dem gewaltigen, rabenschwarzen Hengste, den er ritt, oft- mals fortgerissen wurde, öfter aber mit riesiger Kraft dem unbändigen schäumenden Thiere bewies, daß er der Mann sei, seinen tollen Muth zu zähmen. -- Dieser Reiter, des- sen gewaltige Schenkel den Hengst zusammendrückten, daß er bebte und keuchte, trug ein scharlachroth und weiß ge- mustertes Gewand, welches über und über mit silbernen in dasselbe eingestickten Adlern und Falken bedeckt war 11). Seine Unterkleider waren von Purpur und seine Stiefel von gelbem Leder. Um seine Hüften schlang sich ein gold- ner Gürtel, in dem ein kurzer, dolchartiger Säbel steckte, dessen Griff und Scheide mit Edelsteinen übersäet waren. -- Sein übriger Schmuck glich dem des Bartja. Auch seine Tiara wurde von der blauen und weißen Binde der Achämeniden umgeben. -- Unter derselben quollen dichte, ebenholzschwarze Locken hervor. Ein ungeheurer Bart von gleicher Farbe verbarg den ganzen unteren Theil seines Angesichts. Seine Züge waren bleich und unbe- weglich; seine Augen aber, schwärzer noch als Haar und Bart, sprühten ein nicht erwärmendes, sondern versengen- des Feuer. Eine tiefe brandrothe Narbe, der Säbelhieb eines massagetischen Kriegers, durchfurchte die hohe Stirn, die große gebogene Nase und die schmalen Lippen des Reiters. Seine ganze Haltung trug den Stempel höchster Kraft und maßlosen Stolzes.
Nitetis vermochte nicht, ihre Augen von der Gestalt dieses Mannes zu wenden. Einen gleichen hatte sie nie- mals gesehen. Sie fühlte sich wunderbar zu ihm hinge- zogen. Sie glaubte in diesem unbändig stolzen Angesichte den Jnbegriff aller Männlichkeit zu erblicken. Es war ihr, als sei die ganze Welt, vor Allem aber sie selbst, um diesem Manne zu dienen, geschaffen worden. Sie
dem gewaltigen, rabenſchwarzen Hengſte, den er ritt, oft- mals fortgeriſſen wurde, öfter aber mit rieſiger Kraft dem unbändigen ſchäumenden Thiere bewies, daß er der Mann ſei, ſeinen tollen Muth zu zähmen. — Dieſer Reiter, deſ- ſen gewaltige Schenkel den Hengſt zuſammendrückten, daß er bebte und keuchte, trug ein ſcharlachroth und weiß ge- muſtertes Gewand, welches über und über mit ſilbernen in daſſelbe eingeſtickten Adlern und Falken bedeckt war 11). Seine Unterkleider waren von Purpur und ſeine Stiefel von gelbem Leder. Um ſeine Hüften ſchlang ſich ein gold- ner Gürtel, in dem ein kurzer, dolchartiger Säbel ſteckte, deſſen Griff und Scheide mit Edelſteinen überſäet waren. — Sein übriger Schmuck glich dem des Bartja. Auch ſeine Tiara wurde von der blauen und weißen Binde der Achämeniden umgeben. — Unter derſelben quollen dichte, ebenholzſchwarze Locken hervor. Ein ungeheurer Bart von gleicher Farbe verbarg den ganzen unteren Theil ſeines Angeſichts. Seine Züge waren bleich und unbe- weglich; ſeine Augen aber, ſchwärzer noch als Haar und Bart, ſprühten ein nicht erwärmendes, ſondern verſengen- des Feuer. Eine tiefe brandrothe Narbe, der Säbelhieb eines maſſagetiſchen Kriegers, durchfurchte die hohe Stirn, die große gebogene Naſe und die ſchmalen Lippen des Reiters. Seine ganze Haltung trug den Stempel höchſter Kraft und maßloſen Stolzes.
Nitetis vermochte nicht, ihre Augen von der Geſtalt dieſes Mannes zu wenden. Einen gleichen hatte ſie nie- mals geſehen. Sie fühlte ſich wunderbar zu ihm hinge- zogen. Sie glaubte in dieſem unbändig ſtolzen Angeſichte den Jnbegriff aller Männlichkeit zu erblicken. Es war ihr, als ſei die ganze Welt, vor Allem aber ſie ſelbſt, um dieſem Manne zu dienen, geſchaffen worden. Sie
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dem gewaltigen, rabenſchwarzen Hengſte, den er ritt, oft-
mals fortgeriſſen wurde, öfter aber mit rieſiger Kraft dem
unbändigen ſchäumenden Thiere bewies, daß er der Mann
ſei, ſeinen tollen Muth zu zähmen. — Dieſer Reiter, deſ-
ſen gewaltige Schenkel den Hengſt zuſammendrückten, daß
er bebte und keuchte, trug ein ſcharlachroth und weiß ge-
muſtertes Gewand, welches über und über mit ſilbernen
in daſſelbe eingeſtickten Adlern und Falken bedeckt war 11).
Seine Unterkleider waren von Purpur und ſeine Stiefel
von gelbem Leder. Um ſeine Hüften ſchlang ſich ein gold-
ner Gürtel, in dem ein kurzer, dolchartiger Säbel ſteckte,
deſſen Griff und Scheide mit Edelſteinen überſäet waren.
— Sein übriger Schmuck glich dem des Bartja. Auch
ſeine Tiara wurde von der blauen und weißen Binde
der Achämeniden umgeben. — Unter derſelben quollen
dichte, ebenholzſchwarze Locken hervor. Ein ungeheurer
Bart von gleicher Farbe verbarg den ganzen unteren Theil
ſeines Angeſichts. Seine Züge waren bleich und unbe-
weglich; ſeine Augen aber, ſchwärzer noch als Haar und
Bart, ſprühten ein nicht erwärmendes, ſondern verſengen-
des Feuer. Eine tiefe brandrothe Narbe, der Säbelhieb
eines maſſagetiſchen Kriegers, durchfurchte die hohe Stirn,
die große gebogene Naſe und die ſchmalen Lippen des
Reiters. Seine ganze Haltung trug den Stempel höchſter
Kraft und maßloſen Stolzes.
Nitetis vermochte nicht, ihre Augen von der Geſtalt
dieſes Mannes zu wenden. Einen gleichen hatte ſie nie-
mals geſehen. Sie fühlte ſich wunderbar zu ihm hinge-
zogen. Sie glaubte in dieſem unbändig ſtolzen Angeſichte
den Jnbegriff aller Männlichkeit zu erblicken. Es war
ihr, als ſei die ganze Welt, vor Allem aber ſie ſelbſt,
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/12>, abgerufen am 22.07.2024.
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