"Daß mir der hellenische Ränkeschmied nicht entgehen konnte, wenn sich nicht, gegen jedes Herkommen, der Ge- sandte einer fremden Macht zum Retter jenes von uns zum Tode Verurtheilten aufgeworfen hätte."
"Du irrst, mein Sohn! Hier ist von keiner Voll- streckung eines Richterspruches, sondern von dem Gelingen oder Mißglücken einer persönlichen Rache die Rede."
"Die Werkzeuge derselben waren aber die Beamten des Königs, und darum ist das Geringste, was ich zu meiner Genugthuung von Dir fordern muß, daß Du den König von Persien um die Bestrafung eines Mannes er- suchst, welcher sich unberufen in die Vollstreckung Deiner Befehle mischte. Solches Vergehen wird in Persien, wo sich vor dem Willen des Königs Alles wie vor der Gott- heit beugt 192), seine rechte Würdigung finden. Kambyses ist uns eine Bestrafung des Gyges schuldig."
"Jch aber werde keineswegs eine solche beantragen, denn ich muß bekennen, daß ich mich herzlich über die Rettung des Phanes freue. Gyges hat meine Seele vor dem Vorwurf, unschuldiges Blut vergossen zu haben, be- wahrt, und Dich verhindert, gemeine Rache an einem Manne zu nehmen, dem Dein Vater verpflichtet ist."
"So willst Du Kambyses den ganzen Vorfall ver- schweigen?"
"Nein! Jch werde ihm denselben in einem Briefe scherzhaft, wie das meine Art ist, darstellen und ihn zu gleicher Zeit vor Phanes warnen. Jch will ihn darauf vorbereiten, daß sich derselbe, unserer Rache mit knapper Noth entgangen, bemühen werde, die Macht der Perser gegen Aegypten aufzureizen, und meinen Schwiegersohn ersuchen, dem Verläumder sein Ohr zu verschließen. Die
„Die feinſten Gewebe zerreißen am leichteſten.“
„Daß mir der helleniſche Ränkeſchmied nicht entgehen konnte, wenn ſich nicht, gegen jedes Herkommen, der Ge- ſandte einer fremden Macht zum Retter jenes von uns zum Tode Verurtheilten aufgeworfen hätte.“
„Du irrſt, mein Sohn! Hier iſt von keiner Voll- ſtreckung eines Richterſpruches, ſondern von dem Gelingen oder Mißglücken einer perſönlichen Rache die Rede.“
„Die Werkzeuge derſelben waren aber die Beamten des Königs, und darum iſt das Geringſte, was ich zu meiner Genugthuung von Dir fordern muß, daß Du den König von Perſien um die Beſtrafung eines Mannes er- ſuchſt, welcher ſich unberufen in die Vollſtreckung Deiner Befehle miſchte. Solches Vergehen wird in Perſien, wo ſich vor dem Willen des Königs Alles wie vor der Gott- heit beugt 192), ſeine rechte Würdigung finden. Kambyſes iſt uns eine Beſtrafung des Gyges ſchuldig.“
„Jch aber werde keineswegs eine ſolche beantragen, denn ich muß bekennen, daß ich mich herzlich über die Rettung des Phanes freue. Gyges hat meine Seele vor dem Vorwurf, unſchuldiges Blut vergoſſen zu haben, be- wahrt, und Dich verhindert, gemeine Rache an einem Manne zu nehmen, dem Dein Vater verpflichtet iſt.“
„So willſt Du Kambyſes den ganzen Vorfall ver- ſchweigen?“
„Nein! Jch werde ihm denſelben in einem Briefe ſcherzhaft, wie das meine Art iſt, darſtellen und ihn zu gleicher Zeit vor Phanes warnen. Jch will ihn darauf vorbereiten, daß ſich derſelbe, unſerer Rache mit knapper Noth entgangen, bemühen werde, die Macht der Perſer gegen Aegypten aufzureizen, und meinen Schwiegerſohn erſuchen, dem Verläumder ſein Ohr zu verſchließen. Die
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„Die feinſten Gewebe zerreißen am leichteſten.“
„Daß mir der helleniſche Ränkeſchmied nicht entgehen
konnte, wenn ſich nicht, gegen jedes Herkommen, der Ge-
ſandte einer fremden Macht zum Retter jenes von uns zum
Tode Verurtheilten aufgeworfen hätte.“
„Du irrſt, mein Sohn! Hier iſt von keiner Voll-
ſtreckung eines Richterſpruches, ſondern von dem Gelingen
oder Mißglücken einer perſönlichen Rache die Rede.“
„Die Werkzeuge derſelben waren aber die Beamten
des Königs, und darum iſt das Geringſte, was ich zu
meiner Genugthuung von Dir fordern muß, daß Du den
König von Perſien um die Beſtrafung eines Mannes er-
ſuchſt, welcher ſich unberufen in die Vollſtreckung Deiner
Befehle miſchte. Solches Vergehen wird in Perſien, wo
ſich vor dem Willen des Königs Alles wie vor der Gott-
heit beugt 192), ſeine rechte Würdigung finden. Kambyſes
iſt uns eine Beſtrafung des Gyges ſchuldig.“
„Jch aber werde keineswegs eine ſolche beantragen,
denn ich muß bekennen, daß ich mich herzlich über die
Rettung des Phanes freue. Gyges hat meine Seele vor
dem Vorwurf, unſchuldiges Blut vergoſſen zu haben, be-
wahrt, und Dich verhindert, gemeine Rache an einem
Manne zu nehmen, dem Dein Vater verpflichtet iſt.“
„So willſt Du Kambyſes den ganzen Vorfall ver-
ſchweigen?“
„Nein! Jch werde ihm denſelben in einem Briefe
ſcherzhaft, wie das meine Art iſt, darſtellen und ihn zu
gleicher Zeit vor Phanes warnen. Jch will ihn darauf
vorbereiten, daß ſich derſelbe, unſerer Rache mit knapper
Noth entgangen, bemühen werde, die Macht der Perſer
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Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/167>, abgerufen am 22.07.2024.
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