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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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Frau an diesem ganzen Hofe, welche den Purpur und
die Diamanten tragen durfte; durch diese Geschenke hier
stellt Dich Kambyses seiner erhabnen Mutter gleich, und
macht Dich vor den Augen der ganzen Welt zu seiner
Lieblingsgemahlin und Königin 61). O bitte, bitte, ge-
statte mir, Dir all' die neuen Herrlichkeiten anzuthun.
Wie wunderschön wirst Du aussehen, wie neidisch, wie
zornig müssen die Andern werden! Dürfte ich nur dabei
sein, wenn Du in die Halle trittst. Komm', Herrin, laß
Dir die schlichten Gewänder ausziehen und Dich, nur zur
Probe, von mir schmücken, wie es der neuen Königin
geziemt."

Nitetis hatte der Schwätzerin schweigend zugehört
und die kostbaren Geschenke mit stummem Lächeln betrachtet.
Sie war Weib genug, um sich derselben zu freuen; kamen
sie doch von einem Manne, den sie inniger liebte als ihr
Leben, bewiesen doch diese Gaben ihrem Herzen, daß sie
dem Könige mehr sei, als all' seine andern Frauen, ja
daß sie von Kambyses geliebt werde. Der lang ersehnte
Brief entfiel ungelesen ihrer Hand, schweigend gewährte
sie den Bitten der Dienerin, und binnen Kurzem war ihr
Schmuck vollendet. Der königliche Purpur hob ihre maje-
stätische Schönheit, und ihre schlanke, herrliche Gestalt schien von
der hohen, blitzenden Tiara erhöht zu werden. Als ihr der
auf dem Putztische liegende Metallspiegel zum Erstenmale
ihr im vollen Ornat einer Königin prangendes Bildniß
zeigte, nahmen ihre Züge einen neuen Ausdruck an. Es
war, als wenn sich in denselben ein Theil von dem Stolz
ihres Gebieters abspiegle. -- Die leichtfertige Zofe sank
unwillkürlich auf die Kniee nieder, als der strahlende Blick
des von dem mächtigsten aller Männer geliebten Weibes ihr
Beifall lächelndes Auge traf.

Frau an dieſem ganzen Hofe, welche den Purpur und
die Diamanten tragen durfte; durch dieſe Geſchenke hier
ſtellt Dich Kambyſes ſeiner erhabnen Mutter gleich, und
macht Dich vor den Augen der ganzen Welt zu ſeiner
Lieblingsgemahlin und Königin 61). O bitte, bitte, ge-
ſtatte mir, Dir all’ die neuen Herrlichkeiten anzuthun.
Wie wunderſchön wirſt Du ausſehen, wie neidiſch, wie
zornig müſſen die Andern werden! Dürfte ich nur dabei
ſein, wenn Du in die Halle trittſt. Komm’, Herrin, laß
Dir die ſchlichten Gewänder ausziehen und Dich, nur zur
Probe, von mir ſchmücken, wie es der neuen Königin
geziemt.“

Nitetis hatte der Schwätzerin ſchweigend zugehört
und die koſtbaren Geſchenke mit ſtummem Lächeln betrachtet.
Sie war Weib genug, um ſich derſelben zu freuen; kamen
ſie doch von einem Manne, den ſie inniger liebte als ihr
Leben, bewieſen doch dieſe Gaben ihrem Herzen, daß ſie
dem Könige mehr ſei, als all’ ſeine andern Frauen, ja
daß ſie von Kambyſes geliebt werde. Der lang erſehnte
Brief entfiel ungeleſen ihrer Hand, ſchweigend gewährte
ſie den Bitten der Dienerin, und binnen Kurzem war ihr
Schmuck vollendet. Der königliche Purpur hob ihre maje-
ſtätiſche Schönheit, und ihre ſchlanke, herrliche Geſtalt ſchien von
der hohen, blitzenden Tiara erhöht zu werden. Als ihr der
auf dem Putztiſche liegende Metallſpiegel zum Erſtenmale
ihr im vollen Ornat einer Königin prangendes Bildniß
zeigte, nahmen ihre Züge einen neuen Ausdruck an. Es
war, als wenn ſich in denſelben ein Theil von dem Stolz
ihres Gebieters abſpiegle. — Die leichtfertige Zofe ſank
unwillkürlich auf die Kniee nieder, als der ſtrahlende Blick
des von dem mächtigſten aller Männer geliebten Weibes ihr
Beifall lächelndes Auge traf.

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[84/0086] Frau an dieſem ganzen Hofe, welche den Purpur und die Diamanten tragen durfte; durch dieſe Geſchenke hier ſtellt Dich Kambyſes ſeiner erhabnen Mutter gleich, und macht Dich vor den Augen der ganzen Welt zu ſeiner Lieblingsgemahlin und Königin 61). O bitte, bitte, ge- ſtatte mir, Dir all’ die neuen Herrlichkeiten anzuthun. Wie wunderſchön wirſt Du ausſehen, wie neidiſch, wie zornig müſſen die Andern werden! Dürfte ich nur dabei ſein, wenn Du in die Halle trittſt. Komm’, Herrin, laß Dir die ſchlichten Gewänder ausziehen und Dich, nur zur Probe, von mir ſchmücken, wie es der neuen Königin geziemt.“ Nitetis hatte der Schwätzerin ſchweigend zugehört und die koſtbaren Geſchenke mit ſtummem Lächeln betrachtet. Sie war Weib genug, um ſich derſelben zu freuen; kamen ſie doch von einem Manne, den ſie inniger liebte als ihr Leben, bewieſen doch dieſe Gaben ihrem Herzen, daß ſie dem Könige mehr ſei, als all’ ſeine andern Frauen, ja daß ſie von Kambyſes geliebt werde. Der lang erſehnte Brief entfiel ungeleſen ihrer Hand, ſchweigend gewährte ſie den Bitten der Dienerin, und binnen Kurzem war ihr Schmuck vollendet. Der königliche Purpur hob ihre maje- ſtätiſche Schönheit, und ihre ſchlanke, herrliche Geſtalt ſchien von der hohen, blitzenden Tiara erhöht zu werden. Als ihr der auf dem Putztiſche liegende Metallſpiegel zum Erſtenmale ihr im vollen Ornat einer Königin prangendes Bildniß zeigte, nahmen ihre Züge einen neuen Ausdruck an. Es war, als wenn ſich in denſelben ein Theil von dem Stolz ihres Gebieters abſpiegle. — Die leichtfertige Zofe ſank unwillkürlich auf die Kniee nieder, als der ſtrahlende Blick des von dem mächtigſten aller Männer geliebten Weibes ihr Beifall lächelndes Auge traf.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/86>, abgerufen am 24.11.2024.