heiten. Er verhehlte mir nichts, ohne nur daran zu denken, daß er mir etwas anvertraue. Er zählte auf mich schon seit so langer Zeit her, daß ihm meine Freundschaft zur Gewohnheit ge- worden war, wie das Leben; er genoß ihrer, ohne es zu empfinden; er verlangte von mir we- der Antheil, noch Aufmerksamkeit; denn er wußte wohl, daß, wenn er mit mir von sich selbst sprach, dieß so gut war, als wenn er mit mir von mir selbst gesprochen hätte, und daß ich mehr er war, als er selbst. Der Reiz eines solchen Zutrauens ersetzt alles; das Glück selbst.
Jch dachte nie daran, Karln etwas von dem zu sagen, was mir so viele Leiden verursacht hatte. Hätte er mich darum gefragt, so würde er mich daran erinnert haben, dann hätte ich
heiten. Er verhehlte mir nichts, ohne nur daran zu denken, daß er mir etwas anvertraue. Er zählte auf mich ſchon ſeit ſo langer Zeit her, daß ihm meine Freundſchaft zur Gewohnheit ge- worden war, wie das Leben; er genoß ihrer, ohne es zu empfinden; er verlangte von mir we- der Antheil, noch Aufmerkſamkeit; denn er wußte wohl, daß, wenn er mit mir von ſich ſelbſt ſprach, dieß ſo gut war, als wenn er mit mir von mir ſelbſt geſprochen hätte, und daß ich mehr er war, als er ſelbſt. Der Reiz eines ſolchen Zutrauens erſetzt alles; das Glück ſelbſt.
Jch dachte nie daran, Karln etwas von dem zu ſagen, was mir ſo viele Leiden verurſacht hatte. Hätte er mich darum gefragt, ſo würde er mich daran erinnert haben, dann hätte ich
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heiten. Er verhehlte mir nichts, ohne nur daran
zu denken, daß er mir etwas anvertraue. Er
zählte auf mich ſchon ſeit ſo langer Zeit her,
daß ihm meine Freundſchaft zur Gewohnheit ge-
worden war, wie das Leben; er genoß ihrer,
ohne es zu empfinden; er verlangte von mir we-
der Antheil, noch Aufmerkſamkeit; denn er wußte
wohl, daß, wenn er mit mir von ſich ſelbſt ſprach,
dieß ſo gut war, als wenn er mit mir von mir
ſelbſt geſprochen hätte, und daß ich mehr er war,
als er ſelbſt. Der Reiz eines ſolchen Zutrauens
erſetzt alles; das Glück ſelbſt.
Jch dachte nie daran, Karln etwas von dem
zu ſagen, was mir ſo viele Leiden verurſacht
hatte. Hätte er mich darum gefragt, ſo würde
er mich daran erinnert haben, dann hätte ich
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Duras, Claire de Durfort de: Urika, die Negerin. Übers. v. [Ehrenfried Stöber]. Frankfurt (Main), 1824, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duras_urika_1824/66>, abgerufen am 16.02.2025.
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