Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Bartja gezollt worden waren, fachten heut in ihm
eine Eifersucht an, die sein stolzes Herz bis dahin nicht
gekannt hatte. -- Nitetis gefiel ihm ausnehmend wohl.
Diese sich seiner Größe vollkommen unterwerfende und gleich
ihm, alles Geringe stolz verachtende Tochter eines mäch-
tigen Königs, dieses Weib, welches, um seine Gunst zu
gewinnen, sich ernstlicher Mühen bei der Erlernung der
persischen Sprache unterzogen hatte, diese hohe Jungfrau,
deren eigenthümliche, halb ägyptische, halb griechische
Schönheit (ihre Mutter war eine Hellenin gewesen) seine
Bewunderung als etwas Neues, nie gesehenes in Anspruch
nahm, hatte nicht verfehlt, einen tiefen Eindruck auf ihn
zu machen. Darum verstimmten ihn ihre dem Bartja frei-
gebig gezollten Lobeserhebungen und machten sein Herz für
die Eifersucht empfänglich.

Als er mit dem Bruder die Gemächer der Frauen
verließ, faßte er einen raschen Entschluß und rief ihm,
ehe sie sich trennten, zu: "Du hast mich um eine Gelegen-
heit gebeten, Deine Mannhaftigkeit zu bewähren. Jch
will sie Dir nicht versagen! Die Tapuren sind aufgestan-
den; ich habe ein Heer an ihre Grenze geschickt. Begib
Dich nach Arsacia, übernimm den Oberbefehl und zeige,
was Du bist und kannst!"

"Jch danke Dir, mein Bruder," rief Bartja; "darf
ich meine Freunde Darius, Gyges und Zopyros mit mir
nehmen?"

"Jch will Dir diese Gunst nicht versagen; haltet
euch brav und zaudert nicht, damit ihr in drei Monaten
wieder bei dem großen Heere seid, welches im Frühjahre
zum Rachezuge gegen die Massageten aufbrechen soll."

"Morgen reise ich."

"Gehab' Dich wohl!"

dem Bartja gezollt worden waren, fachten heut in ihm
eine Eiferſucht an, die ſein ſtolzes Herz bis dahin nicht
gekannt hatte. — Nitetis gefiel ihm ausnehmend wohl.
Dieſe ſich ſeiner Größe vollkommen unterwerfende und gleich
ihm, alles Geringe ſtolz verachtende Tochter eines mäch-
tigen Königs, dieſes Weib, welches, um ſeine Gunſt zu
gewinnen, ſich ernſtlicher Mühen bei der Erlernung der
perſiſchen Sprache unterzogen hatte, dieſe hohe Jungfrau,
deren eigenthümliche, halb ägyptiſche, halb griechiſche
Schönheit (ihre Mutter war eine Hellenin geweſen) ſeine
Bewunderung als etwas Neues, nie geſehenes in Anſpruch
nahm, hatte nicht verfehlt, einen tiefen Eindruck auf ihn
zu machen. Darum verſtimmten ihn ihre dem Bartja frei-
gebig gezollten Lobeserhebungen und machten ſein Herz für
die Eiferſucht empfänglich.

Als er mit dem Bruder die Gemächer der Frauen
verließ, faßte er einen raſchen Entſchluß und rief ihm,
ehe ſie ſich trennten, zu: „Du haſt mich um eine Gelegen-
heit gebeten, Deine Mannhaftigkeit zu bewähren. Jch
will ſie Dir nicht verſagen! Die Tapuren ſind aufgeſtan-
den; ich habe ein Heer an ihre Grenze geſchickt. Begib
Dich nach Arſacia, übernimm den Oberbefehl und zeige,
was Du biſt und kannſt!“

„Jch danke Dir, mein Bruder,“ rief Bartja; „darf
ich meine Freunde Darius, Gyges und Zopyros mit mir
nehmen?“

„Jch will Dir dieſe Gunſt nicht verſagen; haltet
euch brav und zaudert nicht, damit ihr in drei Monaten
wieder bei dem großen Heere ſeid, welches im Frühjahre
zum Rachezuge gegen die Maſſageten aufbrechen ſoll.“

