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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

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Die Demuth

Da sie doch sich blos befleissen,
Niederträchtig nur zu heissen:
Diese Niederträchtigkeit,
Jst ohn allen Wiederstreit,
Von der Demut weit entfernet,
Die man von dem Heiland lernet.

Demuth gegen andre zeigen,
Heist also nicht blos sich neigen,
Wie die Höfligkeit verlangt,
Die mit leeren Scheine prangt,
Es heist nicht sich selbst verachten,
Nur nach Schmuz und Einfalt trachten
Nein! ein tugendhaffter Mann
Sieht den Werth von andern an,
Trachtet ohn sich zu verletzen,
Jedem nach Verdienst zuschätzen.
Er kennt sich nach seinem Stande,
Lebet im Gesellschaffts-Bande
Wie die Vorsehung es fügt,
Und ist mit dem Stand vergnügt,
Den dieselbe ihm gegeben,
Und dahin geht sein Bestreben,
Daß er in der Demuth treu,
Und der Welt recht nüzlich sey:
Er wünscht auch nicht mehr zu haben,
Und sein Pfund nicht zu vergraben.
Hat die Vorsicht ihn erhoben,
Daß ihn alle Menschen loben,
Mit Ehrfurcht gebükt ansehn,
Lässet er das zwar geschehn:
Aber

Die Demuth

Da ſie doch ſich blos befleiſſen,
Niedertraͤchtig nur zu heiſſen:
Dieſe Niedertraͤchtigkeit,
Jſt ohn allen Wiederſtreit,
Von der Demut weit entfernet,
Die man von dem Heiland lernet.

Demuth gegen andre zeigen,
Heiſt alſo nicht blos ſich neigen,
Wie die Hoͤfligkeit verlangt,
Die mit leeren Scheine prangt,
Es heiſt nicht ſich ſelbſt verachten,
Nur nach Schmuz und Einfalt trachten
Nein! ein tugendhaffter Mann
Sieht den Werth von andern an,
Trachtet ohn ſich zu verletzen,
Jedem nach Verdienſt zuſchaͤtzen.
Er kennt ſich nach ſeinem Stande,
Lebet im Geſellſchaffts-Bande
Wie die Vorſehung es fuͤgt,
Und iſt mit dem Stand vergnuͤgt,
Den dieſelbe ihm gegeben,
Und dahin geht ſein Beſtreben,
Daß er in der Demuth treu,
Und der Welt recht nuͤzlich ſey:
Er wuͤnſcht auch nicht mehr zu haben,
Und ſein Pfund nicht zu vergraben.
Hat die Vorſicht ihn erhoben,
Daß ihn alle Menſchen loben,
Mit Ehrfurcht gebuͤkt anſehn,
Laͤſſet er das zwar geſchehn:
Aber
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[114/0126] Die Demuth Da ſie doch ſich blos befleiſſen, Niedertraͤchtig nur zu heiſſen: Dieſe Niedertraͤchtigkeit, Jſt ohn allen Wiederſtreit, Von der Demut weit entfernet, Die man von dem Heiland lernet. Demuth gegen andre zeigen, Heiſt alſo nicht blos ſich neigen, Wie die Hoͤfligkeit verlangt, Die mit leeren Scheine prangt, Es heiſt nicht ſich ſelbſt verachten, Nur nach Schmuz und Einfalt trachten Nein! ein tugendhaffter Mann Sieht den Werth von andern an, Trachtet ohn ſich zu verletzen, Jedem nach Verdienſt zuſchaͤtzen. Er kennt ſich nach ſeinem Stande, Lebet im Geſellſchaffts-Bande Wie die Vorſehung es fuͤgt, Und iſt mit dem Stand vergnuͤgt, Den dieſelbe ihm gegeben, Und dahin geht ſein Beſtreben, Daß er in der Demuth treu, Und der Welt recht nuͤzlich ſey: Er wuͤnſcht auch nicht mehr zu haben, Und ſein Pfund nicht zu vergraben. Hat die Vorſicht ihn erhoben, Daß ihn alle Menſchen loben, Mit Ehrfurcht gebuͤkt anſehn, Laͤſſet er das zwar geſchehn: Aber

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/126>, abgerufen am 25.04.2024.