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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864.

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"So, daß er nie wieder aufstehen wird."

"Der Junge muß eine gute Faust schlagen."

"Er hatte ein Schwert bei sich."

"Desto besser für ihn."

"Nein, desto schlimmer, denn sein Opfer ist ein
Aegypter."

"Das ist eine dumme Geschichte, die ein schlechtes
Ende nehmen wird. Ein Fremder, der einen Aegypter er-
schlägt, ist des Todes so sicher, wie Jemand, der am
Galgen 72) zappelt. Uebrigens wird er einige Tage Frist
haben. Die Priester sind alle mit Gebeten für den ster-
benden König beschäftigt und haben keine Zeit zum Ge-
richthalten."

"Jch gäbe viel darum, wenn man dem armen Schelm
helfen könnte. Jch kenne seine Eltern --"

"Ja, und im Grunde hat er nichts als seine
Schuldigkeit gethan. Man wird sich doch nicht prügeln
lassen!"

"Weißt Du, in welchem Gefängnisse der arme Jüng-
ling sitzt?"

"Freilich! Das große Gefangenenhaus wird umgebaut,
darum ist er einstweilen in den Speicher gesperrt worden,
der die Hauptwache der ägyptischen Leibgarde von dem
Haine des Neithtempels trennt. Jch komme eben erst nach
Hause und sah den armen Schelm dorthin abführen."

"Er ist kühn und stark. Könnte er wohl, wenn man
ihm forthülfe, entwischen?"

"Nimmermehr! Der Raum, in welchen man ihn gesteckt
hat, ist zwei Stock hoch, und das einzige Fenster desselben
schaut in den Hain der Göttin, der, wie Du weißt, von
zehn Fuß hohen Mauern umgeben und gleich einer Schatz-
kammer bewacht wird. An allen Thoren desselben stehen

„So, daß er nie wieder aufſtehen wird.“

„Der Junge muß eine gute Fauſt ſchlagen.“

„Er hatte ein Schwert bei ſich.“

„Deſto beſſer für ihn.“

„Nein, deſto ſchlimmer, denn ſein Opfer iſt ein
Aegypter.“

„Das iſt eine dumme Geſchichte, die ein ſchlechtes
Ende nehmen wird. Ein Fremder, der einen Aegypter er-
ſchlägt, iſt des Todes ſo ſicher, wie Jemand, der am
Galgen 72) zappelt. Uebrigens wird er einige Tage Friſt
haben. Die Prieſter ſind alle mit Gebeten für den ſter-
benden König beſchäftigt und haben keine Zeit zum Ge-
richthalten.“

„Jch gäbe viel darum, wenn man dem armen Schelm
helfen könnte. Jch kenne ſeine Eltern —“

„Ja, und im Grunde hat er nichts als ſeine
Schuldigkeit gethan. Man wird ſich doch nicht prügeln
laſſen!“

„Weißt Du, in welchem Gefängniſſe der arme Jüng-
ling ſitzt?“

„Freilich! Das große Gefangenenhaus wird umgebaut,
darum iſt er einſtweilen in den Speicher geſperrt worden,
der die Hauptwache der ägyptiſchen Leibgarde von dem
Haine des Neithtempels trennt. Jch komme eben erſt nach
Hauſe und ſah den armen Schelm dorthin abführen.“

„Er iſt kühn und ſtark. Könnte er wohl, wenn man
ihm forthülfe, entwiſchen?“

„Nimmermehr! Der Raum, in welchen man ihn geſteckt
hat, iſt zwei Stock hoch, und das einzige Fenſter deſſelben
ſchaut in den Hain der Göttin, der, wie Du weißt, von
zehn Fuß hohen Mauern umgeben und gleich einer Schatz-
kammer bewacht wird. An allen Thoren deſſelben ſtehen

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[110/0120] „So, daß er nie wieder aufſtehen wird.“ „Der Junge muß eine gute Fauſt ſchlagen.“ „Er hatte ein Schwert bei ſich.“ „Deſto beſſer für ihn.“ „Nein, deſto ſchlimmer, denn ſein Opfer iſt ein Aegypter.“ „Das iſt eine dumme Geſchichte, die ein ſchlechtes Ende nehmen wird. Ein Fremder, der einen Aegypter er- ſchlägt, iſt des Todes ſo ſicher, wie Jemand, der am Galgen 72) zappelt. Uebrigens wird er einige Tage Friſt haben. Die Prieſter ſind alle mit Gebeten für den ſter- benden König beſchäftigt und haben keine Zeit zum Ge- richthalten.“ „Jch gäbe viel darum, wenn man dem armen Schelm helfen könnte. Jch kenne ſeine Eltern —“ „Ja, und im Grunde hat er nichts als ſeine Schuldigkeit gethan. Man wird ſich doch nicht prügeln laſſen!“ „Weißt Du, in welchem Gefängniſſe der arme Jüng- ling ſitzt?“ „Freilich! Das große Gefangenenhaus wird umgebaut, darum iſt er einſtweilen in den Speicher geſperrt worden, der die Hauptwache der ägyptiſchen Leibgarde von dem Haine des Neithtempels trennt. Jch komme eben erſt nach Hauſe und ſah den armen Schelm dorthin abführen.“ „Er iſt kühn und ſtark. Könnte er wohl, wenn man ihm forthülfe, entwiſchen?“ „Nimmermehr! Der Raum, in welchen man ihn geſteckt hat, iſt zwei Stock hoch, und das einzige Fenſter deſſelben ſchaut in den Hain der Göttin, der, wie Du weißt, von zehn Fuß hohen Mauern umgeben und gleich einer Schatz- kammer bewacht wird. An allen Thoren deſſelben ſtehen

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 3. Stuttgart, 1864, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter03_1864/120>, abgerufen am 25.11.2024.