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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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Sobald die beiden Heere einander gegenüber standen,
ließ Kambyses das weite pelusinische Gefilde von Gestrüpp
und Bäumen reinigen und die Sandhügel, welche da und
dort zu sehen waren, abräumen, um seinen Reitern und
Sichelwagen freie Bahn zu schaffen 99). Phanes unter-
stützte ihn mit seiner genauen Kenntniß des Orts und wußte
es dahin zu bringen, daß sein mit tiefer strategischer Ein-
sicht entworfener Schlachtplan nicht nur von Kambyses,
sondern auch von dem alten Oberfeldherrn Megabyzus
und den kriegskundigsten Achämeniden angenommen wurde.
Nach Beendigung des Kriegsraths bat der Athener noch
einmal um das Wort und sagte: "Jetzt endlich darf ich
auch eure Neugier in Bezug auf die verschlossenen Wagen
voller Thiere, die ich hierher schaffen ließ, befriedigen.
Dieselben enthalten fünftausend Katzen. Jhr lacht; ich
versichere euch aber, daß diese Thiere uns nützlicher sein
werden, als hunderttausend Schwertkämpfer! Viele von euch
kennen jenen Aberglauben der Aegypter, dem zu Liebe sie
eher sterben, als eine Katze tödten. Jch selbst hätte, wegen
des Mordes solcher Vierfüßler, beinahe mein Leben einge-
büßt. Dieses Aberglaubens gedenkend, habe ich, wohin
ich kam, auf Kypros, woselbst es prächtige Mäusefänger
gibt, auf Samos, Kreta und in ganz Syrien alle Katzen,
deren man habhaft werden konnte, einfangen lassen und
mache euch nun den Vorschlag, dieselben an die Soldaten,
welche rein-ägyptischen Truppen gegenüberstehen, zu vertheilen
und den Leuten zu befehlen, die heiligen Geschöpfe an ihre
Schilder zu binden und den Angreifern entgegenzuhalten. Jch
wette, daß jeder rechte Aegypter lieber das Schlachtfeld ver-
lassen, als auf eins der angebeteten Thiere schießen wird *)!"

*) S. I. Theil. Anmerk. 51.

Sobald die beiden Heere einander gegenüber ſtanden,
ließ Kambyſes das weite peluſiniſche Gefilde von Geſtrüpp
und Bäumen reinigen und die Sandhügel, welche da und
dort zu ſehen waren, abräumen, um ſeinen Reitern und
Sichelwagen freie Bahn zu ſchaffen 99). Phanes unter-
ſtützte ihn mit ſeiner genauen Kenntniß des Orts und wußte
es dahin zu bringen, daß ſein mit tiefer ſtrategiſcher Ein-
ſicht entworfener Schlachtplan nicht nur von Kambyſes,
ſondern auch von dem alten Oberfeldherrn Megabyzus
und den kriegskundigſten Achämeniden angenommen wurde.
Nach Beendigung des Kriegsraths bat der Athener noch
einmal um das Wort und ſagte: „Jetzt endlich darf ich
auch eure Neugier in Bezug auf die verſchloſſenen Wagen
voller Thiere, die ich hierher ſchaffen ließ, befriedigen.
Dieſelben enthalten fünftauſend Katzen. Jhr lacht; ich
verſichere euch aber, daß dieſe Thiere uns nützlicher ſein
werden, als hunderttauſend Schwertkämpfer! Viele von euch
kennen jenen Aberglauben der Aegypter, dem zu Liebe ſie
eher ſterben, als eine Katze tödten. Jch ſelbſt hätte, wegen
des Mordes ſolcher Vierfüßler, beinahe mein Leben einge-
büßt. Dieſes Aberglaubens gedenkend, habe ich, wohin
ich kam, auf Kypros, woſelbſt es prächtige Mäuſefänger
gibt, auf Samos, Kreta und in ganz Syrien alle Katzen,
deren man habhaft werden konnte, einfangen laſſen und
mache euch nun den Vorſchlag, dieſelben an die Soldaten,
welche rein-ägyptiſchen Truppen gegenüberſtehen, zu vertheilen
und den Leuten zu befehlen, die heiligen Geſchöpfe an ihre
Schilder zu binden und den Angreifern entgegenzuhalten. Jch
wette, daß jeder rechte Aegypter lieber das Schlachtfeld ver-
laſſen, als auf eins der angebeteten Thiere ſchießen wird *)!“

*) S. I. Theil. Anmerk. 51.
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[147/0157] Sobald die beiden Heere einander gegenüber ſtanden, ließ Kambyſes das weite peluſiniſche Gefilde von Geſtrüpp und Bäumen reinigen und die Sandhügel, welche da und dort zu ſehen waren, abräumen, um ſeinen Reitern und Sichelwagen freie Bahn zu ſchaffen 99). Phanes unter- ſtützte ihn mit ſeiner genauen Kenntniß des Orts und wußte es dahin zu bringen, daß ſein mit tiefer ſtrategiſcher Ein- ſicht entworfener Schlachtplan nicht nur von Kambyſes, ſondern auch von dem alten Oberfeldherrn Megabyzus und den kriegskundigſten Achämeniden angenommen wurde. Nach Beendigung des Kriegsraths bat der Athener noch einmal um das Wort und ſagte: „Jetzt endlich darf ich auch eure Neugier in Bezug auf die verſchloſſenen Wagen voller Thiere, die ich hierher ſchaffen ließ, befriedigen. Dieſelben enthalten fünftauſend Katzen. Jhr lacht; ich verſichere euch aber, daß dieſe Thiere uns nützlicher ſein werden, als hunderttauſend Schwertkämpfer! Viele von euch kennen jenen Aberglauben der Aegypter, dem zu Liebe ſie eher ſterben, als eine Katze tödten. Jch ſelbſt hätte, wegen des Mordes ſolcher Vierfüßler, beinahe mein Leben einge- büßt. Dieſes Aberglaubens gedenkend, habe ich, wohin ich kam, auf Kypros, woſelbſt es prächtige Mäuſefänger gibt, auf Samos, Kreta und in ganz Syrien alle Katzen, deren man habhaft werden konnte, einfangen laſſen und mache euch nun den Vorſchlag, dieſelben an die Soldaten, welche rein-ägyptiſchen Truppen gegenüberſtehen, zu vertheilen und den Leuten zu befehlen, die heiligen Geſchöpfe an ihre Schilder zu binden und den Angreifern entgegenzuhalten. Jch wette, daß jeder rechte Aegypter lieber das Schlachtfeld ver- laſſen, als auf eins der angebeteten Thiere ſchießen wird *)!“ *) S. I. Theil. Anmerk. 51.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/157>, abgerufen am 28.11.2024.