Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
bei denen unterschiedenen Neigungen.
Des einen Wiz zeigt sich in einem scharfen Denken;
Der kan des Geistes Aug auf kleine Puncte lenken,
Der andre sieht das nicht, und kan doch, ob er
klein,

Zu einem andern Stük, der Welt sehr nuzbar seyn.
Der hat des Geistes Kraft die Warheit zu erfinden,
Ein andrer das Geschik sie künstlich zu verbinden,
Der dritte Fähigkeit daß er sie mache kund,
Mit einem fliessenden und woll beredte[n] Mund.
Und wer sich darin übt, was ihm zum Pfund ge-
geben,

Der kan der Welt zum Nuz, und sich zum Vortheil
leben,

Ach! folgte jederman dem Triebe der Natur,
Als einer sichtbahren und ihm gezeigten Spur;
So wären in der Welt, so viele nicht zu sehen,
Die ihrem Stande nicht, wie sichs gebührt, vor-
stehen

Die Welt der grosse Staat, erfordert manchen
Stand,

Wie jedem der sie kennt, von selbsten ist bekant;
Der Länder Wollfahrt ruht auf unterschiednen
Säulen,

Der Flor des Staats besteht, aus gar verschiednen
Theilen:

Soll steter Ueberflus in einem Reiche blühn;
So muß der eine sich, der andre so bemühn.
Es wird die Handelschaft mit Tüchern und Gespin-
ste

Erfodert, und darzu gehört der Fleis der Künste,
Und der Handthierungen, und die sind mannigfalt
Nach ihrer inren Art, Beschaffenheit, Gestalt.
Wer kan die Künste all, und die Gewerbe zählen
Die diese sich erkohrn, die jene sich erwählen?
Die
J 5
bei denen unterſchiedenen Neigungen.
Des einen Wiz zeigt ſich in einem ſcharfen Denken;
Der kan des Geiſtes Aug auf kleine Puncte lenken,
Der andre ſieht das nicht, und kan doch, ob er
klein,

Zu einem andern Stuͤk, der Welt ſehr nuzbar ſeyn.
Der hat des Geiſtes Kraft die Warheit zu erfinden,
Ein andrer das Geſchik ſie kuͤnſtlich zu verbinden,
Der dritte Faͤhigkeit daß er ſie mache kund,
Mit einem flieſſenden und woll beredte[n] Mund.
Und wer ſich darin uͤbt, was ihm zum Pfund ge-
geben,

Der kan der Welt zum Nuz, und ſich zum Vortheil
leben,

Ach! folgte jederman dem Triebe der Natur,
Als einer ſichtbahren und ihm gezeigten Spur;
So waͤren in der Welt, ſo viele nicht zu ſehen,
Die ihrem Stande nicht, wie ſichs gebuͤhrt, vor-
ſtehen

Die Welt der groſſe Staat, erfordert manchen
Stand,

Wie jedem der ſie kennt, von ſelbſten iſt bekant;
Der Laͤnder Wollfahrt ruht auf unterſchiednen
Saͤulen,

Der Flor des Staats beſteht, aus gar verſchiednen
Theilen:

Soll ſteter Ueberflus in einem Reiche bluͤhn;
So muß der eine ſich, der andre ſo bemuͤhn.
Es wird die Handelſchaft mit Tuͤchern und Geſpin-
ſte

