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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

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gegen GOtt und Menschen.

Wenn wir uns als Menschen kennen,
Sind wir alle gleich zu nennen;
Von Gebuhrt ist keiner mehr,
Jeder stammt von Adam her,
Alle müssen auch zur Erden,
Jn dem Tode wieder werden.

Wer dies nach Vernunfft erweget,
Nach der Schrifft auch überleget,
Auf des Heilands Beispiel schaut,
Und desselben Lehre traut,
Muß den stolzen Sin bequemen,
Demuth herzlich anzunehmen;
Da wir, wenn mans recht bedacht,
Von GOtt alle gleich gemacht;
Ob wir gleich dabei hienieden,
Nach den Ständen unterschieden.
Jn der Welt sind viele Seelen,
Die sich Demuth auserwählen,
Aber doch nur insgemein,
Dieser Tugend äusren Schein:
Das sind die, die sich tief bükken,
Jn dem Lauf der Zeiten schikken
Die im Herzen sehr aufschwelln,
Und in Mienen sich verstelln,
Die sich nur demüthig zeigen
Daß sie desto höher steigen.
Andre die am Staube kleben,
Und stets niederträchtig leben,
Meinen daß der Demuth Art,
Sich mit ihren Sinn verpaart,
Da
Dritter Theil. H

gegen GOtt und Menſchen.

Wenn wir uns als Menſchen kennen,
Sind wir alle gleich zu nennen;
Von Gebuhrt iſt keiner mehr,
Jeder ſtammt von Adam her,
Alle muͤſſen auch zur Erden,
Jn dem Tode wieder werden.

Wer dies nach Vernunfft erweget,
Nach der Schrifft auch uͤberleget,
Auf des Heilands Beiſpiel ſchaut,
Und deſſelben Lehre traut,
Muß den ſtolzen Sin bequemen,
Demuth herzlich anzunehmen;
Da wir, wenn mans recht bedacht,
Von GOtt alle gleich gemacht;
Ob wir gleich dabei hienieden,
Nach den Staͤnden unterſchieden.
Jn der Welt ſind viele Seelen,
Die ſich Demuth auserwaͤhlen,
Aber doch nur insgemein,
Dieſer Tugend aͤuſren Schein:
Das ſind die, die ſich tief buͤkken,
Jn dem Lauf der Zeiten ſchikken
Die im Herzen ſehr aufſchwelln,
Und in Mienen ſich verſtelln,
Die ſich nur demuͤthig zeigen
Daß ſie deſto hoͤher ſteigen.
Andre die am Staube kleben,
Und ſtets niedertraͤchtig leben,
Meinen daß der Demuth Art,
Sich mit ihren Sinn verpaart,
Da
Dritter Theil. H
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[113/0125] gegen GOtt und Menſchen. Wenn wir uns als Menſchen kennen, Sind wir alle gleich zu nennen; Von Gebuhrt iſt keiner mehr, Jeder ſtammt von Adam her, Alle muͤſſen auch zur Erden, Jn dem Tode wieder werden. Wer dies nach Vernunfft erweget, Nach der Schrifft auch uͤberleget, Auf des Heilands Beiſpiel ſchaut, Und deſſelben Lehre traut, Muß den ſtolzen Sin bequemen, Demuth herzlich anzunehmen; Da wir, wenn mans recht bedacht, Von GOtt alle gleich gemacht; Ob wir gleich dabei hienieden, Nach den Staͤnden unterſchieden. Jn der Welt ſind viele Seelen, Die ſich Demuth auserwaͤhlen, Aber doch nur insgemein, Dieſer Tugend aͤuſren Schein: Das ſind die, die ſich tief buͤkken, Jn dem Lauf der Zeiten ſchikken Die im Herzen ſehr aufſchwelln, Und in Mienen ſich verſtelln, Die ſich nur demuͤthig zeigen Daß ſie deſto hoͤher ſteigen. Andre die am Staube kleben, Und ſtets niedertraͤchtig leben, Meinen daß der Demuth Art, Sich mit ihren Sinn verpaart, Da Dritter Theil. H

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/125>, abgerufen am 20.04.2024.