Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

andre Achämeniden, Dich, noch ist es keine Stunde her,
auf den hängenden Gärten gesehn haben ..."

Bartja ließ sich in seinem Erstaunen halb willenlos
von dem Greise fortführen; als er aber dessen letzte Be-
hauptung vernommen hatte, blieb er stehen, rief seine
Freunde herbei und sagte: "Krösus will mir vor weniger
als einer Stunde auf den hängenden Gärten begegnet sein;
ich aber bin, wie ihr wißt, seit dem Untergange der
Sonne nicht von euch gewichen. Bestätigt ihm durch euer
Zeugniß, daß hier ein böser Diw sein Spiel mit unserem
Freunde und seinen Begleitern getrieben haben muß."

"Jch schwöre Dir Vater," rief Gyges, "daß Bartja
seit vielen Stunden diesen Garten nicht verlassen hat."

"Wir betheuern dasselbe," stimmten Araspes, Zopy-
ros und Darius lebhaft ein.

"Wollt ihr mich betrügen, mich euern besten Freund?"
klagte Krösus, Einen nach dem Andern vorwurfsvoll an-
blickend. "Glaubt ihr, ich sei blind oder sinnverwirrt?
Meint ihr, daß euer Zeugniß die Aussage der edelsten
Greise, des Hystaspes, Gobryas, Jntaphernes und des
Oberpriesters Oropastes entkräftigen werde? Bartja ist trotz
eures falschen Zeugnisses, das eure Freundschaft kaum ent-
schuldigen kann, ein Kind des Todes, wenn er nicht flieht!
Jch werde nichts von dem Gesehenen verrathen; aber
Bartja, ich flehe Dich an ..."

"Anpramainjus soll mich verderben," rief, den geäng-
stigten Greis unterbrechend, der alte Araspes, wenn der
Sohn des Kyros vor zwei Stunden auf den hängenden
Gärten gewesen ist."

"Du magst mich nicht mehr Deinen Sohn nennen,"
fügte Gyges hinzu, "wenn unser Zeugniß falsch war."

"Bei den ewigen Sternen," wollte Darius ausrufen,

andre Achämeniden, Dich, noch iſt es keine Stunde her,
auf den hängenden Gärten geſehn haben ...“

Bartja ließ ſich in ſeinem Erſtaunen halb willenlos
von dem Greiſe fortführen; als er aber deſſen letzte Be-
hauptung vernommen hatte, blieb er ſtehen, rief ſeine
Freunde herbei und ſagte: „Kröſus will mir vor weniger
als einer Stunde auf den hängenden Gärten begegnet ſein;
ich aber bin, wie ihr wißt, ſeit dem Untergange der
Sonne nicht von euch gewichen. Beſtätigt ihm durch euer
Zeugniß, daß hier ein böſer Diw ſein Spiel mit unſerem
Freunde und ſeinen Begleitern getrieben haben muß.“

„Jch ſchwöre Dir Vater,“ rief Gyges, „daß Bartja
ſeit vielen Stunden dieſen Garten nicht verlaſſen hat.“

„Wir betheuern daſſelbe,“ ſtimmten Araspes, Zopy-
ros und Darius lebhaft ein.

„Wollt ihr mich betrügen, mich euern beſten Freund?“
klagte Kröſus, Einen nach dem Andern vorwurfsvoll an-
blickend. „Glaubt ihr, ich ſei blind oder ſinnverwirrt?
Meint ihr, daß euer Zeugniß die Ausſage der edelſten
Greiſe, des Hyſtaspes, Gobryas, Jntaphernes und des
Oberprieſters Oropaſtes entkräftigen werde? Bartja iſt trotz
eures falſchen Zeugniſſes, das eure Freundſchaft kaum ent-
ſchuldigen kann, ein Kind des Todes, wenn er nicht flieht!
Jch werde nichts von dem Geſehenen verrathen; aber
Bartja, ich flehe Dich an ...“

„Anpramainjus ſoll mich verderben,“ rief, den geäng-
ſtigten Greis unterbrechend, der alte Araspes, wenn der
Sohn des Kyros vor zwei Stunden auf den hängenden
Gärten geweſen iſt.“

„Du magſt mich nicht mehr Deinen Sohn nennen,“
fügte Gyges hinzu, „wenn unſer Zeugniß falſch war.“

