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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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Wüste, der riesigen Sphinx, überragend die öden Felsen
der libyschen Steinhügel. Zu ihren Füßen schlummerten
in köstlich geschmückten Gräbern die Mumien der Getreuen
ihrer Erbauer, und gegenüber dem hohen Denkmale des
frommen Menkera erhob sich ein Tempel, in welchem die
Priester des Osiris für die Seelen der zahllosen in der
Todtenstadt von Memphis beigesetzten Verstorbenen Gebete
sprachen. Jm Westen, dort wo die Sonne hinter den
libyschen Bergen unterging, wo das Fruchtland aufhörte,
und die Wüste begann, hatten die Memphiten ihre Gräber
erbaut, -- nach Westen schauten die Lustfahrer und ver-
har[r]ten, von frommem Schauder und ehrfurchtsvollem
Staunen erfüllt, in tiefem Schweigen.

Als der Nordwind den fliegenden Kahn an der Stätte
des Todes und jenen ungeheuren Dämmen *), welche die
Menes-Stadt vor den überströmenden Fluten sicherten,
vorbeigetrieben hatte, als die Residenz der alten Pharaonen
immer näher kam, und sich endlich Milliarden Lichter, welche
zu Ehren der Neith überall und überall angezündet waren,
den Nilfahrern zeigten, wich der Bann von ihren Zungen,
und laute Worte der Bewunderung ließen sich hören, als
sie dem Riesentempel des Ptah **), dem ältesten Bau-
werke des ältesten Landes, nahten.

Tausende von Lampen erhellten das Haus des Gottes,
-- hundert Feuer brannten auf den Pylonen, den Zin-
nen der Mauern und den Dächern des Heiligthums. Zwi-
schen den Sphinxreihen, welche die verschiedenen Thore
mit dem Hauptgebäude verbanden, glühten leuchtende
Fackeln, und das leere Haus des heiligen Stieres Apis 122)

*) S. I. Theil. Anmerk. 138.
**) S. I. Theil. Anmerk. 56.

Wüſte, der rieſigen Sphinx, überragend die öden Felſen
der libyſchen Steinhügel. Zu ihren Füßen ſchlummerten
in köſtlich geſchmückten Gräbern die Mumien der Getreuen
ihrer Erbauer, und gegenüber dem hohen Denkmale des
frommen Menkera erhob ſich ein Tempel, in welchem die
Prieſter des Oſiris für die Seelen der zahlloſen in der
Todtenſtadt von Memphis beigeſetzten Verſtorbenen Gebete
ſprachen. Jm Weſten, dort wo die Sonne hinter den
libyſchen Bergen unterging, wo das Fruchtland aufhörte,
und die Wüſte begann, hatten die Memphiten ihre Gräber
erbaut, — nach Weſten ſchauten die Luſtfahrer und ver-
har[r]ten, von frommem Schauder und ehrfurchtsvollem
Staunen erfüllt, in tiefem Schweigen.

Als der Nordwind den fliegenden Kahn an der Stätte
des Todes und jenen ungeheuren Dämmen *), welche die
Menes-Stadt vor den überſtrömenden Fluten ſicherten,
vorbeigetrieben hatte, als die Reſidenz der alten Pharaonen
immer näher kam, und ſich endlich Milliarden Lichter, welche
zu Ehren der Neith überall und überall angezündet waren,
den Nilfahrern zeigten, wich der Bann von ihren Zungen,
und laute Worte der Bewunderung ließen ſich hören, als
ſie dem Rieſentempel des Ptah **), dem älteſten Bau-
werke des älteſten Landes, nahten.

Tauſende von Lampen erhellten das Haus des Gottes,
— hundert Feuer brannten auf den Pylonen, den Zin-
nen der Mauern und den Dächern des Heiligthums. Zwi-
ſchen den Sphinxreihen, welche die verſchiedenen Thore
mit dem Hauptgebäude verbanden, glühten leuchtende
Fackeln, und das leere Haus des heiligen Stieres Apis 122)

*) S. I. Theil. Anmerk. 138.
**) S. I. Theil. Anmerk. 56.
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[182/0192] Wüſte, der rieſigen Sphinx, überragend die öden Felſen der libyſchen Steinhügel. Zu ihren Füßen ſchlummerten in köſtlich geſchmückten Gräbern die Mumien der Getreuen ihrer Erbauer, und gegenüber dem hohen Denkmale des frommen Menkera erhob ſich ein Tempel, in welchem die Prieſter des Oſiris für die Seelen der zahlloſen in der Todtenſtadt von Memphis beigeſetzten Verſtorbenen Gebete ſprachen. Jm Weſten, dort wo die Sonne hinter den libyſchen Bergen unterging, wo das Fruchtland aufhörte, und die Wüſte begann, hatten die Memphiten ihre Gräber erbaut, — nach Weſten ſchauten die Luſtfahrer und ver- harrten, von frommem Schauder und ehrfurchtsvollem Staunen erfüllt, in tiefem Schweigen. Als der Nordwind den fliegenden Kahn an der Stätte des Todes und jenen ungeheuren Dämmen *), welche die Menes-Stadt vor den überſtrömenden Fluten ſicherten, vorbeigetrieben hatte, als die Reſidenz der alten Pharaonen immer näher kam, und ſich endlich Milliarden Lichter, welche zu Ehren der Neith überall und überall angezündet waren, den Nilfahrern zeigten, wich der Bann von ihren Zungen, und laute Worte der Bewunderung ließen ſich hören, als ſie dem Rieſentempel des Ptah **), dem älteſten Bau- werke des älteſten Landes, nahten. Tauſende von Lampen erhellten das Haus des Gottes, — hundert Feuer brannten auf den Pylonen, den Zin- nen der Mauern und den Dächern des Heiligthums. Zwi- ſchen den Sphinxreihen, welche die verſchiedenen Thore mit dem Hauptgebäude verbanden, glühten leuchtende Fackeln, und das leere Haus des heiligen Stieres Apis 122) *) S. I. Theil. Anmerk. 138. **) S. I. Theil. Anmerk. 56.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/192>, abgerufen am 10.05.2024.