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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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Siebentes Kapitel.


Zwei Stunden später stand Bartja mit seinen Be-
gleitern vor dem Könige. Bleich und hohläugig saß der
riesige Mann auf seinem goldnen Stuhle, hinter dem zwei
Leibärzte mit allerlei Gefäßen und Jnstrumenten in der
Hand warteten; Kambyses war nämlich erst vor wenigen
Minuten wieder zu sich gekommen, nachdem er, länger als
eine Stunde, in den Armen jener furchtbaren Krankheit
gelegen hatte, welche Leib und Seele zerrüttet, und die
wir mit dem Namen der fallenden Sucht oder Epilepsie
bezeichnen.

Seit der Ankunft der Nitetis war er von diesem
Uebel verschont geblieben, das ihn heut, in Folge über-
wältigender Gemüthsbewegungen, mit unerhörter Heftig-
keit ergriffen hatte 99).

Wäre er Bartja vor wenigen Stunden begegnet, so
würde er ihn mit eigner Hand getödtet haben; der epilep-
tische Zufall hatte aber seinen Zorn, zwar nicht gebrochen,
aber doch soweit beruhigt, daß er im Stande war, Klä-
ger und Beklagte anzuhören.

Zur rechten Seite des Throns standen Hystaspes,
der greise Vater des Darius, Gobryas, der zukünftige

Siebentes Kapitel.


Zwei Stunden ſpäter ſtand Bartja mit ſeinen Be-
gleitern vor dem Könige. Bleich und hohläugig ſaß der
rieſige Mann auf ſeinem goldnen Stuhle, hinter dem zwei
Leibärzte mit allerlei Gefäßen und Jnſtrumenten in der
Hand warteten; Kambyſes war nämlich erſt vor wenigen
Minuten wieder zu ſich gekommen, nachdem er, länger als
eine Stunde, in den Armen jener furchtbaren Krankheit
gelegen hatte, welche Leib und Seele zerrüttet, und die
wir mit dem Namen der fallenden Sucht oder Epilepſie
bezeichnen.

Seit der Ankunft der Nitetis war er von dieſem
Uebel verſchont geblieben, das ihn heut, in Folge über-
wältigender Gemüthsbewegungen, mit unerhörter Heftig-
keit ergriffen hatte 99).

Wäre er Bartja vor wenigen Stunden begegnet, ſo
würde er ihn mit eigner Hand getödtet haben; der epilep-
tiſche Zufall hatte aber ſeinen Zorn, zwar nicht gebrochen,
aber doch ſoweit beruhigt, daß er im Stande war, Klä-
ger und Beklagte anzuhören.

Zur rechten Seite des Throns ſtanden Hyſtaspes,
der greiſe Vater des Darius, Gobryas, der zukünftige

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[[158]/0160] Siebentes Kapitel. Zwei Stunden ſpäter ſtand Bartja mit ſeinen Be- gleitern vor dem Könige. Bleich und hohläugig ſaß der rieſige Mann auf ſeinem goldnen Stuhle, hinter dem zwei Leibärzte mit allerlei Gefäßen und Jnſtrumenten in der Hand warteten; Kambyſes war nämlich erſt vor wenigen Minuten wieder zu ſich gekommen, nachdem er, länger als eine Stunde, in den Armen jener furchtbaren Krankheit gelegen hatte, welche Leib und Seele zerrüttet, und die wir mit dem Namen der fallenden Sucht oder Epilepſie bezeichnen. Seit der Ankunft der Nitetis war er von dieſem Uebel verſchont geblieben, das ihn heut, in Folge über- wältigender Gemüthsbewegungen, mit unerhörter Heftig- keit ergriffen hatte 99). Wäre er Bartja vor wenigen Stunden begegnet, ſo würde er ihn mit eigner Hand getödtet haben; der epilep- tiſche Zufall hatte aber ſeinen Zorn, zwar nicht gebrochen, aber doch ſoweit beruhigt, daß er im Stande war, Klä- ger und Beklagte anzuhören. Zur rechten Seite des Throns ſtanden Hyſtaspes, der greiſe Vater des Darius, Gobryas, der zukünftige

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. [158]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/160>, abgerufen am 26.11.2024.