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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

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Die Klugheit.

Dinge die da herrlich scheinen,
Sind nicht allzeit, wie wir meinen,
Nach den innren Wesen schön,
Als wir sie von aussen sehn.

Oefters ist es blos ein Schatten,
Dabei Licht und Schein sich gatten,
Der der Einbildung gefällt,
Wer darnach den Lauf anstellt,
Greiffet nur nach Wolken-Dünste,
Die wie ein gemahlt Gespinste,
Kostbar in den Augen sind,
Und doch in der That nur Wind.
Klugheit merket auf das Beste,
Traut nicht einem Glükkes-Weste,
Der hernach nur Regen bringt,
Und den Sonnenschein verdringt;
Sie sieht, eh sie wornach trachtet,
Ob das auch so wie man achtet,
Jn der That und Warheit nüzt,
Was uns in die Augen blizt.
Wenn sie sich ein Ziel erlesen,
Daran sie kein scheinend Wesen,
Sondern würklich Gut erblikt,
Wird sie nicht davon gerükt.
Sie sucht durch ein recht Bemühen
Hindernissen zu entfliehen;
Trachtet wie sie das erhält,
Was ihr würklich woll gefällt.
All
F 4

Die Klugheit.

Dinge die da herrlich ſcheinen,
Sind nicht allzeit, wie wir meinen,
Nach den innren Weſen ſchoͤn,
Als wir ſie von auſſen ſehn.

Oefters iſt es blos ein Schatten,
Dabei Licht und Schein ſich gatten,
Der der Einbildung gefaͤllt,
Wer darnach den Lauf anſtellt,
Greiffet nur nach Wolken-Duͤnſte,
Die wie ein gemahlt Geſpinſte,
Koſtbar in den Augen ſind,
Und doch in der That nur Wind.
Klugheit merket auf das Beſte,
Traut nicht einem Gluͤkkes-Weſte,
Der hernach nur Regen bringt,
Und den Sonnenſchein verdringt;
Sie ſieht, eh ſie wornach trachtet,
Ob das auch ſo wie man achtet,
Jn der That und Warheit nuͤzt,
Was uns in die Augen blizt.
Wenn ſie ſich ein Ziel erleſen,
Daran ſie kein ſcheinend Weſen,
Sondern wuͤrklich Gut erblikt,
Wird ſie nicht davon geruͤkt.
Sie ſucht durch ein recht Bemuͤhen
Hinderniſſen zu entfliehen;
Trachtet wie ſie das erhaͤlt,
Was ihr wuͤrklich woll gefaͤllt.
All
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[87/0099] Die Klugheit. Dinge die da herrlich ſcheinen, Sind nicht allzeit, wie wir meinen, Nach den innren Weſen ſchoͤn, Als wir ſie von auſſen ſehn. Oefters iſt es blos ein Schatten, Dabei Licht und Schein ſich gatten, Der der Einbildung gefaͤllt, Wer darnach den Lauf anſtellt, Greiffet nur nach Wolken-Duͤnſte, Die wie ein gemahlt Geſpinſte, Koſtbar in den Augen ſind, Und doch in der That nur Wind. Klugheit merket auf das Beſte, Traut nicht einem Gluͤkkes-Weſte, Der hernach nur Regen bringt, Und den Sonnenſchein verdringt; Sie ſieht, eh ſie wornach trachtet, Ob das auch ſo wie man achtet, Jn der That und Warheit nuͤzt, Was uns in die Augen blizt. Wenn ſie ſich ein Ziel erleſen, Daran ſie kein ſcheinend Weſen, Sondern wuͤrklich Gut erblikt, Wird ſie nicht davon geruͤkt. Sie ſucht durch ein recht Bemuͤhen Hinderniſſen zu entfliehen; Trachtet wie ſie das erhaͤlt, Was ihr wuͤrklich woll gefaͤllt. All F 4

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/99>, abgerufen am 28.03.2024.