Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

schmilzt mit den noch vorhandenen, aber schon verdunkelten
Vorstellungen b und a, die ihr vorangegangen waren. Wird
später c wiedererzeugt, so bringt es zwar b und a mit sich,
aber nur als verdunkelte, nicht als völlig ungehemmte und
klar bewusste. Wir überschauen beim plötzlichen Auftauchen
eines Gliedes aus der Mitte einer Reihe das Vorangegangene
"auf einmal in abgestufter Klarheit"; niemals aber kommt
es dazu, dass die Reihe etwa rückwärts abläuft. Sondern an
das auftauchende Glied schliessen sich als voll bewusste suc-
cessive diejenigen, die in der früher dagewesenen Reihe darauf
folgten.

Zur Prüfung des thatsächlichen Verhaltens habe ich ein
ganz ähnliches Verfahren eingeschlagen wie bei den vorhin
besprochenen Untersuchungen. Aus Gruppen von je sechs 16 sil-
bigen Silbenreihen, die durch beliebige Zusammenstellung
entstanden waren, wurden neue Gruppen abgeleitet, und zwar
entweder durch blosse Umkehrung der Silbenfolge oder durch
Umkehrung der Silbenfolge und gleichzeitiges Überspringen
einer Zwischensilbe. Dann wurden je zwei zusammengehörige
Gruppen auswendig gelernt, die abgeleitete Form 24 Stunden
später als die ursprüngliche.

Entspricht einer der ursprünglichen Reihen das Schema
I1I2I3 . . . . . . I15 I16,
so muss demnach die entsprechende abgeleitete Reihe be-
zeichnet werden:
bei blosser Umkehrung der Silbenfolge mit
I16I15I14 . . . . . . I2 I1,
bei Umkehrung der Silbenfolge und gleichzeitigem Über-
springen einer Zwischensilbe mit
I16I14I12 . . . . I4 I2 I15 I13 . . . . I3 I1.
Für die erste Art der Ableitung habe ich zehn Versuche an-
gestellt, für die zweite nur vier.


schmilzt mit den noch vorhandenen, aber schon verdunkelten
Vorstellungen b und a, die ihr vorangegangen waren. Wird
später c wiedererzeugt, so bringt es zwar b und a mit sich,
aber nur als verdunkelte, nicht als völlig ungehemmte und
klar bewuſste. Wir überschauen beim plötzlichen Auftauchen
eines Gliedes aus der Mitte einer Reihe das Vorangegangene
„auf einmal in abgestufter Klarheit“; niemals aber kommt
es dazu, daſs die Reihe etwa rückwärts abläuft. Sondern an
das auftauchende Glied schlieſsen sich als voll bewuſste suc-
cessive diejenigen, die in der früher dagewesenen Reihe darauf
folgten.

Zur Prüfung des thatsächlichen Verhaltens habe ich ein
ganz ähnliches Verfahren eingeschlagen wie bei den vorhin
besprochenen Untersuchungen. Aus Gruppen von je sechs 16 sil-
bigen Silbenreihen, die durch beliebige Zusammenstellung
entstanden waren, wurden neue Gruppen abgeleitet, und zwar
entweder durch bloſse Umkehrung der Silbenfolge oder durch
Umkehrung der Silbenfolge und gleichzeitiges Überspringen
einer Zwischensilbe. Dann wurden je zwei zusammengehörige
Gruppen auswendig gelernt, die abgeleitete Form 24 Stunden
später als die ursprüngliche.

