Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864.

Bild:
<< vorherige Seite

keit und möchte Dich, meinen Sohn, nicht verabscheuen
müssen. Wie fröhlich Du aussiehst! Armer Athener, Dir
wäre besser, Du hättest niemals dieses Land betreten!"

Als Psamtik die Halle seines Vaters verlassen hatte,
ging dieser noch lange sinnend in derselben auf und ab.
Seine Nachgiebigkeit that ihm leid und es war ihm schon
jetzt, als sähe er den blutenden Phanes neben dem Schat-
ten des von ihm gestürzten Hophra vor sich stehen. "Aber
er konnte uns in der That zu Grunde richten," entschul-
digte er sich vor dem Richter in seiner eigenen Brust;
dann schüttelte er sich, richtete sich hoch empor, rief den
Dienern und verließ lachenden Mundes seine Gemächer.

Hatte der leichtblütige Mann, das Glückskind, seine
mahnende Seele so schnell beruhigt, oder war er stark ge-
nug, um die Pein, welche er ausstand, mit dem Mantel
eines Lächelns zu verbergen?



keit und möchte Dich, meinen Sohn, nicht verabſcheuen
müſſen. Wie fröhlich Du ausſiehſt! Armer Athener, Dir
wäre beſſer, Du hätteſt niemals dieſes Land betreten!“

Als Pſamtik die Halle ſeines Vaters verlaſſen hatte,
ging dieſer noch lange ſinnend in derſelben auf und ab.
Seine Nachgiebigkeit that ihm leid und es war ihm ſchon
jetzt, als ſähe er den blutenden Phanes neben dem Schat-
ten des von ihm geſtürzten Hophra vor ſich ſtehen. „Aber
er konnte uns in der That zu Grunde richten,“ entſchul-
digte er ſich vor dem Richter in ſeiner eigenen Bruſt;
dann ſchüttelte er ſich, richtete ſich hoch empor, rief den
Dienern und verließ lachenden Mundes ſeine Gemächer.

Hatte der leichtblütige Mann, das Glückskind, ſeine
mahnende Seele ſo ſchnell beruhigt, oder war er ſtark ge-
nug, um die Pein, welche er ausſtand, mit dem Mantel
eines Lächelns zu verbergen?



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0114" n="96"/>
keit und möchte Dich, meinen Sohn, nicht verab&#x017F;cheuen<lb/>&#x017F;&#x017F;en. Wie fröhlich Du aus&#x017F;ieh&#x017F;t! Armer Athener, Dir<lb/>
wäre be&#x017F;&#x017F;er, Du hätte&#x017F;t niemals die&#x017F;es Land betreten!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Als P&#x017F;amtik die Halle &#x017F;eines Vaters verla&#x017F;&#x017F;en hatte,<lb/>
ging die&#x017F;er noch lange &#x017F;innend in der&#x017F;elben auf und ab.<lb/>
Seine Nachgiebigkeit that ihm leid und es war ihm &#x017F;chon<lb/>
jetzt, als &#x017F;ähe er den blutenden Phanes neben dem Schat-<lb/>
ten des von ihm ge&#x017F;türzten Hophra vor &#x017F;ich &#x017F;tehen. &#x201E;Aber<lb/>
er konnte uns in der That zu Grunde richten,&#x201C; ent&#x017F;chul-<lb/>
digte er &#x017F;ich vor dem Richter in &#x017F;einer eigenen Bru&#x017F;t;<lb/>
dann &#x017F;chüttelte er &#x017F;ich, richtete &#x017F;ich hoch empor, rief den<lb/>
Dienern und verließ lachenden Mundes &#x017F;eine Gemächer.</p><lb/>
        <p>Hatte der leichtblütige Mann, das Glückskind, &#x017F;eine<lb/>
mahnende Seele &#x017F;o &#x017F;chnell beruhigt, oder war er &#x017F;tark ge-<lb/>
nug, um die Pein, welche er aus&#x017F;tand, mit dem Mantel<lb/>
eines Lächelns zu verbergen?</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0114] keit und möchte Dich, meinen Sohn, nicht verabſcheuen müſſen. Wie fröhlich Du ausſiehſt! Armer Athener, Dir wäre beſſer, Du hätteſt niemals dieſes Land betreten!“ Als Pſamtik die Halle ſeines Vaters verlaſſen hatte, ging dieſer noch lange ſinnend in derſelben auf und ab. Seine Nachgiebigkeit that ihm leid und es war ihm ſchon jetzt, als ſähe er den blutenden Phanes neben dem Schat- ten des von ihm geſtürzten Hophra vor ſich ſtehen. „Aber er konnte uns in der That zu Grunde richten,“ entſchul- digte er ſich vor dem Richter in ſeiner eigenen Bruſt; dann ſchüttelte er ſich, richtete ſich hoch empor, rief den Dienern und verließ lachenden Mundes ſeine Gemächer. Hatte der leichtblütige Mann, das Glückskind, ſeine mahnende Seele ſo ſchnell beruhigt, oder war er ſtark ge- nug, um die Pein, welche er ausſtand, mit dem Mantel eines Lächelns zu verbergen?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/114
Zitationshilfe: Ebers, Georg: Eine Aegyptische Königstochter. Bd. 1. Stuttgart, 1864, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebers_koenigstochter01_1864/114>, abgerufen am 24.11.2024.