Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

hoch angeschwollenen Nilarm, welcher die Mauern von Sais
zur Ueberschwemmungszeit bespülte, geworfen werde; eine
Besorgniß, die sich in mehreren Fällen als gerechtfertigt
erwies.

An der breiten, mit Sphinxen besetzten Ufertreppe,
dem Landungsplatze der königlichen Barken, befand sich
eine Versammlung anderer Art.

Hier saßen auf den steinernen Bänken die vornehm-
sten Priester in langen weißen Gewändern, Binden von
gleicher Farbe um das Haupt und lange Stäbe in der
Hand tragend. Jn ihrer Mitte zeichnete sich der Ober-
richter, durch eine wallende Straußenfeder am Kopfputze
und ein kostbares Amulet von Saphir, welches an einer
goldenen Kette auf seiner Brust hing, absonderlich aus 94).

Die Obersten der ägyptischen Armee trugen bunte
Waffenröcke 95) und in den Gürtelbinden kurze Schwerter.
Eine Abtheilung der Leibwache mit Streitäxten, Dolchen,
Bogen und großen Schildern bewehrt, war zur rechten
Seite der Treppe aufgestellt; zur Linken standen grie-
chische Söldner in ionischem Waffenschmucke. Jhr neuer
Anführer, der uns wohlbekannte Aristomachos, stand mit
einigen griechischen Unterbefehlshabern, von den Aegyp-
tern gesondert, neben den kolossalen Bildsäulen Psam-
tik I., welche, dem Strome zugekehrt, auf dem Platze über
der Treppe aufgestellt waren. Vor diesen saß auf einem
silbernen Stuhle der Thronfolger Psamtik, in einem eng
anliegenden golddurchwirkten bunten Rocke 96), umgeben von
den vornehmsten Höflingen, Kämmerern, Räthen und
Freunden des Königs, welche Stäbe mit Pfauenfedern und
goldenen Lotosblumen in den Händen trugen 97).

Die Menge des Volkes gab schon lange schreiend, sin-
gend und krakehlend verständliche Zeichen der Ungeduld von

hoch angeſchwollenen Nilarm, welcher die Mauern von Sais
zur Ueberſchwemmungszeit beſpülte, geworfen werde; eine
Beſorgniß, die ſich in mehreren Fällen als gerechtfertigt
erwies.

An der breiten, mit Sphinxen beſetzten Ufertreppe,
dem Landungsplatze der königlichen Barken, befand ſich
eine Verſammlung anderer Art.

Hier ſaßen auf den ſteinernen Bänken die vornehm-
ſten Prieſter in langen weißen Gewändern, Binden von
gleicher Farbe um das Haupt und lange Stäbe in der
Hand tragend. Jn ihrer Mitte zeichnete ſich der Ober-
richter, durch eine wallende Straußenfeder am Kopfputze
und ein koſtbares Amulet von Saphir, welches an einer
goldenen Kette auf ſeiner Bruſt hing, abſonderlich aus 94).

Die Oberſten der ägyptiſchen Armee trugen bunte
Waffenröcke 95) und in den Gürtelbinden kurze Schwerter.
Eine Abtheilung der Leibwache mit Streitäxten, Dolchen,
Bogen und großen Schildern bewehrt, war zur rechten
Seite der Treppe aufgeſtellt; zur Linken ſtanden grie-
chiſche Söldner in ioniſchem Waffenſchmucke. Jhr neuer
Anführer, der uns wohlbekannte Ariſtomachos, ſtand mit
einigen griechiſchen Unterbefehlshabern, von den Aegyp-
tern geſondert, neben den koloſſalen Bildſäulen Pſam-
tik I., welche, dem Strome zugekehrt, auf dem Platze über
der Treppe aufgeſtellt waren. Vor dieſen ſaß auf einem
ſilbernen Stuhle der Thronfolger Pſamtik, in einem eng
anliegenden golddurchwirkten bunten Rocke 96), umgeben von
den vornehmſten Höflingen, Kämmerern, Räthen und
Freunden des Königs, welche Stäbe mit Pfauenfedern und
goldenen Lotosblumen in den Händen trugen 97).

