Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
der Blumen.
Theander fing drauf an: So spricht die Menschligkeit,
Die das nicht gern verliert, worüber sie sich freut:
GOtt hat hier Herrligkeit und Nichtigseyn verbunden,
Was heute uns entzückt, ist Morgen schon verschwun-
den.
Mir deucht des Schöpfers Rath, der allmahl weise
heist,
Hat wen er unsern Sin, mit solchen Lüsten speist,
Uns dadurch klar gelehrt, wie irdisches Vergnügen,
Gar leicht durch ihren Schein, könn unser Hertz be-
siegen.
Er giebt was uns vergnügt, dem Sinnen wohl gefällt,
Er zeigt uns seine Güt, an Dingen dieser Welt:
Doch daß wir nicht zu sehr, ins Eitle uns verlieben,
Läst er der Blumen Schmuk, bald wiederum verstieben.
Jhr blühen rufft uns zu: O! Menschen seht hier an,
Was an uns die Natur, zu euter Lust gethan,
Doch weil ihr euch zu sehr, an uns vergaf-
fen könnet,
Mehr gegen das Geschöpf; als ihren Schöp-
fer brenent;

So müssen wir so bald, uns eurem Blik ent-
ziehn,

Mit unsrer Horrligkeit, von euren Schauplatz
fliehn.

Damit ihr, wenn der Sin durch unsern
Glantz erquikket,

Jhr eur Gemüthe auch, zum Schöpfer selbst
entzükker.


Ernst
der Blumen.
Theander fing drauf an: So ſpricht die Menſchligkeit,
Die das nicht gern verliert, woruͤber ſie ſich freut:
GOtt hat hier Herrligkeit und Nichtigſeyn verbunden,
Was heute uns entzuͤckt, iſt Morgen ſchon verſchwun-
den.
Mir deucht des Schoͤpfers Rath, der allmahl weiſe
heiſt,
Hat wen er unſern Sin, mit ſolchen Luͤſten ſpeiſt,
Uns dadurch klar gelehrt, wie irdiſches Vergnuͤgen,
Gar leicht durch ihren Schein, koͤnn unſer Hertz be-
ſiegen.
Er giebt was uns vergnuͤgt, dem Sinnen wohl gefaͤllt,
Er zeigt uns ſeine Guͤt, an Dingen dieſer Welt:
Doch daß wir nicht zu ſehr, ins Eitle uns verlieben,
Laͤſt er der Blumen Schmuk, bald wiederum verſtieben.
Jhr bluͤhen rufft uns zu: O! Menſchen ſeht hier an,
Was an uns die Natur, zu euter Luſt gethan,
Doch weil ihr euch zu ſehr, an uns vergaf-
fen koͤnnet,
Mehr gegen das Geſchoͤpf; als ihren Schoͤp-
fer brenent;

So muͤſſen wir ſo bald, uns eurem Blik ent-
ziehn,

Mit unſrer Horrligkeit, von euren Schauplatz
fliehn.

Damit ihr, wenn der Sin durch unſern
Glantz erquikket,

Jhr eur Gemuͤthe auch, zum Schoͤpfer ſelbſt
entzuͤkker.


Ernſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0043" n="27"/>
          <fw place="top" type="header">der Blumen.</fw><lb/>
          <l>Theander fing drauf an: So &#x017F;pricht die Men&#x017F;chligkeit,</l><lb/>
          <l>Die das nicht gern verliert, woru&#x0364;ber &#x017F;ie &#x017F;ich freut:</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">GOtt</hi> hat hier Herrligkeit und Nichtig&#x017F;eyn verbunden,</l><lb/>
          <l>Was heute uns entzu&#x0364;ckt, i&#x017F;t Morgen &#x017F;chon ver&#x017F;chwun-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">den.</hi> </l><lb/>
          <l>Mir deucht des Scho&#x0364;pfers Rath, der allmahl wei&#x017F;e</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">hei&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
          <l>Hat wen er un&#x017F;ern Sin, mit &#x017F;olchen Lu&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;pei&#x017F;t,</l><lb/>
          <l>Uns dadurch klar gelehrt, wie irdi&#x017F;ches Vergnu&#x0364;gen,</l><lb/>
          <l>Gar leicht durch ihren Schein, ko&#x0364;nn un&#x017F;er Hertz be-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;iegen.</hi> </l><lb/>
          <l>Er giebt was uns vergnu&#x0364;gt, dem Sinnen wohl gefa&#x0364;llt,</l><lb/>
          <l>Er zeigt uns &#x017F;eine Gu&#x0364;t, an Dingen die&#x017F;er Welt:</l><lb/>
          <l>Doch daß wir nicht zu &#x017F;ehr, ins Eitle uns verlieben,</l><lb/>
          <l>La&#x0364;&#x017F;t er der Blumen Schmuk, bald wiederum ver&#x017F;tieben.</l><lb/>
          <l>Jhr blu&#x0364;hen rufft uns zu: <hi rendition="#fr">O! Men&#x017F;chen &#x017F;eht hier an,</hi></l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Was an uns die Natur, zu euter Lu&#x017F;t gethan,</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Doch weil ihr euch zu &#x017F;ehr, an uns vergaf-</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">fen ko&#x0364;nnet,</hi> </hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Mehr gegen das Ge&#x017F;cho&#x0364;pf; als ihren Scho&#x0364;p-<lb/><hi rendition="#et">fer brenent;</hi></hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">So mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir &#x017F;o bald, uns eurem Blik ent-<lb/><hi rendition="#et">ziehn,</hi></hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Mit un&#x017F;rer Horrligkeit, von euren Schauplatz<lb/><hi rendition="#et">fliehn.</hi></hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Damit ihr, wenn der Sin durch un&#x017F;ern<lb/><hi rendition="#et">Glantz erquikket,</hi></hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Jhr eur Gemu&#x0364;the auch, zum Scho&#x0364;pfer &#x017F;elb&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">entzu&#x0364;kker.</hi></hi> </l>
        </lg>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Ern&#x017F;t</hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0043] der Blumen. Theander fing drauf an: So ſpricht die Menſchligkeit, Die das nicht gern verliert, woruͤber ſie ſich freut: GOtt hat hier Herrligkeit und Nichtigſeyn verbunden, Was heute uns entzuͤckt, iſt Morgen ſchon verſchwun- den. Mir deucht des Schoͤpfers Rath, der allmahl weiſe heiſt, Hat wen er unſern Sin, mit ſolchen Luͤſten ſpeiſt, Uns dadurch klar gelehrt, wie irdiſches Vergnuͤgen, Gar leicht durch ihren Schein, koͤnn unſer Hertz be- ſiegen. Er giebt was uns vergnuͤgt, dem Sinnen wohl gefaͤllt, Er zeigt uns ſeine Guͤt, an Dingen dieſer Welt: Doch daß wir nicht zu ſehr, ins Eitle uns verlieben, Laͤſt er der Blumen Schmuk, bald wiederum verſtieben. Jhr bluͤhen rufft uns zu: O! Menſchen ſeht hier an, Was an uns die Natur, zu euter Luſt gethan, Doch weil ihr euch zu ſehr, an uns vergaf- fen koͤnnet, Mehr gegen das Geſchoͤpf; als ihren Schoͤp- fer brenent; So muͤſſen wir ſo bald, uns eurem Blik ent- ziehn, Mit unſrer Horrligkeit, von euren Schauplatz fliehn. Damit ihr, wenn der Sin durch unſern Glantz erquikket, Jhr eur Gemuͤthe auch, zum Schoͤpfer ſelbſt entzuͤkker. Ernſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/43
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/43>, abgerufen am 03.10.2024.