„Morgen reiſe ich.“

„Gehab’ Dich wohl!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0024" n="22"/>
dem Bartja gezollt worden waren, fachten heut in ihm<lb/>
eine Eifer&#x017F;ucht an, die &#x017F;ein &#x017F;tolzes Herz bis dahin nicht<lb/>
gekannt hatte. &#x2014; Nitetis gefiel ihm ausnehmend wohl.<lb/>
Die&#x017F;e &#x017F;ich &#x017F;einer Größe vollkommen unterwerfende und gleich<lb/>
ihm, alles Geringe &#x017F;tolz verachtende Tochter eines mäch-<lb/>
tigen Königs, die&#x017F;es Weib, welches, um &#x017F;eine Gun&#x017F;t zu<lb/>
gewinnen, &#x017F;ich ern&#x017F;tlicher Mühen bei der Erlernung der<lb/>
per&#x017F;i&#x017F;chen Sprache unterzogen hatte, die&#x017F;e hohe Jungfrau,<lb/>
deren eigenthümliche, halb ägypti&#x017F;che, halb griechi&#x017F;che<lb/>
Schönheit (ihre Mutter war eine Hellenin gewe&#x017F;en) &#x017F;eine<lb/>
Bewunderung als etwas Neues, nie ge&#x017F;ehenes in An&#x017F;pruch<lb/>
nahm, hatte nicht verfehlt, einen tiefen Eindruck auf ihn<lb/>
zu machen. Darum ver&#x017F;timmten ihn ihre dem Bartja frei-<lb/>
gebig gezollten Lobeserhebungen und machten &#x017F;ein Herz für<lb/>
die Eifer&#x017F;ucht empfänglich.</p><lb/>
        <p>Als er mit dem Bruder die Gemächer der Frauen<lb/>
verließ, faßte er einen ra&#x017F;chen Ent&#x017F;chluß und rief ihm,<lb/>
ehe &#x017F;ie &#x017F;ich trennten, zu: &#x201E;Du ha&#x017F;t mich um eine Gelegen-<lb/>
heit gebeten, Deine Mannhaftigkeit zu bewähren. Jch<lb/>
will &#x017F;ie Dir nicht ver&#x017F;agen! Die Tapuren &#x017F;ind aufge&#x017F;tan-<lb/>
den; ich habe ein Heer an ihre Grenze ge&#x017F;chickt. Begib<lb/>
Dich nach Ar&#x017F;acia, übernimm den Oberbefehl und zeige,<lb/>
was Du bi&#x017F;t und kann&#x017F;t!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch danke Dir, mein Bruder,&#x201C; rief Bartja; &#x201E;darf<lb/>
ich meine Freunde Darius, Gyges und Zopyros mit mir<lb/>
nehmen?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch will Dir die&#x017F;e Gun&#x017F;t nicht ver&#x017F;agen; haltet<lb/>
euch brav und zaudert nicht, damit ihr in drei Monaten<lb/>
wieder bei dem großen Heere &#x017F;eid, welches im Frühjahre<lb/>
zum Rachezuge gegen die Ma&#x017F;&#x017F;ageten aufbrechen &#x017F;oll.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Morgen rei&#x017F;e ich.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gehab&#x2019; Dich wohl!&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0024] dem Bartja gezollt worden waren, fachten heut in ihm eine Eiferſucht an, die ſein ſtolzes Herz bis dahin nicht gekannt hatte. — Nitetis gefiel ihm ausnehmend wohl. Dieſe ſich ſeiner Größe vollkommen unterwerfende und gleich ihm, alles Geringe ſtolz verachtende Tochter eines mäch- tigen Königs, dieſes Weib, welches, um ſeine Gunſt zu gewinnen, ſich ernſtlicher Mühen bei der Erlernung der perſiſchen Sprache unterzogen hatte, dieſe hohe Jungfrau, deren eigenthümliche, halb ägyptiſche, halb griechiſche Schönheit (ihre Mutter war eine Hellenin geweſen) ſeine Bewunderung als etwas Neues, nie geſehenes in Anſpruch nahm, hatte nicht verfehlt, einen tiefen Eindruck auf ihn zu machen. Darum verſtimmten ihn ihre dem Bartja frei- gebig gezollten Lobeserhebungen und machten ſein Herz für die Eiferſucht empfänglich. Als er mit dem Bruder die Gemächer der Frauen verließ, faßte er einen raſchen Entſchluß und rief ihm, ehe ſie ſich trennten, zu: „Du haſt mich um eine Gelegen- heit gebeten, Deine Mannhaftigkeit zu bewähren. Jch will ſie Dir nicht verſagen! Die Tapuren ſind aufgeſtan- den; ich habe ein Heer an ihre Grenze geſchickt. Begib Dich nach Arſacia, übernimm den Oberbefehl und zeige, was Du biſt und kannſt!“ „Jch danke Dir, mein Bruder,“ rief Bartja; „darf ich meine Freunde Darius, Gyges und Zopyros mit mir nehmen?“ „Jch will Dir dieſe Gunſt nicht verſagen; haltet euch brav und zaudert nicht, damit ihr in drei Monaten wieder bei dem großen Heere ſeid, welches im Frühjahre zum Rachezuge gegen die Maſſageten aufbrechen ſoll.“ „Morgen reiſe ich.“ „Gehab’ Dich wohl!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/24
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/24>, abgerufen am 24.11.2024.