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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864.

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"Auf den Besuch des Königs darfst Du freilich nicht rech-
nen, denn ich vermuthe, daß er die hängenden Gärten vor
seiner Vermählung mit der Aegypterin nicht betreten wird;
einige Achämeniden werden aber sicher erscheinen. Sie
sind, wie alle Perser, so große Garten- und Blumenfreunde,
daß sie sich diesen seltenen Anblick nicht entgehen lassen
werden. Vielleicht kann ich auch Krösus hieher führen; er
versteht sich zwar weniger auf die Gärtnerei, dafür ist er
aber um so erkenntlicher für jeden dem Auge wohlgefälli-
gen Anblick."

"Bringe ihn nur mit," rief der Gärtner; "er wird
Dir dankbar sein, denn meine Fürstin der Nacht ist schöner
als alle Blüten, welche jemals in königlichen Gärten ge-
zogen wurden! Du hast ja in dem spiegelhellen Wasser-
behälter die von grünen Blättern umkränzte Knospe ge-
sehen; wenn dieselbe aufbricht, so gleicht sie einer himmel-
blauen riesenhaften Rose. Meine Blüte ..."

Der begeisterte Gartenkünstler wollte in seinen Lob-
preisungen fortfahren; Boges verließ ihn aber, wohlwollend
grüßend, schritt die Treppe hinunter, stellte sich in den
zweiräderigen hölzernen Wagen, welcher seiner wartete, und
ließ sich von dem neben ihm stehenden Lenker seiner mit
Quasten und Glöckchen behängten Rosse 79) in raschem Trabe
bis an die Pforte des Gartens, welcher das große Weiber-
haus des Königs umgab, führen. --

Jm Harem des Kambyses herrschte heut ein gar be-
wegtes, emsiges Leben. Boges hatte befohlen, daß alle
Frauen des Hofes, um so schön und frisch als möglich zu
erscheinen, vor dem Beginn des großen Festmahls in's Bad
geführt werden sollten; darum begab sich der Weiberfürst
ohne Aufenthalt zu dem Flügel des Palastes, welcher das
Frauenbad enthielt.

„Auf den Beſuch des Königs darfſt Du freilich nicht rech-
nen, denn ich vermuthe, daß er die hängenden Gärten vor
ſeiner Vermählung mit der Aegypterin nicht betreten wird;
einige Achämeniden werden aber ſicher erſcheinen. Sie
ſind, wie alle Perſer, ſo große Garten- und Blumenfreunde,
daß ſie ſich dieſen ſeltenen Anblick nicht entgehen laſſen
werden. Vielleicht kann ich auch Kröſus hieher führen; er
verſteht ſich zwar weniger auf die Gärtnerei, dafür iſt er
aber um ſo erkenntlicher für jeden dem Auge wohlgefälli-
gen Anblick.“

„Bringe ihn nur mit,“ rief der Gärtner; „er wird
Dir dankbar ſein, denn meine Fürſtin der Nacht iſt ſchöner
als alle Blüten, welche jemals in königlichen Gärten ge-
zogen wurden! Du haſt ja in dem ſpiegelhellen Waſſer-
behälter die von grünen Blättern umkränzte Knoſpe ge-
ſehen; wenn dieſelbe aufbricht, ſo gleicht ſie einer himmel-
blauen rieſenhaften Roſe. Meine Blüte ...“

Der begeiſterte Gartenkünſtler wollte in ſeinen Lob-
preiſungen fortfahren; Boges verließ ihn aber, wohlwollend
grüßend, ſchritt die Treppe hinunter, ſtellte ſich in den
zweiräderigen hölzernen Wagen, welcher ſeiner wartete, und
ließ ſich von dem neben ihm ſtehenden Lenker ſeiner mit
Quaſten und Glöckchen behängten Roſſe 79) in raſchem Trabe
bis an die Pforte des Gartens, welcher das große Weiber-
haus des Königs umgab, führen. —

Jm Harem des Kambyſes herrſchte heut ein gar be-
wegtes, emſiges Leben. Boges hatte befohlen, daß alle
Frauen des Hofes, um ſo ſchön und friſch als möglich zu
erſcheinen, vor dem Beginn des großen Feſtmahls in’s Bad
geführt werden ſollten; darum begab ſich der Weiberfürſt
ohne Aufenthalt zu dem Flügel des Palaſtes, welcher das
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[106/0108] „Auf den Beſuch des Königs darfſt Du freilich nicht rech- nen, denn ich vermuthe, daß er die hängenden Gärten vor ſeiner Vermählung mit der Aegypterin nicht betreten wird; einige Achämeniden werden aber ſicher erſcheinen. Sie ſind, wie alle Perſer, ſo große Garten- und Blumenfreunde, daß ſie ſich dieſen ſeltenen Anblick nicht entgehen laſſen werden. Vielleicht kann ich auch Kröſus hieher führen; er verſteht ſich zwar weniger auf die Gärtnerei, dafür iſt er aber um ſo erkenntlicher für jeden dem Auge wohlgefälli- gen Anblick.“ „Bringe ihn nur mit,“ rief der Gärtner; „er wird Dir dankbar ſein, denn meine Fürſtin der Nacht iſt ſchöner als alle Blüten, welche jemals in königlichen Gärten ge- zogen wurden! Du haſt ja in dem ſpiegelhellen Waſſer- behälter die von grünen Blättern umkränzte Knoſpe ge- ſehen; wenn dieſelbe aufbricht, ſo gleicht ſie einer himmel- blauen rieſenhaften Roſe. Meine Blüte ...“ Der begeiſterte Gartenkünſtler wollte in ſeinen Lob- preiſungen fortfahren; Boges verließ ihn aber, wohlwollend grüßend, ſchritt die Treppe hinunter, ſtellte ſich in den zweiräderigen hölzernen Wagen, welcher ſeiner wartete, und ließ ſich von dem neben ihm ſtehenden Lenker ſeiner mit Quaſten und Glöckchen behängten Roſſe 79) in raſchem Trabe bis an die Pforte des Gartens, welcher das große Weiber- haus des Königs umgab, führen. — Jm Harem des Kambyſes herrſchte heut ein gar be- wegtes, emſiges Leben. Boges hatte befohlen, daß alle Frauen des Hofes, um ſo ſchön und friſch als möglich zu erſcheinen, vor dem Beginn des großen Feſtmahls in’s Bad geführt werden ſollten; darum begab ſich der Weiberfürſt ohne Aufenthalt zu dem Flügel des Palaſtes, welcher das Frauenbad enthielt.

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 2. Stuttgart, 1864, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter02_1864/108>, abgerufen am 28.11.2024.