Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.Die mannigfaltige Weisheit GOttes. Das sie von Glauben überzeuget, im Vorschmaknur bewundern müssen. Da ist der Abgrund aufgedekt, woraus der tief ver- schlungne Blik, Von GOttes weiser Macht umstrahlt, des Geistes Wonne bringt zurük; Da siehet das verklärte Auge, wie in der Vorsicht dunklen Gängen, Die Wege, die uns sonst verwirret, recht herrlich aneinander hängen; Da wird den seelgen Geistern kund, wie weislich unser GOtt regiert, Der sie durch manchen Kreuzes Gang, im Reiche seiner Macht geführt. Da schauen sie im lichten Glanze, wie weit die All- macht sich erstrekket, Die uns der Vorhang düstrer Wolken auf dieser Un- terwelt verdekket. Da werden sie entzükt gewahr, warum das alles sei geschehn, Was wir in dem Erlösungswerk, im Reich der Gna- den nicht verstehn. Und dies Erkenntnis ist die Quelle, woraus der Seelgen Lust entspringet Die den vollendeten Gerechten vollkomnere Vergnü- gen bringet, Als uns die ganze Welt anbeut. Wie, wendet ihr dagegen ein, Des ewgen Paradieses Lust, die müste für euch an- ders sein Daran könt ihr euch nicht vergnügen? so gebet ihr ja zu erkennen, Daß die verwöhneten Begierden, die irdisch, nach dem irrdschen rennen. Ver-
Die mannigfaltige Weisheit GOttes. Das ſie von Glauben uͤberzeuget, im Vorſchmaknur bewundern muͤſſen. Da iſt der Abgrund aufgedekt, woraus der tief ver- ſchlungne Blik, Von GOttes weiſer Macht umſtrahlt, des Geiſtes Wonne bringt zuruͤk; Da ſiehet das verklaͤrte Auge, wie in der Vorſicht dunklen Gaͤngen, Die Wege, die uns ſonſt verwirret, recht herrlich aneinander haͤngen; Da wird den ſeelgen Geiſtern kund, wie weislich unſer GOtt regiert, Der ſie durch manchen Kreuzes Gang, im Reiche ſeiner Macht gefuͤhrt. Da ſchauen ſie im lichten Glanze, wie weit die All- macht ſich erſtrekket, Die uns der Vorhang duͤſtrer Wolken auf dieſer Un- terwelt verdekket. Da werden ſie entzuͤkt gewahr, warum das alles ſei geſchehn, Was wir in dem Erloͤſungswerk, im Reich der Gna- den nicht verſtehn. Und dies Erkenntnis iſt die Quelle, woraus der Seelgen Luſt entſpringet Die den vollendeten Gerechten vollkomnere Vergnuͤ- gen bringet, Als uns die ganze Welt anbeut. Wie, wendet ihr dagegen ein, Des ewgen Paradieſes Luſt, die muͤſte fuͤr euch an- ders ſein Daran koͤnt ihr euch nicht vergnuͤgen? ſo gebet ihr ja zu erkennen, Daß die verwoͤhneten Begierden, die irdiſch, nach dem irrdſchen rennen. Ver-
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Die mannigfaltige Weisheit GOttes.
Das ſie von Glauben uͤberzeuget, im Vorſchmak
nur bewundern muͤſſen.
Da iſt der Abgrund aufgedekt, woraus der tief ver-
ſchlungne Blik,
Von GOttes weiſer Macht umſtrahlt, des Geiſtes
Wonne bringt zuruͤk;
Da ſiehet das verklaͤrte Auge, wie in der Vorſicht
dunklen Gaͤngen,
Die Wege, die uns ſonſt verwirret, recht herrlich
aneinander haͤngen;
Da wird den ſeelgen Geiſtern kund, wie weislich
unſer GOtt regiert,
Der ſie durch manchen Kreuzes Gang, im Reiche ſeiner
Macht gefuͤhrt.
Da ſchauen ſie im lichten Glanze, wie weit die All-
macht ſich erſtrekket,
Die uns der Vorhang duͤſtrer Wolken auf dieſer Un-
terwelt verdekket.
Da werden ſie entzuͤkt gewahr, warum das alles
ſei geſchehn,
Was wir in dem Erloͤſungswerk, im Reich der Gna-
den nicht verſtehn.
Und dies Erkenntnis iſt die Quelle, woraus der
Seelgen Luſt entſpringet
Die den vollendeten Gerechten vollkomnere Vergnuͤ-
gen bringet,
Als uns die ganze Welt anbeut. Wie, wendet ihr
dagegen ein,
Des ewgen Paradieſes Luſt, die muͤſte fuͤr euch an-
ders ſein
Daran koͤnt ihr euch nicht vergnuͤgen? ſo gebet ihr
ja zu erkennen,
Daß die verwoͤhneten Begierden, die irdiſch, nach
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Zitationshilfe: | Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/351>, abgerufen am 16.02.2025. |