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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

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Das ziemlich lange Fahrzeug war reich übergoldet
und trug auf seinem Schnabel das silberne Bild eines
Sperbers. Jn der Mitte der Barke erhob sich ein golde-
ner Baldachin mit purpurnem Himmel. Unter demselben
streckten sich lange Polster. Jm Vordertheile des Schiffes
saßen an den Borden je zwölf Ruderknechte, deren Schurze
von kostbaren Tragbändern gehalten wurden 102).

Unter dem Baldachin lagen sechs Männer, herrlich
gekleidet und stattlich anzuschauen. Ehe noch die Barke
angelegt hatte, sprang, als erster von ihnen, der Jüngste
von Allen, -- ein glänzend schöner Blondkopf auf die
Landungstreppe.

Bei seinem Anblicke entwand sich manchem ägyptischen
Mädchenmunde ein gedehntes "Ah", und selbst der ernste
Blick einiger Würdenträger erhellte sich zu einem wohlge-
fälligen Lächeln.

Der also Bewunderte nannte sich Bartja 103), war
der Sohn des verstorbenen und der Bruder des regieren-
den Großkönigs von Persien, und hatte der Natur Alles
zu danken, was sich ein zwanzigjähriges Herz nur immer
zu wünschen vermag.

Unter dem blauen und weißen Bunde, welcher seine
Tiara umwand, quollen dichte, goldblonde Haare in üppi-
gen Locken hervor, -- seine blauen Augen sprühten Leben,
Lust, Güte und Keckheit, ja Uebermuth; sein edles, vom
werdenden Barte umflaumtes Gesicht wäre des Meißels
eines griechischen Künstlers würdig gewesen, und seine
schlanke, muskulöse Gestalt verrieth hohe Kraft und Ge-
wandtheit. Eben so groß als seine Schönheit war die
Pracht seiner Kleidung. Jn der Mitte der Tiara, welche
er trug, prangte ein großer Stern von Diamanten und
Türkisen. Sein bis über die Knie reichendes Obergewand

Das ziemlich lange Fahrzeug war reich übergoldet
und trug auf ſeinem Schnabel das ſilberne Bild eines
Sperbers. Jn der Mitte der Barke erhob ſich ein golde-
ner Baldachin mit purpurnem Himmel. Unter demſelben
ſtreckten ſich lange Polſter. Jm Vordertheile des Schiffes
ſaßen an den Borden je zwölf Ruderknechte, deren Schurze
von koſtbaren Tragbändern gehalten wurden 102).

Unter dem Baldachin lagen ſechs Männer, herrlich
gekleidet und ſtattlich anzuſchauen. Ehe noch die Barke
angelegt hatte, ſprang, als erſter von ihnen, der Jüngſte
von Allen, — ein glänzend ſchöner Blondkopf auf die
Landungstreppe.

Bei ſeinem Anblicke entwand ſich manchem ägyptiſchen
Mädchenmunde ein gedehntes „Ah“, und ſelbſt der ernſte
Blick einiger Würdenträger erhellte ſich zu einem wohlge-
fälligen Lächeln.

Der alſo Bewunderte nannte ſich Bartja 103), war
der Sohn des verſtorbenen und der Bruder des regieren-
den Großkönigs von Perſien, und hatte der Natur Alles
zu danken, was ſich ein zwanzigjähriges Herz nur immer
zu wünſchen vermag.

Unter dem blauen und weißen Bunde, welcher ſeine
Tiara umwand, quollen dichte, goldblonde Haare in üppi-
gen Locken hervor, — ſeine blauen Augen ſprühten Leben,
Luſt, Güte und Keckheit, ja Uebermuth; ſein edles, vom
werdenden Barte umflaumtes Geſicht wäre des Meißels
eines griechiſchen Künſtlers würdig geweſen, und ſeine
ſchlanke, muskulöſe Geſtalt verrieth hohe Kraft und Ge-
wandtheit. Eben ſo groß als ſeine Schönheit war die
Pracht ſeiner Kleidung. Jn der Mitte der Tiara, welche
er trug, prangte ein großer Stern von Diamanten und
Türkiſen. Sein bis über die Knie reichendes Obergewand

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[60/0078] Das ziemlich lange Fahrzeug war reich übergoldet und trug auf ſeinem Schnabel das ſilberne Bild eines Sperbers. Jn der Mitte der Barke erhob ſich ein golde- ner Baldachin mit purpurnem Himmel. Unter demſelben ſtreckten ſich lange Polſter. Jm Vordertheile des Schiffes ſaßen an den Borden je zwölf Ruderknechte, deren Schurze von koſtbaren Tragbändern gehalten wurden 102). Unter dem Baldachin lagen ſechs Männer, herrlich gekleidet und ſtattlich anzuſchauen. Ehe noch die Barke angelegt hatte, ſprang, als erſter von ihnen, der Jüngſte von Allen, — ein glänzend ſchöner Blondkopf auf die Landungstreppe. Bei ſeinem Anblicke entwand ſich manchem ägyptiſchen Mädchenmunde ein gedehntes „Ah“, und ſelbſt der ernſte Blick einiger Würdenträger erhellte ſich zu einem wohlge- fälligen Lächeln. Der alſo Bewunderte nannte ſich Bartja 103), war der Sohn des verſtorbenen und der Bruder des regieren- den Großkönigs von Perſien, und hatte der Natur Alles zu danken, was ſich ein zwanzigjähriges Herz nur immer zu wünſchen vermag. Unter dem blauen und weißen Bunde, welcher ſeine Tiara umwand, quollen dichte, goldblonde Haare in üppi- gen Locken hervor, — ſeine blauen Augen ſprühten Leben, Luſt, Güte und Keckheit, ja Uebermuth; ſein edles, vom werdenden Barte umflaumtes Geſicht wäre des Meißels eines griechiſchen Künſtlers würdig geweſen, und ſeine ſchlanke, muskulöſe Geſtalt verrieth hohe Kraft und Ge- wandtheit. Eben ſo groß als ſeine Schönheit war die Pracht ſeiner Kleidung. Jn der Mitte der Tiara, welche er trug, prangte ein großer Stern von Diamanten und Türkiſen. Sein bis über die Knie reichendes Obergewand

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Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/78>, abgerufen am 27.04.2024.