Die Menge des Volkes gab ſchon lange ſchreiend, ſin-
gend und krakehlend verſtändliche Zeichen der Ungeduld von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0076" n="58"/>
hoch ange&#x017F;chwollenen Nilarm, welcher die Mauern von Sais<lb/>
zur Ueber&#x017F;chwemmungszeit be&#x017F;pülte, geworfen werde; eine<lb/>
Be&#x017F;orgniß, die &#x017F;ich in mehreren Fällen als gerechtfertigt<lb/>
erwies.</p><lb/>
        <p>An der breiten, mit Sphinxen be&#x017F;etzten Ufertreppe,<lb/>
dem Landungsplatze der königlichen Barken, befand &#x017F;ich<lb/>
eine Ver&#x017F;ammlung anderer Art.</p><lb/>
        <p>Hier &#x017F;aßen auf den &#x017F;teinernen Bänken die vornehm-<lb/>
&#x017F;ten Prie&#x017F;ter in langen weißen Gewändern, Binden von<lb/>
gleicher Farbe um das Haupt und lange Stäbe in der<lb/>
Hand tragend. Jn ihrer Mitte zeichnete &#x017F;ich der Ober-<lb/>
richter, durch eine wallende Straußenfeder am Kopfputze<lb/>
und ein ko&#x017F;tbares Amulet von Saphir, welches an einer<lb/>
goldenen Kette auf &#x017F;einer Bru&#x017F;t hing, ab&#x017F;onderlich aus <hi rendition="#sup">94</hi>).</p><lb/>
        <p>Die Ober&#x017F;ten der ägypti&#x017F;chen Armee trugen bunte<lb/>
Waffenröcke <hi rendition="#sup">95</hi>) und in den Gürtelbinden kurze Schwerter.<lb/>
Eine Abtheilung der Leibwache mit Streitäxten, Dolchen,<lb/>
Bogen und großen Schildern bewehrt, war zur rechten<lb/>
Seite der Treppe aufge&#x017F;tellt; zur Linken &#x017F;tanden grie-<lb/>
chi&#x017F;che Söldner in ioni&#x017F;chem Waffen&#x017F;chmucke. Jhr neuer<lb/>
Anführer, der uns wohlbekannte Ari&#x017F;tomachos, &#x017F;tand mit<lb/>
einigen griechi&#x017F;chen Unterbefehlshabern, von den Aegyp-<lb/>
tern ge&#x017F;ondert, neben den kolo&#x017F;&#x017F;alen Bild&#x017F;äulen P&#x017F;am-<lb/>
tik <hi rendition="#aq">I.,</hi> welche, dem Strome zugekehrt, auf dem Platze über<lb/>
der Treppe aufge&#x017F;tellt waren. Vor die&#x017F;en &#x017F;aß auf einem<lb/>
&#x017F;ilbernen Stuhle der Thronfolger P&#x017F;amtik, in einem eng<lb/>
anliegenden golddurchwirkten bunten Rocke <hi rendition="#sup">96</hi>), umgeben von<lb/>
den vornehm&#x017F;ten Höflingen, Kämmerern, Räthen und<lb/>
Freunden des Königs, welche Stäbe mit Pfauenfedern und<lb/>
goldenen Lotosblumen in den Händen trugen <hi rendition="#sup">97</hi>).</p><lb/>
        <p>Die Menge des Volkes gab &#x017F;chon lange &#x017F;chreiend, &#x017F;in-<lb/>
gend und krakehlend ver&#x017F;tändliche Zeichen der Ungeduld von<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0076] hoch angeſchwollenen Nilarm, welcher die Mauern von Sais zur Ueberſchwemmungszeit beſpülte, geworfen werde; eine Beſorgniß, die ſich in mehreren Fällen als gerechtfertigt erwies. An der breiten, mit Sphinxen beſetzten Ufertreppe, dem Landungsplatze der königlichen Barken, befand ſich eine Verſammlung anderer Art. Hier ſaßen auf den ſteinernen Bänken die vornehm- ſten Prieſter in langen weißen Gewändern, Binden von gleicher Farbe um das Haupt und lange Stäbe in der Hand tragend. Jn ihrer Mitte zeichnete ſich der Ober- richter, durch eine wallende Straußenfeder am Kopfputze und ein koſtbares Amulet von Saphir, welches an einer goldenen Kette auf ſeiner Bruſt hing, abſonderlich aus 94). Die Oberſten der ägyptiſchen Armee trugen bunte Waffenröcke 95) und in den Gürtelbinden kurze Schwerter. Eine Abtheilung der Leibwache mit Streitäxten, Dolchen, Bogen und großen Schildern bewehrt, war zur rechten Seite der Treppe aufgeſtellt; zur Linken ſtanden grie- chiſche Söldner in ioniſchem Waffenſchmucke. Jhr neuer Anführer, der uns wohlbekannte Ariſtomachos, ſtand mit einigen griechiſchen Unterbefehlshabern, von den Aegyp- tern geſondert, neben den koloſſalen Bildſäulen Pſam- tik I., welche, dem Strome zugekehrt, auf dem Platze über der Treppe aufgeſtellt waren. Vor dieſen ſaß auf einem ſilbernen Stuhle der Thronfolger Pſamtik, in einem eng anliegenden golddurchwirkten bunten Rocke 96), umgeben von den vornehmſten Höflingen, Kämmerern, Räthen und Freunden des Königs, welche Stäbe mit Pfauenfedern und goldenen Lotosblumen in den Händen trugen 97). Die Menge des Volkes gab ſchon lange ſchreiend, ſin- gend und krakehlend verſtändliche Zeichen der Ungeduld von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/76
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/76>, abgerufen am 27.04.2024.