Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

Ausserdem aber kann man den Zahlen nach der Seite
der abnehmenden Silben einen Abschluss geben. Man kann
fragen: wie gross ist diejenige Zahl von Silben, welche un-
mittelbar nach einmaligem Durchlesen derselben gerade noch
fehlerlos hergesagt werden kann? Für mich beträgt diese
Anzahl ziemlich genau 7 Silben. Es gelingt zwar auch oft,
8 Silben wiederzugeben, aber nur zu Anfang der betreffenden
Versuche und im ganzen in der grossen Minorität der Fälle.
Bei 6 Silben andererseits kommt sozusagen nie ein Fehler
vor; bei ihnen ist also ein aufmerksames einmaliges Durch-
lesen schon zuviel Energieentfaltung für eine unmittelbar
darauf folgende Reproduktion.

Fügt man also dieses letztere Grössenpaar hinzu, vollzieht
die eben geforderte Division und bringt endlich die Wieder-
holung, die in dem letzten fehlerfreien Hersagen besteht, also
nicht mehr auf das Lernen verwandt wurde, in Abzug, so
ergiebt sich folgende Tabelle.

[Tabelle]

den. Allein es wird gar nicht behauptet, dass die oben durch Division
zu gewinnenden Zahlen richtige Durchschnittswerte für die den einzelnen
Reihen zukommenden Zahlen bildeten, d. h. dass letztere sich gemäss dem
Fehlergesetz um sie gruppieren. Sondern die Zahlen sind als Durch-
schnittszahlen für Reihengruppen zu betrachten, bei denen nur zur bes-
seren Vergleichung mit anderen ein Umstand, der der Natur der Sache
nach nicht überall derselbe sein konnte, durch Division ausgeglichen ist-

Auſserdem aber kann man den Zahlen nach der Seite
der abnehmenden Silben einen Abschluſs geben. Man kann
fragen: wie groſs ist diejenige Zahl von Silben, welche un-
mittelbar nach einmaligem Durchlesen derselben gerade noch
fehlerlos hergesagt werden kann? Für mich beträgt diese
Anzahl ziemlich genau 7 Silben. Es gelingt zwar auch oft,
8 Silben wiederzugeben, aber nur zu Anfang der betreffenden
Versuche und im ganzen in der groſsen Minorität der Fälle.
Bei 6 Silben andererseits kommt sozusagen nie ein Fehler
vor; bei ihnen ist also ein aufmerksames einmaliges Durch-
lesen schon zuviel Energieentfaltung für eine unmittelbar
darauf folgende Reproduktion.

Fügt man also dieses letztere Gröſsenpaar hinzu, vollzieht
die eben geforderte Division und bringt endlich die Wieder-
holung, die in dem letzten fehlerfreien Hersagen besteht, also
nicht mehr auf das Lernen verwandt wurde, in Abzug, so
ergiebt sich folgende Tabelle.

[Tabelle]

den. Allein es wird gar nicht behauptet, daſs die oben durch Division
zu gewinnenden Zahlen richtige Durchschnittswerte für die den einzelnen
Reihen zukommenden Zahlen bildeten, d. h. daſs letztere sich gemäſs dem
Fehlergesetz um sie gruppieren. Sondern die Zahlen sind als Durch-
schnittszahlen für Reihengruppen zu betrachten, bei denen nur zur bes-
seren Vergleichung mit anderen ein Umstand, der der Natur der Sache
nach nicht überall derselbe sein konnte, durch Division ausgeglichen ist-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0080" n="64"/>
          <p>Au&#x017F;serdem aber kann man den Zahlen nach der Seite<lb/>
der abnehmenden Silben einen Abschlu&#x017F;s geben. Man kann<lb/>
fragen: wie gro&#x017F;s ist diejenige Zahl von Silben, welche un-<lb/>
mittelbar nach einmaligem Durchlesen derselben gerade noch<lb/>
fehlerlos hergesagt werden kann? Für mich beträgt diese<lb/>
Anzahl ziemlich genau 7 Silben. Es gelingt zwar auch oft,<lb/>
8 Silben wiederzugeben, aber nur zu Anfang der betreffenden<lb/>
Versuche und im ganzen in der gro&#x017F;sen Minorität der Fälle.<lb/>
Bei 6 Silben andererseits kommt sozusagen nie ein Fehler<lb/>
vor; bei ihnen ist also ein aufmerksames einmaliges Durch-<lb/>
lesen schon zuviel Energieentfaltung für eine unmittelbar<lb/>
darauf folgende Reproduktion.</p><lb/>
          <p>Fügt man also dieses letztere Grö&#x017F;senpaar hinzu, vollzieht<lb/>
die eben geforderte Division und bringt endlich die Wieder-<lb/>
holung, die in dem letzten fehlerfreien Hersagen besteht, also<lb/>
nicht mehr auf das <hi rendition="#g">Lernen</hi> verwandt wurde, in Abzug, so<lb/>
ergiebt sich folgende Tabelle.</p><lb/>
          <table>
            <row>
              <cell/>
            </row>
          </table>
          <note next="#note-0081" xml:id="note-0080" prev="#note-0079" place="foot" n="*">den. Allein es wird gar nicht behauptet, da&#x017F;s die oben durch Division<lb/>
zu gewinnenden Zahlen richtige Durchschnittswerte für die den einzelnen<lb/>
Reihen zukommenden Zahlen bildeten, d. h. da&#x017F;s letztere sich gemä&#x017F;s dem<lb/>
Fehlergesetz um sie gruppieren. Sondern die Zahlen sind als Durch-<lb/>
schnittszahlen für Reihengruppen zu betrachten, bei denen nur zur bes-<lb/>
seren Vergleichung mit anderen ein Umstand, der der Natur der Sache<lb/>
nach nicht überall derselbe sein konnte, durch Division ausgeglichen ist-</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0080] Auſserdem aber kann man den Zahlen nach der Seite der abnehmenden Silben einen Abschluſs geben. Man kann fragen: wie groſs ist diejenige Zahl von Silben, welche un- mittelbar nach einmaligem Durchlesen derselben gerade noch fehlerlos hergesagt werden kann? Für mich beträgt diese Anzahl ziemlich genau 7 Silben. Es gelingt zwar auch oft, 8 Silben wiederzugeben, aber nur zu Anfang der betreffenden Versuche und im ganzen in der groſsen Minorität der Fälle. Bei 6 Silben andererseits kommt sozusagen nie ein Fehler vor; bei ihnen ist also ein aufmerksames einmaliges Durch- lesen schon zuviel Energieentfaltung für eine unmittelbar darauf folgende Reproduktion. Fügt man also dieses letztere Gröſsenpaar hinzu, vollzieht die eben geforderte Division und bringt endlich die Wieder- holung, die in dem letzten fehlerfreien Hersagen besteht, also nicht mehr auf das Lernen verwandt wurde, in Abzug, so ergiebt sich folgende Tabelle. * * den. Allein es wird gar nicht behauptet, daſs die oben durch Division zu gewinnenden Zahlen richtige Durchschnittswerte für die den einzelnen Reihen zukommenden Zahlen bildeten, d. h. daſs letztere sich gemäſs dem Fehlergesetz um sie gruppieren. Sondern die Zahlen sind als Durch- schnittszahlen für Reihengruppen zu betrachten, bei denen nur zur bes- seren Vergleichung mit anderen ein Umstand, der der Natur der Sache nach nicht überall derselbe sein konnte, durch Division ausgeglichen ist-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885/80
Zitationshilfe: Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885/80>, abgerufen am 27.11.2024.