Entspricht einer der ursprünglichen Reihen das Schema
I1I2I3 . . . . . . I15 I16,
so muſs demnach die entsprechende abgeleitete Reihe be-
zeichnet werden:
bei bloſser Umkehrung der Silbenfolge mit
I16I15I14 . . . . . . I2 I1,
bei Umkehrung der Silbenfolge und gleichzeitigem Über-
springen einer Zwischensilbe mit
I16I14I12 . . . . I4 I2 I15 I13 . . . . I3 I1.
Für die erste Art der Ableitung habe ich zehn Versuche an-
gestellt, für die zweite nur vier.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0169" n="153"/>
schmilzt mit den noch vorhandenen, aber schon verdunkelten<lb/>
Vorstellungen b und a, die ihr vorangegangen waren. Wird<lb/>
später c wiedererzeugt, so bringt es zwar b und a mit sich,<lb/>
aber nur als verdunkelte, nicht als völlig ungehemmte und<lb/>
klar bewu&#x017F;ste. Wir überschauen beim plötzlichen Auftauchen<lb/>
eines Gliedes aus der Mitte einer Reihe das Vorangegangene<lb/>
&#x201E;auf einmal in abgestufter Klarheit&#x201C;; niemals aber kommt<lb/>
es dazu, da&#x017F;s die Reihe etwa rückwärts abläuft. Sondern an<lb/>
das auftauchende Glied schlie&#x017F;sen sich als voll bewu&#x017F;ste suc-<lb/>
cessive diejenigen, die in der früher dagewesenen Reihe darauf<lb/>
folgten.</p><lb/>
          <p>Zur Prüfung des thatsächlichen Verhaltens habe ich ein<lb/>
ganz ähnliches Verfahren eingeschlagen wie bei den vorhin<lb/>
besprochenen Untersuchungen. Aus Gruppen von je sechs 16 sil-<lb/>
bigen Silbenreihen, die durch beliebige Zusammenstellung<lb/>
entstanden waren, wurden neue Gruppen abgeleitet, und zwar<lb/>
entweder durch blo&#x017F;se Umkehrung der Silbenfolge oder durch<lb/>
Umkehrung der Silbenfolge und gleichzeitiges Überspringen<lb/>
einer Zwischensilbe. Dann wurden je zwei zusammengehörige<lb/>
Gruppen auswendig gelernt, die abgeleitete Form 24 Stunden<lb/>
später als die ursprüngliche.</p><lb/>
          <p>Entspricht einer der ursprünglichen Reihen das Schema<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">2</hi><hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">3</hi> . . . . . . <hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">15</hi> <hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">16</hi>,</hi><lb/>
so mu&#x017F;s demnach die entsprechende abgeleitete Reihe be-<lb/>
zeichnet werden:<lb/>
bei blo&#x017F;ser Umkehrung der Silbenfolge mit<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">16</hi><hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">15</hi><hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">14</hi> . . . . . . <hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">2</hi> <hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">1</hi>,</hi><lb/>
bei Umkehrung der Silbenfolge und gleichzeitigem Über-<lb/>
springen einer Zwischensilbe mit<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">16</hi><hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">14</hi><hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">12</hi> . . . . <hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">4</hi> <hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">2</hi> <hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">15</hi> <hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">13</hi> . . . . <hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">3</hi> <hi rendition="#i">I</hi><hi rendition="#sub">1</hi>.</hi><lb/>
Für die erste Art der Ableitung habe ich zehn Versuche an-<lb/>
gestellt, für die zweite nur vier.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0169] schmilzt mit den noch vorhandenen, aber schon verdunkelten Vorstellungen b und a, die ihr vorangegangen waren. Wird später c wiedererzeugt, so bringt es zwar b und a mit sich, aber nur als verdunkelte, nicht als völlig ungehemmte und klar bewuſste. Wir überschauen beim plötzlichen Auftauchen eines Gliedes aus der Mitte einer Reihe das Vorangegangene „auf einmal in abgestufter Klarheit“; niemals aber kommt es dazu, daſs die Reihe etwa rückwärts abläuft. Sondern an das auftauchende Glied schlieſsen sich als voll bewuſste suc- cessive diejenigen, die in der früher dagewesenen Reihe darauf folgten. Zur Prüfung des thatsächlichen Verhaltens habe ich ein ganz ähnliches Verfahren eingeschlagen wie bei den vorhin besprochenen Untersuchungen. Aus Gruppen von je sechs 16 sil- bigen Silbenreihen, die durch beliebige Zusammenstellung entstanden waren, wurden neue Gruppen abgeleitet, und zwar entweder durch bloſse Umkehrung der Silbenfolge oder durch Umkehrung der Silbenfolge und gleichzeitiges Überspringen einer Zwischensilbe. Dann wurden je zwei zusammengehörige Gruppen auswendig gelernt, die abgeleitete Form 24 Stunden später als die ursprüngliche. Entspricht einer der ursprünglichen Reihen das Schema I1I2I3 . . . . . . I15 I16, so muſs demnach die entsprechende abgeleitete Reihe be- zeichnet werden: bei bloſser Umkehrung der Silbenfolge mit I16I15I14 . . . . . . I2 I1, bei Umkehrung der Silbenfolge und gleichzeitigem Über- springen einer Zwischensilbe mit I16I14I12 . . . . I4 I2 I15 I13 . . . . I3 I1. Für die erste Art der Ableitung habe ich zehn Versuche an- gestellt, für die zweite nur vier.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885/169
Zitationshilfe: Ebbinghaus, Hermann: Über das Gedächtnis. Leipzig, 1885, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebbinghaus_gedaechtnis_1885/169>, abgerufen am 28.04.2024.