Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.Schon aus der Ferne tönte ihm ein wirres Lärmen Hier lagen munter plaudernde Gruppen üppig schöner Durch dieses Gewirr bewegten sich nackte Sclavinnen, Schon aus der Ferne tönte ihm ein wirres Lärmen Hier lagen munter plaudernde Gruppen üppig ſchöner Durch dieſes Gewirr bewegten ſich nackte Sclavinnen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0109" n="107"/> <p>Schon aus der Ferne tönte ihm ein wirres Lärmen<lb/> von ſchreienden, lachenden, ſchwatzenden und kichernden<lb/> Stimmen entgegen. Jn der weiten Halle des bis zur über-<lb/> großen Hitze erwärmten Saales tummelten ſich mehr als<lb/> 300 Weiber <hi rendition="#sup">80</hi>), umwallt von einer dichten Wolke feuchten<lb/> Waſſerdampfes. Wie Nebelbilder bewegten ſich die halb-<lb/> nackten Geſtalten, deren dünne ſeidene Ueberwürfe ſich, von<lb/> der Näſſe durchdrungen, an die zarten Formen ſchmiegten,<lb/> in buntem Durcheinander über die heißen marmornen Flie-<lb/> ſen des Bades, von deſſen Decke lauwarme Tropfen, auf<lb/> dem Geſtein des Fußbodens zerſtiebend, niederträuften.</p><lb/> <p>Hier lagen munter plaudernde Gruppen üppig ſchöner<lb/> Weiber zu zehn und zwanzig in muthwilliger Plauderei,<lb/> dort zankten ſich zwei Königsfrauen, gleich ungezogenen<lb/> Kindern. Eine von dem zierlichen Pantoffel ihrer Nach-<lb/> barin getroffene Schöne kreiſchte gellend auf, eine andere<lb/> lag in träger Beſchaulichkeit, regungslos wie ein Leichnam,<lb/> auf dem heißen feuchten Boden. Sechs Armenierinnen<lb/> ſtanden neben einander und ſangen mit hellen Stimmen<lb/> ein muthwilliges Liebeslied in der Sprache ihrer Heimat,<lb/> während ein Häuflein blondhaariger Perſerinnen ſich be-<lb/> mühte, die arme Nitetis ſo zu verläſtern, daß der Lauſcher<lb/> hätte glauben müſſen, die ſchöne Aegypterin gleiche jenen<lb/> Unholden, mit denen man Kinder ſchreckt.</p><lb/> <p>Durch dieſes Gewirr bewegten ſich nackte Sclavinnen,<lb/> welche trockene Tücher auf den Köpfen trugen, um dieſelben<lb/> ihren Herrinnen überzuwerfen. Das Geſchrei der Eunuchen,<lb/> welche, die Thüren des Saales bewachend, die Badenden<lb/> zur Eile antrieben, kreiſchende Stimmen, die den erwarte-<lb/> ten Sclavinnen riefen, und durchdringende, den heißen<lb/> Waſſerdämpfen beigemiſchte Wohlgerüche machten das bunte<lb/> Durcheinander zu einem wahrhaft betäubenden Schauſpiele.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [107/0109]
Schon aus der Ferne tönte ihm ein wirres Lärmen
von ſchreienden, lachenden, ſchwatzenden und kichernden
Stimmen entgegen. Jn der weiten Halle des bis zur über-
großen Hitze erwärmten Saales tummelten ſich mehr als
300 Weiber 80), umwallt von einer dichten Wolke feuchten
Waſſerdampfes. Wie Nebelbilder bewegten ſich die halb-
nackten Geſtalten, deren dünne ſeidene Ueberwürfe ſich, von
der Näſſe durchdrungen, an die zarten Formen ſchmiegten,
in buntem Durcheinander über die heißen marmornen Flie-
ſen des Bades, von deſſen Decke lauwarme Tropfen, auf
dem Geſtein des Fußbodens zerſtiebend, niederträuften.
Hier lagen munter plaudernde Gruppen üppig ſchöner
Weiber zu zehn und zwanzig in muthwilliger Plauderei,
dort zankten ſich zwei Königsfrauen, gleich ungezogenen
Kindern. Eine von dem zierlichen Pantoffel ihrer Nach-
barin getroffene Schöne kreiſchte gellend auf, eine andere
lag in träger Beſchaulichkeit, regungslos wie ein Leichnam,
auf dem heißen feuchten Boden. Sechs Armenierinnen
ſtanden neben einander und ſangen mit hellen Stimmen
ein muthwilliges Liebeslied in der Sprache ihrer Heimat,
während ein Häuflein blondhaariger Perſerinnen ſich be-
mühte, die arme Nitetis ſo zu verläſtern, daß der Lauſcher
hätte glauben müſſen, die ſchöne Aegypterin gleiche jenen
Unholden, mit denen man Kinder ſchreckt.
Durch dieſes Gewirr bewegten ſich nackte Sclavinnen,
welche trockene Tücher auf den Köpfen trugen, um dieſelben
ihren Herrinnen überzuwerfen. Das Geſchrei der Eunuchen,
welche, die Thüren des Saales bewachend, die Badenden
zur Eile antrieben, kreiſchende Stimmen, die den erwarte-
ten Sclavinnen riefen, und durchdringende, den heißen
Waſſerdämpfen beigemiſchte Wohlgerüche machten das bunte
Durcheinander zu einem wahrhaft betäubenden Schauſpiele.
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