Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.Die Weisheit GOttes Ein jegliches Gesicht, hat Augen, Nasen, Mund,Doch aus den Zügen wird der Unterscheid gleich kund, Die Theile sind zwar da, und auch in dem Ver- binden, Dem äusren Ansehn nach, in gleicher Lag zufinden, Und dennoch findet man in der Gesichtsbildung, Daß auch bei tausenden stets eine Aenderung Und könten wir die Zahl vernünftiger Geschöpfe, Die auf dem Erdball sind, und alle Menschen- Köpfe, Jn gleiche Reihe stelln, so machte diese Schaar, Bei dieser Musterung den Saz doch allmahl klar: Es ist kein Angesicht, das einem andern gleichet, Wenn dieser, jener gleich die Aehnlichkeit errei- chet Von diesem oder dem, es bleibt doch allemahl, Ein grosser Unterscheid, auch bei der grösten Zahl. Exempel (*) sind zwar da, daß dieser, dem gegli- chen, An der Gesichtsbildung; ob in dem Zügen, Stri- chen, Sie auch sich gleich gewest, so das kein Unterscheid, Jst noch nicht ausgemacht; ohn allen Wiederstreit, Jst bei dem Aehnligsehn, noch vieles da gewesen, Woraus man sichtbahrlich und deutlich können lesen, Daß sie nicht völlig gleich. Wer also überdenkt, Wie (*) Valerius Maximus L. IX. c. XIV. erzählet einige
Exempel, die einander vollkommen gleich gewesen: aber man hätte sie nur recht ansehen und durch die Brille be- trachten sollen, so würde der Unterscheid sich bald ge- funden haben. Die Weisheit GOttes Ein jegliches Geſicht, hat Augen, Naſen, Mund,Doch aus den Zuͤgen wird der Unterſcheid gleich kund, Die Theile ſind zwar da, und auch in dem Ver- binden, Dem aͤuſren Anſehn nach, in gleicher Lag zufinden, Und dennoch findet man in der Geſichtsbildung, Daß auch bei tauſenden ſtets eine Aenderung Und koͤnten wir die Zahl vernuͤnftiger Geſchoͤpfe, Die auf dem Erdball ſind, und alle Menſchen- Koͤpfe, Jn gleiche Reihe ſtelln, ſo machte dieſe Schaar, Bei dieſer Muſterung den Saz doch allmahl klar: Es iſt kein Angeſicht, das einem andern gleichet, Wenn dieſer, jener gleich die Aehnlichkeit errei- chet Von dieſem oder dem, es bleibt doch allemahl, Ein groſſer Unterſcheid, auch bei der groͤſten Zahl. Exempel (*) ſind zwar da, daß dieſer, dem gegli- chen, An der Geſichtsbildung; ob in dem Zuͤgen, Stri- chen, Sie auch ſich gleich geweſt, ſo das kein Unterſcheid, Jſt noch nicht ausgemacht; ohn allen Wiederſtreit, Jſt bei dem Aehnligſehn, noch vieles da geweſen, Woraus man ſichtbahrlich und deutlich koͤnnen leſen, Daß ſie nicht voͤllig gleich. Wer alſo uͤberdenkt, Wie (*) Valerius Maximus L. IX. c. XIV. erzaͤhlet einige
Exempel, die einander vollkommen gleich geweſen: aber man haͤtte ſie nur recht anſehen und durch die Brille be- trachten ſollen, ſo wuͤrde der Unterſcheid ſich bald ge- funden haben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0116" n="104"/> <fw place="top" type="header">Die Weisheit GOttes</fw><lb/> <l>Ein jegliches Geſicht, hat Augen, Naſen, Mund,</l><lb/> <l>Doch aus den Zuͤgen wird der Unterſcheid gleich<lb/><hi rendition="#et">kund,</hi></l><lb/> <l>Die Theile ſind zwar da, und auch in dem Ver-<lb/><hi