.“

„Es iſt ein Köfferchen von ſchwarzem Ebenholz.“

Nebenchari athmete auf und ſagte: „Dasſelbe enthält
nichts, als einige Aufzeichnungen meines Vaters.“

„Die meinen Zwecken vielleicht genügen werden. Jch
weiß nicht, ob man Dir erzählt hat, daß ich mich der
höchſten Gunſt des Kambyſes erfreue.“

„Um ſo beſſer für Dich! Jch kann Dich verſichern,
daß die Papiere, welche Dir am ſicherſten dienen könn-
ten, in Aegypten geblieben ſind.“

„Sie lagen in einer großen, bunt bemalten Syko-
moren-Kiſte.“

„Woher weißt Du das?“

„Weil ich, — merke wohl auf, Nebenchari, — weil
ich Dir jetzt ſage, — ich ſchwöre nicht, denn Pythagoras,
der Meiſter, verbietet den Eidſchwur, — daß eben dieſe
Kiſte mit ſammt ihrem ganzen Jnhalt, im Haine des Neith-
Tempels zu Sais, auf Befehl des Königs, verbrannt wor-
den iſt.“ —

Dieſe Worte, welche Phanes langſam, Sylbe auf
Sylbe ſcharf betonend, ausſprach, trafen den Aegypter wie
ebenſoviele Blitzſchläge. Die kalte Ruhe und Gemeſſenheit,
die er bis dahin bewahrt hatte, wich einer unbeſchreiblichen
Erregung. Seine Wangen glühten, und ſeine Augen
flammten. Aber nur während einer einzigen Minute.
Dann verwandelte ſich die Erregung in eiſige Ruhe, die
glühenden Wangen entfärbten ſich, und der bebende Mund
ſprach kalt und gelaſſen: „Du willſt mich, um mich zu
Deinem Bundesgenoſſen zu machen, mit Haß gegen meine
Freunde erfüllen. Jch kenne euch Hellenen! Ränkevoll
und liſtig, verſchmäht ihr kein Mittel des Truges und

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[17/0025] wie die Kiſte ausſieht, welche Hib nach Perſien zu bringen für gut fand.“ „Es iſt ein Köfferchen von ſchwarzem Ebenholz.“ Nebenchari athmete auf und ſagte: „Dasſelbe enthält nichts, als einige Aufzeichnungen meines Vaters.“ „Die meinen Zwecken vielleicht genügen werden. Jch weiß nicht, ob man Dir erzählt hat, daß ich mich der höchſten Gunſt des Kambyſes erfreue.“ „Um ſo beſſer für Dich! Jch kann Dich verſichern, daß die Papiere, welche Dir am ſicherſten dienen könn- ten, in Aegypten geblieben ſind.“ „Sie lagen in einer großen, bunt bemalten Syko- moren-Kiſte.“ „Woher weißt Du das?“ „Weil ich, — merke wohl auf, Nebenchari, — weil ich Dir jetzt ſage, — ich ſchwöre nicht, denn Pythagoras, der Meiſter, verbietet den Eidſchwur, — daß eben dieſe Kiſte mit ſammt ihrem ganzen Jnhalt, im Haine des Neith- Tempels zu Sais, auf Befehl des Königs, verbrannt wor- den iſt.“ — Dieſe Worte, welche Phanes langſam, Sylbe auf Sylbe ſcharf betonend, ausſprach, trafen den Aegypter wie ebenſoviele Blitzſchläge. Die kalte Ruhe und Gemeſſenheit, die er bis dahin bewahrt hatte, wich einer unbeſchreiblichen Erregung. Seine Wangen glühten, und ſeine Augen flammten. Aber nur während einer einzigen Minute. Dann verwandelte ſich die Erregung in eiſige Ruhe, die glühenden Wangen entfärbten ſich, und der bebende Mund ſprach kalt und gelaſſen: „Du willſt mich, um mich zu Deinem Bundesgenoſſen zu machen, mit Haß gegen meine Freunde erfüllen. Jch kenne euch Hellenen! Ränkevoll und liſtig, verſchmäht ihr kein Mittel des Truges und Ebers, Eine ägyptiſche Königstochter. III. 2

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/25>, abgerufen am 27.04.2024.