„Bei den ewigen Sternen,“ wollte Darius ausrufen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0157" n="155"/>
andre Achämeniden, Dich, noch i&#x017F;t es keine Stunde her,<lb/>
auf den hängenden Gärten ge&#x017F;ehn haben ...&#x201C;</p><lb/>
        <p>Bartja ließ &#x017F;ich in &#x017F;einem Er&#x017F;taunen halb willenlos<lb/>
von dem Grei&#x017F;e fortführen; als er aber de&#x017F;&#x017F;en letzte Be-<lb/>
hauptung vernommen hatte, blieb er &#x017F;tehen, rief &#x017F;eine<lb/>
Freunde herbei und &#x017F;agte: &#x201E;Krö&#x017F;us will mir vor weniger<lb/>
als einer Stunde auf den hängenden Gärten begegnet &#x017F;ein;<lb/>
ich aber bin, wie ihr wißt, &#x017F;eit dem Untergange der<lb/>
Sonne nicht von euch gewichen. Be&#x017F;tätigt ihm durch euer<lb/>
Zeugniß, daß hier ein bö&#x017F;er Diw &#x017F;ein Spiel mit un&#x017F;erem<lb/>
Freunde und &#x017F;einen Begleitern getrieben haben muß.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jch &#x017F;chwöre Dir Vater,&#x201C; rief Gyges, &#x201E;daß Bartja<lb/>
&#x017F;eit vielen Stunden die&#x017F;en Garten nicht verla&#x017F;&#x017F;en hat.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wir betheuern da&#x017F;&#x017F;elbe,&#x201C; &#x017F;timmten Araspes, Zopy-<lb/>
ros und Darius lebhaft ein.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wollt ihr mich betrügen, mich euern be&#x017F;ten Freund?&#x201C;<lb/>
klagte Krö&#x017F;us, Einen nach dem Andern vorwurfsvoll an-<lb/>
blickend. &#x201E;Glaubt ihr, ich &#x017F;ei blind oder &#x017F;innverwirrt?<lb/>
Meint ihr, daß euer Zeugniß die Aus&#x017F;age der edel&#x017F;ten<lb/>
Grei&#x017F;e, des Hy&#x017F;taspes, Gobryas, Jntaphernes und des<lb/>
Oberprie&#x017F;ters Oropa&#x017F;tes entkräftigen werde? Bartja i&#x017F;t trotz<lb/>
eures fal&#x017F;chen Zeugni&#x017F;&#x017F;es, das eure Freund&#x017F;chaft kaum ent-<lb/>
&#x017F;chuldigen kann, ein Kind des Todes, wenn er nicht flieht!<lb/>
Jch werde nichts von dem Ge&#x017F;ehenen verrathen; aber<lb/>
Bartja, ich flehe Dich an ...&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Anpramainjus &#x017F;oll mich verderben,&#x201C; rief, den geäng-<lb/>
&#x017F;tigten Greis unterbrechend, der alte Araspes, wenn der<lb/>
Sohn des Kyros vor zwei Stunden auf den hängenden<lb/>
Gärten gewe&#x017F;en i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Du mag&#x017F;t mich nicht mehr Deinen Sohn nennen,&#x201C;<lb/>
fügte Gyges hinzu, &#x201E;wenn un&#x017F;er Zeugniß fal&#x017F;ch war.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Bei den ewigen Sternen,&#x201C; wollte Darius ausrufen,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0157] andre Achämeniden, Dich, noch iſt es keine Stunde her, auf den hängenden Gärten geſehn haben ...“ Bartja ließ ſich in ſeinem Erſtaunen halb willenlos von dem Greiſe fortführen; als er aber deſſen letzte Be- hauptung vernommen hatte, blieb er ſtehen, rief ſeine Freunde herbei und ſagte: „Kröſus will mir vor weniger als einer Stunde auf den hängenden Gärten begegnet ſein; ich aber bin, wie ihr wißt, ſeit dem Untergange der Sonne nicht von euch gewichen. Beſtätigt ihm durch euer Zeugniß, daß hier ein böſer Diw ſein Spiel mit unſerem Freunde und ſeinen Begleitern getrieben haben muß.“ „Jch ſchwöre Dir Vater,“ rief Gyges, „daß Bartja ſeit vielen Stunden dieſen Garten nicht verlaſſen hat.“ „Wir betheuern daſſelbe,“ ſtimmten Araspes, Zopy- ros und Darius lebhaft ein. „Wollt ihr mich betrügen, mich euern beſten Freund?“ klagte Kröſus, Einen nach dem Andern vorwurfsvoll an- blickend. „Glaubt ihr, ich ſei blind oder ſinnverwirrt? Meint ihr, daß euer Zeugniß die Ausſage der edelſten Greiſe, des Hyſtaspes, Gobryas, Jntaphernes und des Oberprieſters Oropaſtes entkräftigen werde? Bartja iſt trotz eures falſchen Zeugniſſes, das eure Freundſchaft kaum ent- ſchuldigen kann, ein Kind des Todes, wenn er nicht flieht! Jch werde nichts von dem Geſehenen verrathen; aber Bartja, ich flehe Dich an ...“ „Anpramainjus ſoll mich verderben,“ rief, den geäng- ſtigten Greis unterbrechend, der alte Araspes, wenn der Sohn des Kyros vor zwei Stunden auf den hängenden Gärten geweſen iſt.“ „Du magſt mich nicht mehr Deinen Sohn nennen,“ fügte Gyges hinzu, „wenn unſer Zeugniß falſch war.“ „Bei den ewigen Sternen,“ wollte Darius ausrufen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/157
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/157>, abgerufen am 26.11.2024.