rendition="#et">binden,</hi></l><lb/> <l>Dem aͤuſren Anſehn nach, in gleicher Lag zufinden,</l><lb/> <l>Und dennoch findet man in der Geſichtsbildung,</l><lb/> <l>Daß auch bei tauſenden ſtets eine Aenderung</l><lb/> <l>Und koͤnten wir die Zahl vernuͤnftiger Geſchoͤpfe,</l><lb/> <l>Die auf dem Erdball ſind, und alle Menſchen-<lb/><hi rendition="#et">Koͤpfe,</hi></l><lb/> <l>Jn gleiche Reihe ſtelln, ſo machte dieſe Schaar,</l><lb/> <l>Bei dieſer Muſterung den Saz doch allmahl klar:</l><lb/> <l>Es iſt kein Angeſicht, das einem andern gleichet,</l><lb/> <l>Wenn dieſer, jener gleich die Aehnlichkeit errei-<lb/><hi rendition="#et">chet</hi></l><lb/> <l>Von dieſem oder dem, es bleibt doch allemahl,</l><lb/> <l>Ein groſſer Unterſcheid, auch bei der groͤſten Zahl.</l><lb/> <l>Exempel <note place="foot" n="(*)">Valerius Maximus <hi rendition="#aq">L. IX. c. XIV.</hi> erzaͤhlet einige<lb/> Exempel, die einander vollkommen gleich geweſen: aber<lb/> man haͤtte ſie nur recht anſehen und durch die Brille be-<lb/> trachten ſollen, ſo wuͤrde der Unterſcheid ſich bald ge-<lb/> funden haben.</note> ſind zwar da, daß dieſer, dem gegli-<lb/><hi rendition="#et">chen,</hi></l><lb/> <l>An der Geſichtsbildung; ob in dem Zuͤgen, Stri-<lb/><hi rendition="#et">chen,</hi></l><lb/> <l>Sie auch ſich gleich geweſt, ſo das kein Unterſcheid,</l><lb/> <l>Jſt noch nicht ausgemacht; ohn allen Wiederſtreit,</l><lb/> <l>Jſt bei dem Aehnligſehn, noch vieles da geweſen,</l><lb/> <l>Woraus man ſichtbahrlich und deutlich koͤnnen leſen,</l><lb/> <l>Daß ſie nicht voͤllig gleich. Wer alſo uͤberdenkt,</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [104/0116]
Die Weisheit GOttes
Ein jegliches Geſicht, hat Augen, Naſen, Mund,
Doch aus den Zuͤgen wird der Unterſcheid gleich
kund,
Die Theile ſind zwar da, und auch in dem Ver-
binden,
Dem aͤuſren Anſehn nach, in gleicher Lag zufinden,
Und dennoch findet man in der Geſichtsbildung,
Daß auch bei tauſenden ſtets eine Aenderung
Und koͤnten wir die Zahl vernuͤnftiger Geſchoͤpfe,
Die auf dem Erdball ſind, und alle Menſchen-
Koͤpfe,
Jn gleiche Reihe ſtelln, ſo machte dieſe Schaar,
Bei dieſer Muſterung den Saz doch allmahl klar:
Es iſt kein Angeſicht, das einem andern gleichet,
Wenn dieſer, jener gleich die Aehnlichkeit errei-
chet
Von dieſem oder dem, es bleibt doch allemahl,
Ein groſſer Unterſcheid, auch bei der groͤſten Zahl.
Exempel (*) ſind zwar da, daß dieſer, dem gegli-
chen,
An der Geſichtsbildung; ob in dem Zuͤgen, Stri-
chen,
Sie auch ſich gleich geweſt, ſo das kein Unterſcheid,
Jſt noch nicht ausgemacht; ohn allen Wiederſtreit,
Jſt bei dem Aehnligſehn, noch vieles da geweſen,
Woraus man ſichtbahrlich und deutlich koͤnnen leſen,
Daß ſie nicht voͤllig gleich. Wer alſo uͤberdenkt,
Wie
(*) Valerius Maximus L. IX. c. XIV. erzaͤhlet einige
Exempel, die einander vollkommen gleich geweſen: aber
man haͤtte ſie nur recht anſehen und durch die Brille be-
trachten ſollen, ſo wuͤrde der Unterſcheid ſich bald ge-
funden haben.
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