Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864."Vertraue uns, warum Du niemals geheirathet hast! Jn "Jch habe kein Geheimniß; denn das, was ihr er- Die jungen Helden hatten dem Greise schweigend zu- „Vertraue uns, warum Du niemals geheirathet haſt! Jn „Jch habe kein Geheimniß; denn das, was ihr er- Die jungen Helden hatten dem Greiſe ſchweigend zu- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0176" n="174"/> <p>„Vertraue uns, warum Du niemals geheirathet haſt! Jn<lb/> der andern Welt wird Dir’s nicht ſchaden, wenn wir Dein<lb/> Geheimniß ausplaudern.“</p><lb/> <p>„Jch habe kein Geheimniß; denn das, was ihr er-<lb/> zählt haben wollt, kann euch jeder eurer Väter mittheilen.<lb/> So hört denn! Als <hi rendition="#sup">108</hi>) ich jung war, ſpielte ich mit den<lb/> Weibern, aber ſpottete der Liebe. Da wollt’ es der Zu-<lb/> fall, daß Panthea, die ſchönſte aller Frauen, in unſere<lb/> Hände fiel. Kyros machte mich, der ſich rühmte ein un-<lb/> verwundbares Herz zu haben, zum Wächter derſelben. —<lb/> Jch ſah Panthea täglich, und, ja meine Freunde, und<lb/> lernte, daß die Liebe ſtärker ſei als unſere Willenskraft.<lb/> Sie wies meine Bewerbungen ab, veranlaßte Kyros, mich<lb/> aus ihrer Nähe zu entfernen und ihren Gatten Abradat<lb/> als Bundesgenoſſen aufzunehmen. Das treue edle Weib<lb/> ſchmückte, als es zum Kampfe ging, ihren ſchönen Gatten<lb/> mit all ihrem Geſchmeide uud ſagte ihm, daß er der Tu-<lb/> gend des Kyros, welcher ſie, die Gefangene, wie eine<lb/> Schweſter behandelt hatte, nur durch aufopfernde Freund-<lb/> ſchaft und heldenmüthige Tapferkeit danken könne. Abra-<lb/> dat ſtimmte der Gattin bei, kämpfte wie ein Löwe für<lb/> Kyros und fiel. Bei ſeiner Leiche entleibte ſich Panthea.<lb/> Als ihre Diener dieß erfahren hatten, machten ſie am<lb/> Grabe der ſchönſten Herrin auch ihrem Leben ein Ende.<lb/> Kyros beweinte das edle Paar und ließ ihm einen Leichen-<lb/> ſtein errichten, den ihr heute noch bei Sardes ſehen könnt.<lb/> Auf demſelben ſtehen die ſchlichten Worte: ‚Der Panthea,<lb/> dem Abradat und den treuſten aller Diener.‘ — Seht,<lb/> ihr Kinder, wer ein ſolches Weib geliebt hat, der kann<lb/> wohl nimmer an eine Andre denken!“</p><lb/> <p>Die jungen Helden hatten dem Greiſe ſchweigend zu-<lb/> gehört, und blieben, als derſelbe ſchon längſt zu erzählen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [174/0176]
„Vertraue uns, warum Du niemals geheirathet haſt! Jn
der andern Welt wird Dir’s nicht ſchaden, wenn wir Dein
Geheimniß ausplaudern.“
„Jch habe kein Geheimniß; denn das, was ihr er-
zählt haben wollt, kann euch jeder eurer Väter mittheilen.
So hört denn! Als 108) ich jung war, ſpielte ich mit den
Weibern, aber ſpottete der Liebe. Da wollt’ es der Zu-
fall, daß Panthea, die ſchönſte aller Frauen, in unſere
Hände fiel. Kyros machte mich, der ſich rühmte ein un-
verwundbares Herz zu haben, zum Wächter derſelben. —
Jch ſah Panthea täglich, und, ja meine Freunde, und
lernte, daß die Liebe ſtärker ſei als unſere Willenskraft.
Sie wies meine Bewerbungen ab, veranlaßte Kyros, mich
aus ihrer Nähe zu entfernen und ihren Gatten Abradat
als Bundesgenoſſen aufzunehmen. Das treue edle Weib
ſchmückte, als es zum Kampfe ging, ihren ſchönen Gatten
mit all ihrem Geſchmeide uud ſagte ihm, daß er der Tu-
gend des Kyros, welcher ſie, die Gefangene, wie eine
Schweſter behandelt hatte, nur durch aufopfernde Freund-
ſchaft und heldenmüthige Tapferkeit danken könne. Abra-
dat ſtimmte der Gattin bei, kämpfte wie ein Löwe für
Kyros und fiel. Bei ſeiner Leiche entleibte ſich Panthea.
Als ihre Diener dieß erfahren hatten, machten ſie am
Grabe der ſchönſten Herrin auch ihrem Leben ein Ende.
Kyros beweinte das edle Paar und ließ ihm einen Leichen-
ſtein errichten, den ihr heute noch bei Sardes ſehen könnt.
Auf demſelben ſtehen die ſchlichten Worte: ‚Der Panthea,
dem Abradat und den treuſten aller Diener.‘ — Seht,
ihr Kinder, wer ein ſolches Weib geliebt hat, der kann
wohl nimmer an eine Andre denken!“
Die jungen Helden hatten dem Greiſe ſchweigend zu-
gehört, und blieben, als derſelbe ſchon längſt zu erzählen
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