Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.Der Sieg der Gläubigen. Jn unsre Brust verstekt; die blinde Eigenliebe,Wie unser Abgott heist, regieret unsre Triebe, Die Diener die sie braucht bei ihren Regiment, Dadurch sie uns von GOtt als unsern Schöpfer trennt, Sind unsre Sinnen selbst; die Dinge dieser Erden, Die streben beiderseits, damit wir Sclaven werden. So leget sich der Mensch in Knechtschafts-Fesseln ein Jndem er ängstlich sucht ein freier Herr zu sein; Jndem er sich erhebt zum Ebenbild der Götter, Wird er aus Unverstand der wahren GOttheit Spötter. Je höher man den Thron der Eigenliebe baut, Sich durchs Vergrößrungs-Glas des Selbstbetrugs beschaut; Je niedriger wird man, in GOttes reinen Augen: Vor dem wir allzumahl Nichts sind und auch Nichts taugen. So lang man in sich selbst die Quell des Guten sucht, Und in der eitlen Welt; so lang ist man verflucht, Wie jener Feigenbaum, woran zwar Blätter prangen, Ein äuserlicher Schein doch keine Früchte hangen. Drum ist dies Eins erst Noth, nach aller Weisen Rath: Wer durch die Eigenlieb sich selbst betrogen hat, Der lerne erst sein Nichts in Demut recht erkennen; So wird man nimmermehr sich so vergöttern kön- nen, Als leider Menschen thun: Man beuge seinen Sin, Durch GOttes Gnadenkraft; so fällt der Dagon hin, Der leider! unser Herz zum Heiligthum bewohnet, Wenn man in Knechtschaftsstand dem Sündendienst gefrohnet; So
Der Sieg der Glaͤubigen. Jn unſre Bruſt verſtekt; die blinde Eigenliebe,Wie unſer Abgott heiſt, regieret unſre Triebe, Die Diener die ſie braucht bei ihren Regiment, Dadurch ſie uns von GOtt als unſern Schoͤpfer trennt, Sind unſre Sinnen ſelbſt; die Dinge dieſer Erden, Die ſtreben beiderſeits, damit wir Sclaven werden. So leget ſich der Menſch in Knechtſchafts-Feſſeln ein Jndem er aͤngſtlich ſucht ein freier Herr zu ſein; Jndem er ſich erhebt zum Ebenbild der Goͤtter, Wird er aus Unverſtand der wahren GOttheit Spoͤtter. Je hoͤher man den Thron der Eigenliebe baut, Sich durchs Vergroͤßrungs-Glas des Selbſtbetrugs beſchaut; Je niedriger wird man, in GOttes reinen Augen: Vor dem wir allzumahl Nichts ſind und auch Nichts taugen. So lang man in ſich ſelbſt die Quell des Guten ſucht, Und in der eitlen Welt; ſo lang iſt man verflucht, Wie jener Feigenbaum, woran zwar Blaͤtter prangen, Ein aͤuſerlicher Schein doch keine Fruͤchte hangen. Drum iſt dies Eins erſt Noth, nach aller Weiſen Rath: Wer durch die Eigenlieb ſich ſelbſt betrogen hat, Der lerne erſt ſein Nichts in Demut recht erkennen; So wird man nimmermehr ſich ſo vergoͤttern koͤn- nen, Als leider Menſchen thun: Man beuge ſeinen Sin, Durch GOttes Gnadenkraft; ſo faͤllt der Dagon hin, Der leider! unſer Herz zum Heiligthum bewohnet, Wenn man in Knechtſchaftsſtand dem Suͤndendienſt gefrohnet; So
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Der Sieg der Glaͤubigen.
Jn unſre Bruſt verſtekt; die blinde Eigenliebe,
Wie unſer Abgott heiſt, regieret unſre Triebe,
Die Diener die ſie braucht bei ihren Regiment,
Dadurch ſie uns von GOtt als unſern Schoͤpfer
trennt,
Sind unſre Sinnen ſelbſt; die Dinge dieſer Erden,
Die ſtreben beiderſeits, damit wir Sclaven werden.
So leget ſich der Menſch in Knechtſchafts-Feſſeln ein
Jndem er aͤngſtlich ſucht ein freier Herr zu ſein;
Jndem er ſich erhebt zum Ebenbild der Goͤtter,
Wird er aus Unverſtand der wahren GOttheit
Spoͤtter.
Je hoͤher man den Thron der Eigenliebe baut,
Sich durchs Vergroͤßrungs-Glas des Selbſtbetrugs
beſchaut;
Je niedriger wird man, in GOttes reinen Augen:
Vor dem wir allzumahl Nichts ſind und auch Nichts
taugen.
So lang man in ſich ſelbſt die Quell des Guten ſucht,
Und in der eitlen Welt; ſo lang iſt man verflucht,
Wie jener Feigenbaum, woran zwar Blaͤtter prangen,
Ein aͤuſerlicher Schein doch keine Fruͤchte hangen.
Drum iſt dies Eins erſt Noth, nach aller Weiſen
Rath:
Wer durch die Eigenlieb ſich ſelbſt betrogen hat,
Der lerne erſt ſein Nichts in Demut recht erkennen;
So wird man nimmermehr ſich ſo vergoͤttern koͤn-
nen,
Als leider Menſchen thun: Man beuge ſeinen Sin,
Durch GOttes Gnadenkraft; ſo faͤllt der Dagon
hin,
Der leider! unſer Herz zum Heiligthum bewohnet,
Wenn man in Knechtſchaftsſtand dem Suͤndendienſt
gefrohnet;
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