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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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es ihm einmal, hörst Du, einmal gelungen ist, den Willen
seiner Lenker dem seinigen unterzuordnen."

"Jch erfahre nur wenig aus der Heimat und weiß
nicht, was Du meinst."

"Das glaube ich; denn wenn Du es wüßtest und
balltest jetzt nicht Deine Fäuste, dann wärest Du nicht
besser als ein Hund, der sich winselnd treten läßt und
seinem Quäler die Hände leckt!"

Der Arzt erbleichte bei diesen Worten und sagte:
"Jch weiß, daß ich von Amasis beleidigt worden bin; bitte
Dich aber, zu bemerken, daß ich die Rache für ein zu süßes
Gericht halte, um es mit einem Fremden theilen zu mögen!"

"Wohlgesprochen! Was aber meine Rache anbetrifft,
so vergleiche ich dieselbe mit einem Weinberge, der so voll
ist, daß ich ihn nicht allein abzuernten vermag."

"Und Du bist hierhergekommen, um hülfreiche Winzer
anzuwerben?"

"So ist's; gebe ich doch die Hoffnung immer noch
nicht auf, daß Du die Ernte mit mir theilen wirst."

"Du irrst! Meine Arbeit ist vollbracht; die Götter
selbst haben mir dieselbe abgenommen. Amasis ist dafür,
daß er mich aus der Heimat, von Freunden und Schülern
verbannte und eigennütziger Pläne wegen in dies unreine
Land schickte, hart genug bestraft worden."

"Etwa durch seine Blindheit?"

"Vielleicht."

"So weißt Du nicht, daß Dein Kunstgenosse Petam-
mon eine Haut, die den Sehstern des Amasis bedeckte,
durchschnitten und ihm das Tageslicht wieder gegeben hat?"

Der Aegypter zuckte zusammen und knirschte mit den
Zähnen; aber er gewann schnell seine Fassung wieder und

es ihm einmal, hörſt Du, einmal gelungen iſt, den Willen
ſeiner Lenker dem ſeinigen unterzuordnen.“

„Jch erfahre nur wenig aus der Heimat und weiß
nicht, was Du meinſt.“

„Das glaube ich; denn wenn Du es wüßteſt und
ballteſt jetzt nicht Deine Fäuſte, dann wäreſt Du nicht
beſſer als ein Hund, der ſich winſelnd treten läßt und
ſeinem Quäler die Hände leckt!“

Der Arzt erbleichte bei dieſen Worten und ſagte:
„Jch weiß, daß ich von Amaſis beleidigt worden bin; bitte
Dich aber, zu bemerken, daß ich die Rache für ein zu ſüßes
Gericht halte, um es mit einem Fremden theilen zu mögen!“

„Wohlgeſprochen! Was aber meine Rache anbetrifft,
ſo vergleiche ich dieſelbe mit einem Weinberge, der ſo voll
iſt, daß ich ihn nicht allein abzuernten vermag.“

„Und Du biſt hierhergekommen, um hülfreiche Winzer
anzuwerben?“

„So iſt’s; gebe ich doch die Hoffnung immer noch
nicht auf, daß Du die Ernte mit mir theilen wirſt.“

„Du irrſt! Meine Arbeit iſt vollbracht; die Götter
ſelbſt haben mir dieſelbe abgenommen. Amaſis iſt dafür,
daß er mich aus der Heimat, von Freunden und Schülern
verbannte und eigennütziger Pläne wegen in dies unreine
Land ſchickte, hart genug beſtraft worden.“

„Etwa durch ſeine Blindheit?“

„Vielleicht.“

„So weißt Du nicht, daß Dein Kunſtgenoſſe Petam-
mon eine Haut, die den Sehſtern des Amaſis bedeckte,
durchſchnitten und ihm das Tageslicht wieder gegeben hat?“

Der Aegypter zuckte zuſammen und knirſchte mit den
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[13/0021] es ihm einmal, hörſt Du, einmal gelungen iſt, den Willen ſeiner Lenker dem ſeinigen unterzuordnen.“ „Jch erfahre nur wenig aus der Heimat und weiß nicht, was Du meinſt.“ „Das glaube ich; denn wenn Du es wüßteſt und ballteſt jetzt nicht Deine Fäuſte, dann wäreſt Du nicht beſſer als ein Hund, der ſich winſelnd treten läßt und ſeinem Quäler die Hände leckt!“ Der Arzt erbleichte bei dieſen Worten und ſagte: „Jch weiß, daß ich von Amaſis beleidigt worden bin; bitte Dich aber, zu bemerken, daß ich die Rache für ein zu ſüßes Gericht halte, um es mit einem Fremden theilen zu mögen!“ „Wohlgeſprochen! Was aber meine Rache anbetrifft, ſo vergleiche ich dieſelbe mit einem Weinberge, der ſo voll iſt, daß ich ihn nicht allein abzuernten vermag.“ „Und Du biſt hierhergekommen, um hülfreiche Winzer anzuwerben?“ „So iſt’s; gebe ich doch die Hoffnung immer noch nicht auf, daß Du die Ernte mit mir theilen wirſt.“ „Du irrſt! Meine Arbeit iſt vollbracht; die Götter ſelbſt haben mir dieſelbe abgenommen. Amaſis iſt dafür, daß er mich aus der Heimat, von Freunden und Schülern verbannte und eigennütziger Pläne wegen in dies unreine Land ſchickte, hart genug beſtraft worden.“ „Etwa durch ſeine Blindheit?“ „Vielleicht.“ „So weißt Du nicht, daß Dein Kunſtgenoſſe Petam- mon eine Haut, die den Sehſtern des Amaſis bedeckte, durchſchnitten und ihm das Tageslicht wieder gegeben hat?“ Der Aegypter zuckte zuſammen und knirſchte mit den Zähnen; aber er gewann ſchnell ſeine Faſſung wieder und

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/21>, abgerufen am 27.04.2024.