Erfodert, und darzu gehoͤrt der Fleis der Kuͤnſte,
Und der Handthierungen, und die ſind mannigfalt
Nach ihrer inren Art, Beſchaffenheit, Geſtalt.
Wer kan die Kuͤnſte all, und die Gewerbe zaͤhlen
Die dieſe ſich erkohrn, die jene ſich erwaͤhlen?
Die
J 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0149" n="137"/>
          <fw place="top" type="header">bei denen unter&#x017F;chiedenen Neigungen.</fw><lb/>
          <l>Des einen Wiz zeigt &#x017F;ich in einem &#x017F;charfen Denken;</l><lb/>
          <l>Der kan des Gei&#x017F;tes Aug auf kleine Puncte lenken,</l><lb/>
          <l>Der andre &#x017F;ieht das nicht, und kan doch, ob er<lb/><hi rendition="#et">klein,</hi></l><lb/>
          <l>Zu einem andern Stu&#x0364;k, der Welt &#x017F;ehr nuzbar &#x017F;eyn.</l><lb/>
          <l>Der hat des Gei&#x017F;tes Kraft die Warheit zu erfinden,</l><lb/>
          <l>Ein andrer das Ge&#x017F;chik &#x017F;ie ku&#x0364;n&#x017F;tlich zu verbinden,</l><lb/>
          <l>Der dritte Fa&#x0364;higkeit daß er &#x017F;ie mache kund,</l><lb/>
          <l>Mit einem flie&#x017F;&#x017F;enden und woll beredte<supplied>n</supplied> Mund.</l><lb/>
          <l>Und wer &#x017F;ich darin u&#x0364;bt, was ihm zum Pfund ge-<lb/><hi rendition="#et">geben,</hi></l><lb/>
          <l>Der kan der Welt zum Nuz, und &#x017F;ich zum Vortheil<lb/><hi rendition="#et">leben,</hi></l><lb/>
          <l>Ach! folgte jederman dem Triebe der Natur,</l><lb/>
          <l>Als einer &#x017F;ichtbahren und ihm gezeigten Spur;</l><lb/>
          <l>So wa&#x0364;ren in der Welt, &#x017F;o viele nicht zu &#x017F;ehen,</l><lb/>
          <l>Die ihrem Stande nicht, wie &#x017F;ichs gebu&#x0364;hrt, vor-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tehen</hi></l><lb/>
          <l>Die Welt der gro&#x017F;&#x017F;e Staat, erfordert manchen<lb/><hi rendition="#et">Stand,</hi></l><lb/>
          <l>Wie jedem der &#x017F;ie kennt, von &#x017F;elb&#x017F;ten i&#x017F;t bekant;</l><lb/>
          <l>Der La&#x0364;nder Wollfahrt ruht auf unter&#x017F;chiednen<lb/><hi rendition="#et">Sa&#x0364;ulen,</hi></l><lb/>
          <l>Der Flor des Staats be&#x017F;teht, aus gar ver&#x017F;chiednen<lb/><hi rendition="#et">Theilen:</hi></l><lb/>
          <l>Soll &#x017F;teter Ueberflus in einem Reiche blu&#x0364;hn;</l><lb/>
          <l>So muß der eine &#x017F;ich, der andre &#x017F;o bemu&#x0364;hn.</l><lb/>
          <l>Es wird die Handel&#x017F;chaft mit Tu&#x0364;chern und Ge&#x017F;pin-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;te</hi></l><lb/>
          <l>Erfodert, und darzu geho&#x0364;rt der Fleis der Ku&#x0364;n&#x017F;te,</l><lb/>
          <l>Und der Handthierungen, und die &#x017F;ind mannigfalt</l><lb/>
          <l>Nach ihrer inren Art, Be&#x017F;chaffenheit, Ge&#x017F;talt.</l><lb/>
          <l>Wer kan die Ku&#x0364;n&#x017F;te all, und die Gewerbe za&#x0364;hlen</l><lb/>
          <l>Die die&#x017F;e &#x017F;ich erkohrn, die jene &#x017F;ich erwa&#x0364;hlen?</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">J 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0149] bei denen unterſchiedenen Neigungen. Des einen Wiz zeigt ſich in einem ſcharfen Denken; Der kan des Geiſtes Aug auf kleine Puncte lenken, Der andre ſieht das nicht, und kan doch, ob er klein, Zu einem andern Stuͤk, der Welt ſehr nuzbar ſeyn. Der hat des Geiſtes Kraft die Warheit zu erfinden, Ein andrer das Geſchik ſie kuͤnſtlich zu verbinden, Der dritte Faͤhigkeit daß er ſie mache kund, Mit einem flieſſenden und woll beredten Mund. Und wer ſich darin uͤbt, was ihm zum Pfund ge- geben, Der kan der Welt zum Nuz, und ſich zum Vortheil leben, Ach! folgte jederman dem Triebe der Natur, Als einer ſichtbahren und ihm gezeigten Spur; So waͤren in der Welt, ſo viele nicht zu ſehen, Die ihrem Stande nicht, wie ſichs gebuͤhrt, vor- ſtehen Die Welt der groſſe Staat, erfordert manchen Stand, Wie jedem der ſie kennt, von ſelbſten iſt bekant; Der Laͤnder Wollfahrt ruht auf unterſchiednen Saͤulen, Der Flor des Staats beſteht, aus gar verſchiednen Theilen: Soll ſteter Ueberflus in einem Reiche bluͤhn; So muß der eine ſich, der andre ſo bemuͤhn. Es wird die Handelſchaft mit Tuͤchern und Geſpin- ſte Erfodert, und darzu gehoͤrt der Fleis der Kuͤnſte, Und der Handthierungen, und die ſind mannigfalt Nach ihrer inren Art, Beſchaffenheit, Geſtalt. Wer kan die Kuͤnſte all, und die Gewerbe zaͤhlen Die dieſe ſich erkohrn, die jene ſich erwaͤhlen? Die J 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/149
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/149>, abgerufen am 27.11.2024.