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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

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Der Unglaube.
Er wünschet, und die Furcht der Henker banger
Seelen,

Sagt immer stets voraus, er müß sein Ziel verfeh-
len.

Wer seinen GOtt nicht kennt, und dessen Herrlig-
keit,

Die uns in Leiden Trost, in Unglük Hülf an-
beut,

Der ist den Schiffern gleich, die auf den wilden
Wellen,

Bei tobenden Orcan, bald auf, bald nieder schwel-
len,

Nicht wissen wo sie seyn. Bald wirfft der Sturm
der See,

Der lauter Wirbel regt, ihr Schiflein in die
Höh,

Bald stößt des Wassers Fall sie nieder, da sie sin-
ken,

Bis daß sie endlich drauf den bittren Todt eintrin-
ken,

Weil Mast und Anker fehlt. Ein Mensch der kei-
nen GOtt,

Der weise, mächtig kennt, der hat bei banger
Noth,

Auch keine Zuversicht, und was muß denn entste-
hen?

Er muß in Zweiffelung zulezt noch untergehen.
Der Unglaub ist daher die Mutter aller Wehn,
Und wer denselben hegt, der kan kein Mittel sehn,
Dadurch man Ruh erlangt: Denn worauf er ver-
trauet,

Das ist ein leichter Sand. Wer auf den Sand
gebauet,

Der
Der Unglaube.
Er wuͤnſchet, und die Furcht der Henker banger
Seelen,

Sagt immer ſtets voraus, er muͤß ſein Ziel verfeh-
len.

Wer ſeinen GOtt nicht kennt, und deſſen Herrlig-
keit,

Die uns in Leiden Troſt, in Ungluͤk Huͤlf an-
beut,

Der iſt den Schiffern gleich, die auf den wilden
Wellen,

Bei tobenden Orcan, bald auf, bald nieder ſchwel-
len,

Nicht wiſſen wo ſie ſeyn. Bald wirfft der Sturm
der See,

Der lauter Wirbel regt, ihr Schiflein in die
Hoͤh,

Bald ſtoͤßt des Waſſers Fall ſie nieder, da ſie ſin-
ken,

Bis daß ſie endlich drauf den bittren Todt eintrin-
ken,

Weil Maſt und Anker fehlt. Ein Menſch der kei-
nen GOtt,

Der weiſe, maͤchtig kennt, der hat bei banger
Noth,

Auch keine Zuverſicht, und was muß denn entſte-
hen?

Er muß in Zweiffelung zulezt noch untergehen.
Der Unglaub iſt daher die Mutter aller Wehn,
Und wer denſelben hegt, der kan kein Mittel ſehn,
Dadurch man Ruh erlangt: Denn worauf er ver-
trauet,

Das iſt ein leichter Sand. Wer auf den Sand
gebauet,

Der
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[155/0171] Der Unglaube. Er wuͤnſchet, und die Furcht der Henker banger Seelen, Sagt immer ſtets voraus, er muͤß ſein Ziel verfeh- len. Wer ſeinen GOtt nicht kennt, und deſſen Herrlig- keit, Die uns in Leiden Troſt, in Ungluͤk Huͤlf an- beut, Der iſt den Schiffern gleich, die auf den wilden Wellen, Bei tobenden Orcan, bald auf, bald nieder ſchwel- len, Nicht wiſſen wo ſie ſeyn. Bald wirfft der Sturm der See, Der lauter Wirbel regt, ihr Schiflein in die Hoͤh, Bald ſtoͤßt des Waſſers Fall ſie nieder, da ſie ſin- ken, Bis daß ſie endlich drauf den bittren Todt eintrin- ken, Weil Maſt und Anker fehlt. Ein Menſch der kei- nen GOtt, Der weiſe, maͤchtig kennt, der hat bei banger Noth, Auch keine Zuverſicht, und was muß denn entſte- hen? Er muß in Zweiffelung zulezt noch untergehen. Der Unglaub iſt daher die Mutter aller Wehn, Und wer denſelben hegt, der kan kein Mittel ſehn, Dadurch man Ruh erlangt: Denn worauf er ver- trauet, Das iſt ein leichter Sand. Wer auf den Sand gebauet, Der

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/171>, abgerufen am 05.05.2024.