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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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"Jn den letzten Monaten, welche Dich selbstständig
regieren sahen, hast Du durch Dein unseliges Hin- und
Herschwanken beide Theile verletzt. Wer bald vorwärts,
bald rückwärts geht, wie die Kinder, kommt niemals voran
und ermüdet vorzeitig. Jch hielt es mit den Hellenen und
trat den Priestern entgegen, bis ich meine letzte Stunde
nahen fühlte. Jm lebendigen Treiben des Lebens schienen
mir die tapferen und klugen Griechen besonders brauchbar;
zum Sterben aber bedurfte ich Derer, welche den Paß in die
Unterwelt ausstellen. Mögen mir die Götter verzeihen, daß
ich selbst in der letzten Stunde meinen Mund so leichtfertig
klingenden Worten nicht zu verschließen vermag. Sie haben
mich gemacht, wie ich bin, und müssen mich nun auch
ebenso hinnehmen. Jch rieb mir die Hände, als ich König
wurde; mögest Du die Hand auf's Herz legen, wenn Du
den Thron besteigst! Rufe Neithoteph wieder herein, ich
muß euch Beiden noch etwas sagen!"

Als der Oberpriester an seiner Seite stand, streckte der
König ihm die Hand entgegen und sprach: "Jch scheide ohne
Groll von Dir, mit dem ich viel gekämpft und gestritten
habe. Psamtik wird Dir, denke ich, williger gehorchen,
als ich; Eines aber lege ich euch Beiden an's Herz: Ent-
laßt die hellenischen Söldner nicht eher, als bis ihr die
Perser mit Hülfe derselben bekriegt und hoffentlich geschla-
gen haben werdet! Meine Weissagung von vorhin hat
keinen Werth; man verliert die gute Laune und sieht ein
wenig schwarz, wenn's an's Sterben geht. Ohne die
Hülfstruppen werdet ihr rettungslos verloren sein; mit
denselben ist es nicht unmöglich, daß die ägyptischen Heere
siegen. Seid klug und macht die Jonier darauf aufmerk-
sam, daß sie am Nil für die Freiheit ihrer eignen Heimat
kämpfen. Der siegreiche Kambyses wird sich nicht mit

„Jn den letzten Monaten, welche Dich ſelbſtſtändig
regieren ſahen, haſt Du durch Dein unſeliges Hin- und
Herſchwanken beide Theile verletzt. Wer bald vorwärts,
bald rückwärts geht, wie die Kinder, kommt niemals voran
und ermüdet vorzeitig. Jch hielt es mit den Hellenen und
trat den Prieſtern entgegen, bis ich meine letzte Stunde
nahen fühlte. Jm lebendigen Treiben des Lebens ſchienen
mir die tapferen und klugen Griechen beſonders brauchbar;
zum Sterben aber bedurfte ich Derer, welche den Paß in die
Unterwelt ausſtellen. Mögen mir die Götter verzeihen, daß
ich ſelbſt in der letzten Stunde meinen Mund ſo leichtfertig
klingenden Worten nicht zu verſchließen vermag. Sie haben
mich gemacht, wie ich bin, und müſſen mich nun auch
ebenſo hinnehmen. Jch rieb mir die Hände, als ich König
wurde; mögeſt Du die Hand auf’s Herz legen, wenn Du
den Thron beſteigſt! Rufe Neithoteph wieder herein, ich
muß euch Beiden noch etwas ſagen!“

Als der Oberprieſter an ſeiner Seite ſtand, ſtreckte der
König ihm die Hand entgegen und ſprach: „Jch ſcheide ohne
Groll von Dir, mit dem ich viel gekämpft und geſtritten
habe. Pſamtik wird Dir, denke ich, williger gehorchen,
als ich; Eines aber lege ich euch Beiden an’s Herz: Ent-
laßt die helleniſchen Söldner nicht eher, als bis ihr die
Perſer mit Hülfe derſelben bekriegt und hoffentlich geſchla-
gen haben werdet! Meine Weiſſagung von vorhin hat
keinen Werth; man verliert die gute Laune und ſieht ein
wenig ſchwarz, wenn’s an’s Sterben geht. Ohne die
Hülfstruppen werdet ihr rettungslos verloren ſein; mit
denſelben iſt es nicht unmöglich, daß die ägyptiſchen Heere
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[126/0136] „Jn den letzten Monaten, welche Dich ſelbſtſtändig regieren ſahen, haſt Du durch Dein unſeliges Hin- und Herſchwanken beide Theile verletzt. Wer bald vorwärts, bald rückwärts geht, wie die Kinder, kommt niemals voran und ermüdet vorzeitig. Jch hielt es mit den Hellenen und trat den Prieſtern entgegen, bis ich meine letzte Stunde nahen fühlte. Jm lebendigen Treiben des Lebens ſchienen mir die tapferen und klugen Griechen beſonders brauchbar; zum Sterben aber bedurfte ich Derer, welche den Paß in die Unterwelt ausſtellen. Mögen mir die Götter verzeihen, daß ich ſelbſt in der letzten Stunde meinen Mund ſo leichtfertig klingenden Worten nicht zu verſchließen vermag. Sie haben mich gemacht, wie ich bin, und müſſen mich nun auch ebenſo hinnehmen. Jch rieb mir die Hände, als ich König wurde; mögeſt Du die Hand auf’s Herz legen, wenn Du den Thron beſteigſt! Rufe Neithoteph wieder herein, ich muß euch Beiden noch etwas ſagen!“ Als der Oberprieſter an ſeiner Seite ſtand, ſtreckte der König ihm die Hand entgegen und ſprach: „Jch ſcheide ohne Groll von Dir, mit dem ich viel gekämpft und geſtritten habe. Pſamtik wird Dir, denke ich, williger gehorchen, als ich; Eines aber lege ich euch Beiden an’s Herz: Ent- laßt die helleniſchen Söldner nicht eher, als bis ihr die Perſer mit Hülfe derſelben bekriegt und hoffentlich geſchla- gen haben werdet! Meine Weiſſagung von vorhin hat keinen Werth; man verliert die gute Laune und ſieht ein wenig ſchwarz, wenn’s an’s Sterben geht. Ohne die Hülfstruppen werdet ihr rettungslos verloren ſein; mit denſelben iſt es nicht unmöglich, daß die ägyptiſchen Heere ſiegen. Seid klug und macht die Jonier darauf aufmerk- ſam, daß ſie am Nil für die Freiheit ihrer eignen Heimat kämpfen. Der ſiegreiche Kambyſes wird ſich nicht mit

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/136>, abgerufen am 27.11.2024.