Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Geburt des Menschen
Daran der Gottheit Macht und Weisheit zu erse-
hen.

Seht euch nur selbsten an, was wart ihr vor ein
Bild,

Da euch die Dunkelheit im Mutterleib verhüllt,
Da ihr noch wie ein Kneul, wie zartes Garn ge-
wunden,

Daraus des Höchsten Hand den Körper so verbun-
den,

Wie ihr euch jezo seht? Wie sind wir nicht ge-
webt,

Als wie ein zartes Garn, das an einander klebt?
Es must auf GOttes Wink des Leibes Stük, die
Sehnen,

Die Knochen, Knorpeln, Haut sich immer weiter
dehnen.

Es ward das Eingeweid durch seine Wunder-
hand,

Gedärme, Adern, Bauch als wie ein Nez ge-
spannt,

So künstlich durchgewirkt, und so genau verstrik-
ket,

Daß nichts aus seinem Siz und Lage weggerük-
ket.

Anbetenswürdigs All! hier sieht man deine Macht,
Hier merket man dein Aug das über uns gewacht,
So lang wir in dem Schoos der Mutter einge-
schlossen,

Und in der finstern Klufft das Blut zum Trank
genossen.

Verkehrter Atheist, du Ungeheur der Welt,
Was schließt dein eitler Wahn, wenn du dir vor-
gestellt,

Wie
Die Geburt des Menſchen
Daran der Gottheit Macht und Weisheit zu erſe-
hen.

Seht euch nur ſelbſten an, was wart ihr vor ein
Bild,

Da euch die Dunkelheit im Mutterleib verhuͤllt,
Da ihr noch wie ein Kneul, wie zartes Garn ge-
wunden,

Daraus des Hoͤchſten Hand den Koͤrper ſo verbun-
den,

Wie ihr euch jezo ſeht? Wie ſind wir nicht ge-
webt,

Als wie ein zartes Garn, das an einander klebt?
Es muſt auf GOttes Wink des Leibes Stuͤk, die
Sehnen,

Die Knochen, Knorpeln, Haut ſich immer weiter
dehnen.

Es ward das Eingeweid durch ſeine Wunder-
hand,

Gedaͤrme, Adern, Bauch als wie ein Nez ge-
ſpannt,

So kuͤnſtlich durchgewirkt, und ſo genau verſtrik-
ket,

Daß nichts aus ſeinem Siz und Lage weggeruͤk-
ket.

Anbetenswuͤrdigs All! hier ſieht man deine Macht,
Hier merket man dein Aug das uͤber uns gewacht,
So lang wir in dem Schoos der Mutter einge-
ſchloſſen,

Und in der finſtern Klufft das Blut zum Trank
genoſſen.

Verkehrter Atheiſt, du Ungeheur der Welt,
Was ſchließt dein eitler Wahn, wenn du dir vor-
geſtellt,

Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0080" n="64"/>
          <fw place="top" type="header">Die Geburt des Men&#x017F;chen</fw><lb/>
          <l>Daran der Gottheit Macht und Weisheit zu er&#x017F;e-<lb/><hi rendition="#et">hen.</hi></l><lb/>
          <l>Seht euch nur &#x017F;elb&#x017F;ten an, was wart ihr vor ein<lb/><hi rendition="#et">Bild,</hi></l><lb/>
          <l>Da euch die Dunkelheit im Mutterleib verhu&#x0364;llt,</l><lb/>
          <l>Da ihr noch wie ein Kneul, wie zartes Garn ge-<lb/><hi rendition="#et">wunden,</hi></l><lb/>
          <l>Daraus des Ho&#x0364;ch&#x017F;ten Hand den Ko&#x0364;rper &#x017F;o verbun-<lb/><hi rendition="#et">den,</hi></l><lb/>
          <l>Wie ihr euch jezo &#x017F;eht? Wie &#x017F;ind wir nicht ge-<lb/><hi rendition="#et">webt,</hi></l><lb/>
          <l>Als wie ein zartes Garn, das an einander klebt?</l><lb/>
          <l>Es mu&#x017F;t auf <hi rendition="#fr">GOttes</hi> Wink des Leibes Stu&#x0364;k, die<lb/><hi rendition="#et">Sehnen,</hi></l><lb/>
          <l>Die Knochen, Knorpeln, Haut &#x017F;ich immer weiter<lb/><hi rendition="#et">dehnen.</hi></l><lb/>
          <l>Es ward das Eingeweid durch &#x017F;eine Wunder-<lb/><hi rendition="#et">hand,</hi></l><lb/>
          <l>Geda&#x0364;rme, Adern, Bauch als wie ein Nez ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;pannt,</hi></l><lb/>
          <l>So ku&#x0364;n&#x017F;tlich durchgewirkt, und &#x017F;o genau ver&#x017F;trik-<lb/><hi rendition="#et">ket,</hi></l><lb/>
          <l>Daß nichts aus &#x017F;einem Siz und Lage weggeru&#x0364;k-<lb/><hi rendition="#et">ket.</hi></l><lb/>
          <l>Anbetenswu&#x0364;rdigs All! hier &#x017F;ieht man deine Macht,</l><lb/>
          <l>Hier merket man dein Aug das u&#x0364;ber uns gewacht,</l><lb/>
          <l>So lang wir in dem Schoos der Mutter einge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
          <l>Und in der fin&#x017F;tern Klufft das Blut zum Trank<lb/><hi rendition="#et">geno&#x017F;&#x017F;en.</hi></l><lb/>
          <l>Verkehrter Athei&#x017F;t, du Ungeheur der Welt,</l><lb/>
          <l>Was &#x017F;chließt dein eitler Wahn, wenn du dir vor-<lb/><hi rendition="#et">ge&#x017F;tellt,</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0080] Die Geburt des Menſchen Daran der Gottheit Macht und Weisheit zu erſe- hen. Seht euch nur ſelbſten an, was wart ihr vor ein Bild, Da euch die Dunkelheit im Mutterleib verhuͤllt, Da ihr noch wie ein Kneul, wie zartes Garn ge- wunden, Daraus des Hoͤchſten Hand den Koͤrper ſo verbun- den, Wie ihr euch jezo ſeht? Wie ſind wir nicht ge- webt, Als wie ein zartes Garn, das an einander klebt? Es muſt auf GOttes Wink des Leibes Stuͤk, die Sehnen, Die Knochen, Knorpeln, Haut ſich immer weiter dehnen. Es ward das Eingeweid durch ſeine Wunder- hand, Gedaͤrme, Adern, Bauch als wie ein Nez ge- ſpannt, So kuͤnſtlich durchgewirkt, und ſo genau verſtrik- ket, Daß nichts aus ſeinem Siz und Lage weggeruͤk- ket. Anbetenswuͤrdigs All! hier ſieht man deine Macht, Hier merket man dein Aug das uͤber uns gewacht, So lang wir in dem Schoos der Mutter einge- ſchloſſen, Und in der finſtern Klufft das Blut zum Trank genoſſen. Verkehrter Atheiſt, du Ungeheur der Welt, Was ſchließt dein eitler Wahn, wenn du dir vor- geſtellt, Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/80
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/80>, abgerufen am 03.05.2024.