Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Der eitle Gottesdienst. Das heist ihn ehren mit den Händen,Hingegen mit dem Herz, der That Jn seiner eignen Hütte schänden. Wer seinem GOtt nur dient zum Staat, Weil es die Mode mit sich bringet, Und wer in seinem Heiligthum, Mit Seufzen blutge Hände ringet, Verdienet auch sehr schlechten Ruhm. Die Einfalt meint ein blosses Lallen, Das seufzend geht, und kläglich klingt, Das könn dem Höchsten wollgefallen, Das sey ein Dienst der Seegen bringt. Sie glaubt wer in dem Tempel gehet, Jm heilgen Schlummer sich darstellt, Vom Anfang bis zum Ende stehet, Das sey ein Dienst der GOtt gefällt: Betrogne Menschen! lernt erkennen, Das alles sey nur eitler Tand, Und noch kein Gottesdienst zu nennen, Wenn man sizt an der heilgen Wand. Wenn unbeweglich stille sizen, Ein Gottesdienst zu nennen wär, Wenns äusre ohne Herz könn nüzen, Und daß des Allerhöchsten Ehr, Befördert würde, durch das Eilen Zu seines heilgen Nahmens Haus; So würden todte Bildersäulen (Denn diese kommen nie heraus) Mit ihren wollgeschnizten Mienen, Den Höchsten mehr, als ihr verehrn, Und ihm vielmehr als Menschen dienen, Weil die dem Schein nach auch zuhörn; Ob sie gleich nichts davon empfinden, Was
Der eitle Gottesdienſt. Das heiſt ihn ehren mit den Haͤnden,Hingegen mit dem Herz, der That Jn ſeiner eignen Huͤtte ſchaͤnden. Wer ſeinem GOtt nur dient zum Staat, Weil es die Mode mit ſich bringet, Und wer in ſeinem Heiligthum, Mit Seufzen blutge Haͤnde ringet, Verdienet auch ſehr ſchlechten Ruhm. Die Einfalt meint ein bloſſes Lallen, Das ſeufzend geht, und klaͤglich klingt, Das koͤnn dem Hoͤchſten wollgefallen, Das ſey ein Dienſt der Seegen bringt. Sie glaubt wer in dem Tempel gehet, Jm heilgen Schlummer ſich darſtellt, Vom Anfang bis zum Ende ſtehet, Das ſey ein Dienſt der GOtt gefaͤllt: Betrogne Menſchen! lernt erkennen, Das alles ſey nur eitler Tand, Und noch kein Gottesdienſt zu nennen, Wenn man ſizt an der heilgen Wand. Wenn unbeweglich ſtille ſizen, Ein Gottesdienſt zu nennen waͤr, Wenns aͤuſre ohne Herz koͤnn nuͤzen, Und daß des Allerhoͤchſten Ehr, Befoͤrdert wuͤrde, durch das Eilen Zu ſeines heilgen Nahmens Haus; So wuͤrden todte Bilderſaͤulen (Denn dieſe kommen nie heraus) Mit ihren wollgeſchnizten Mienen, Den Hoͤchſten mehr, als ihr verehrn, Und ihm vielmehr als Menſchen dienen, Weil die dem Schein nach auch zuhoͤrn; Ob ſie gleich nichts davon empfinden, Was
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Der eitle Gottesdienſt.
Das heiſt ihn ehren mit den Haͤnden,
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Jn ſeiner eignen Huͤtte ſchaͤnden.
Wer ſeinem GOtt nur dient zum Staat,
Weil es die Mode mit ſich bringet,
Und wer in ſeinem Heiligthum,
Mit Seufzen blutge Haͤnde ringet,
Verdienet auch ſehr ſchlechten Ruhm.
Die Einfalt meint ein bloſſes Lallen,
Das ſeufzend geht, und klaͤglich klingt,
Das koͤnn dem Hoͤchſten wollgefallen,
Das ſey ein Dienſt der Seegen bringt.
Sie glaubt wer in dem Tempel gehet,
Jm heilgen Schlummer ſich darſtellt,
Vom Anfang bis zum Ende ſtehet,
Das ſey ein Dienſt der GOtt gefaͤllt:
Betrogne Menſchen! lernt erkennen,
Das alles ſey nur eitler Tand,
Und noch kein Gottesdienſt zu nennen,
Wenn man ſizt an der heilgen Wand.
Wenn unbeweglich ſtille ſizen,
Ein Gottesdienſt zu nennen waͤr,
Wenns aͤuſre ohne Herz koͤnn nuͤzen,
Und daß des Allerhoͤchſten Ehr,
Befoͤrdert wuͤrde, durch das Eilen
Zu ſeines heilgen Nahmens Haus;
So wuͤrden todte Bilderſaͤulen
(Denn dieſe kommen nie heraus)
Mit ihren wollgeſchnizten Mienen,
Den Hoͤchſten mehr, als ihr verehrn,
Und ihm vielmehr als Menſchen dienen,
Weil die dem Schein nach auch zuhoͤrn;
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