Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.ein Spiegel göttlicher Gerechtigkeit. Welch ein klagend Händeringen! da der ungedämm-te Fluß, Rollend durch die Thäler drunge; da des Wetters starker Guß Jmmer mehr und mehr den Strom, mit der stren- gen Fluth vergrössert; So daß auch die steilen Höhn, schon zum Theil ganz überwässert. Mit dem Wachsthum kalter Ströme, wuchs bei jeden auch die Noth; Dieser ward von Furcht erblasset; jener fast vor Schrekken todt; Hie rang die Verzweifelung, die die Mörderin der Seelen Sie ward auf den Rath bedacht, wie sie kürzte Angst und Quälen, Sie trieb viele in die Tieffe, die sich in die Höh gemacht, Und der Wirbel strenger Wellen, hat sie auch bald umgebracht; Hie ward wiederum ein Theil, von der Hofnung unterstüzzet, Das in dem Gedanken stand, es wär sicher und beschüzzet, Wenn es auf die steilen Gipfel, höchster Berge sich gesezt, Da der Fluthen strenges Wallen, erst dem Mittel- Theil benezt; Endlich würde doch der Strom, wiederum zur Tief- fe dringen, Und der Berge höchste Spiz ihnen die Errettung bringen. Doch das ungedämmte Rauschen das noch immer höher ging Das Erster Theil. Q
ein Spiegel goͤttlicher Gerechtigkeit. Welch ein klagend Haͤnderingen! da der ungedaͤmm-te Fluß, Rollend durch die Thaͤler drunge; da des Wetters ſtarker Guß Jmmer mehr und mehr den Strom, mit der ſtren- gen Fluth vergroͤſſert; So daß auch die ſteilen Hoͤhn, ſchon zum Theil ganz uͤberwaͤſſert. Mit dem Wachsthum kalter Stroͤme, wuchs bei jeden auch die Noth; Dieſer ward von Furcht erblaſſet; jener faſt vor Schrekken todt; Hie rang die Verzweifelung, die die Moͤrderin der Seelen Sie ward auf den Rath bedacht, wie ſie kuͤrzte Angſt und Quaͤlen, Sie trieb viele in die Tieffe, die ſich in die Hoͤh gemacht, Und der Wirbel ſtrenger Wellen, hat ſie auch bald umgebracht; Hie ward wiederum ein Theil, von der Hofnung unterſtuͤzzet, Das in dem Gedanken ſtand, es waͤr ſicher und beſchuͤzzet, Wenn es auf die ſteilen Gipfel, hoͤchſter Berge ſich geſezt, Da der Fluthen ſtrenges Wallen, erſt dem Mittel- Theil benezt; Endlich wuͤrde doch der Strom, wiederum zur Tief- fe dringen, Und der Berge hoͤchſte Spiz ihnen die Errettung bringen. Doch das ungedaͤmmte Rauſchen das noch immer hoͤher ging Das Erſter Theil. Q
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0257" n="241"/> <fw place="top" type="header">ein Spiegel goͤttlicher Gerechtigkeit.</fw><lb/> <l>Welch ein klagend Haͤnderingen! da der ungedaͤmm-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">te Fluß,</hi> </l><lb/> <l>Rollend durch die Thaͤler drunge; da des Wetters</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſtarker Guß</hi> </l><lb/> <l>Jmmer mehr und mehr den Strom, mit der ſtren-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gen Fluth vergroͤſſert;</hi> </l><lb/> <l>So daß auch die ſteilen Hoͤhn, ſchon zum Theil</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ganz uͤberwaͤſſert.</hi> </l><lb/> <l>Mit dem Wachsthum kalter Stroͤme, wuchs bei</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">jeden auch die Noth;</hi> </l><lb/> <l>Dieſer ward von Furcht erblaſſet; jener faſt vor</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Schrekken todt;</hi> </l><lb/> <l>Hie rang die Verzweifelung, die die Moͤrderin der</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Seelen</hi> </l><lb/> <l>Sie ward auf den Rath bedacht, wie ſie kuͤrzte Angſt</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">und Quaͤlen,</hi> </l><lb/> <l>Sie trieb viele in die Tieffe, die ſich in die Hoͤh</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gemacht,</hi> </l><lb/> <l>Und der Wirbel ſtrenger Wellen, hat ſie auch bald</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">umgebracht;</hi> </l><lb/> <l>Hie ward wiederum ein Theil, von der Hofnung</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">unterſtuͤzzet,</hi> </l><lb/> <l>Das in dem Gedanken ſtand, es waͤr ſicher und</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">beſchuͤzzet,</hi> </l><lb/> <l>Wenn es auf die ſteilen Gipfel, hoͤchſter Berge ſich</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">geſezt,</hi> </l><lb/> <l>Da der Fluthen ſtrenges Wallen, erſt dem Mittel-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Theil benezt;</hi> </l><lb/> <l>Endlich wuͤrde doch der Strom, wiederum zur Tief-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">fe dringen,</hi> </l><lb/> <l>Und der Berge hoͤchſte Spiz ihnen die Errettung</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">bringen.</hi> </l><lb/> <l>Doch das ungedaͤmmte Rauſchen das noch immer</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">hoͤher ging</hi> </l><lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Erſter Theil.</hi> Q</fw> <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [241/0257]
ein Spiegel goͤttlicher Gerechtigkeit.
Welch ein klagend Haͤnderingen! da der ungedaͤmm-
te Fluß,
Rollend durch die Thaͤler drunge; da des Wetters
ſtarker Guß
Jmmer mehr und mehr den Strom, mit der ſtren-
gen Fluth vergroͤſſert;
So daß auch die ſteilen Hoͤhn, ſchon zum Theil
ganz uͤberwaͤſſert.
Mit dem Wachsthum kalter Stroͤme, wuchs bei
jeden auch die Noth;
Dieſer ward von Furcht erblaſſet; jener faſt vor
Schrekken todt;
Hie rang die Verzweifelung, die die Moͤrderin der
Seelen
Sie ward auf den Rath bedacht, wie ſie kuͤrzte Angſt
und Quaͤlen,
Sie trieb viele in die Tieffe, die ſich in die Hoͤh
gemacht,
Und der Wirbel ſtrenger Wellen, hat ſie auch bald
umgebracht;
Hie ward wiederum ein Theil, von der Hofnung
unterſtuͤzzet,
Das in dem Gedanken ſtand, es waͤr ſicher und
beſchuͤzzet,
Wenn es auf die ſteilen Gipfel, hoͤchſter Berge ſich
geſezt,
Da der Fluthen ſtrenges Wallen, erſt dem Mittel-
Theil benezt;
Endlich wuͤrde doch der Strom, wiederum zur Tief-
fe dringen,
Und der Berge hoͤchſte Spiz ihnen die Errettung
bringen.
Doch das ungedaͤmmte Rauſchen das noch immer
hoͤher ging
Das
Erſter Theil. Q
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |