Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Duras, Claire de Durfort de: Urika, die Negerin. Übers. v. [Ehrenfried Stöber]. Frankfurt (Main), 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

innere Bewegung mich zu Gott hintrieb und
mir es zum Bedürfnisse machte, mich in seine
Arme zu werfen und dort Ruhe zu suchen. Der
Priester hörte das Geständniß meiner Vergehen;
er wurde nicht erschreckt über den Zustand meiner
Seele. Er kannte, gleich einem alten Steuer-
manne, alle Stürme. Er fing damit an, mich
über diese Leidenschaft zu trösten, worüber man
mich anklagte. "Jhr Herz," sagte er mir, "ist
"rein, Sie haben sich selbst nur wehe gethan,
"allein Sie sind darum nicht weniger strafbar.
"Gott wird Jhnen von dem Glück Rechenschaft
"abfordern, das er Jhnen anvertraut hatte.
"Was haben Sie damit gethan? Dieses Glück
"lag in Jhren Händen, denn es besteht in der
"Erfüllung unserer Pflichten. Haben Sie sie

innere Bewegung mich zu Gott hintrieb und
mir es zum Bedürfniſſe machte, mich in ſeine
Arme zu werfen und dort Ruhe zu ſuchen. Der
Prieſter hörte das Geſtändniß meiner Vergehen;
er wurde nicht erſchreckt über den Zuſtand meiner
Seele. Er kannte, gleich einem alten Steuer-
manne, alle Stürme. Er fing damit an, mich
über dieſe Leidenſchaft zu tröſten, worüber man
mich anklagte. „Jhr Herz,‟ ſagte er mir, „iſt
„rein, Sie haben ſich ſelbſt nur wehe gethan,
„allein Sie ſind darum nicht weniger ſtrafbar.
„Gott wird Jhnen von dem Glück Rechenſchaft
„abfordern, das er Jhnen anvertraut hatte.
„Was haben Sie damit gethan? Dieſes Glück
„lag in Jhren Händen, denn es beſteht in der
„Erfüllung unſerer Pflichten. Haben Sie ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0106" n="100"/>
innere Bewegung mich zu Gott hintrieb und<lb/>
mir es zum Bedürfni&#x017F;&#x017F;e machte, mich in &#x017F;eine<lb/>
Arme zu werfen und dort Ruhe zu &#x017F;uchen. Der<lb/>
Prie&#x017F;ter hörte das Ge&#x017F;tändniß meiner Vergehen;<lb/>
er wurde nicht er&#x017F;chreckt über den Zu&#x017F;tand meiner<lb/>
Seele. Er kannte, gleich einem alten Steuer-<lb/>
manne, alle Stürme. Er fing damit an, mich<lb/>
über die&#x017F;e Leiden&#x017F;chaft zu trö&#x017F;ten, worüber man<lb/>
mich anklagte. &#x201E;Jhr Herz,&#x201F; &#x017F;agte er mir, &#x201E;i&#x017F;t<lb/>
&#x201E;rein, Sie haben &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nur wehe gethan,<lb/>
&#x201E;allein Sie &#x017F;ind darum nicht weniger &#x017F;trafbar.<lb/>
&#x201E;Gott wird Jhnen von dem Glück Rechen&#x017F;chaft<lb/>
&#x201E;abfordern, das er Jhnen anvertraut hatte.<lb/>
&#x201E;Was haben Sie damit gethan? Die&#x017F;es Glück<lb/>
&#x201E;lag in Jhren Händen, denn es be&#x017F;teht in der<lb/>
&#x201E;Erfüllung un&#x017F;erer Pflichten. Haben Sie &#x017F;ie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0106] innere Bewegung mich zu Gott hintrieb und mir es zum Bedürfniſſe machte, mich in ſeine Arme zu werfen und dort Ruhe zu ſuchen. Der Prieſter hörte das Geſtändniß meiner Vergehen; er wurde nicht erſchreckt über den Zuſtand meiner Seele. Er kannte, gleich einem alten Steuer- manne, alle Stürme. Er fing damit an, mich über dieſe Leidenſchaft zu tröſten, worüber man mich anklagte. „Jhr Herz,‟ ſagte er mir, „iſt „rein, Sie haben ſich ſelbſt nur wehe gethan, „allein Sie ſind darum nicht weniger ſtrafbar. „Gott wird Jhnen von dem Glück Rechenſchaft „abfordern, das er Jhnen anvertraut hatte. „Was haben Sie damit gethan? Dieſes Glück „lag in Jhren Händen, denn es beſteht in der „Erfüllung unſerer Pflichten. Haben Sie ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/duras_urika_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/duras_urika_1824/106
Zitationshilfe: Duras, Claire de Durfort de: Urika, die Negerin. Übers. v. [Ehrenfried Stöber]. Frankfurt (Main), 1824, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/duras_urika_1824/106>, abgerufen am 23.11.2024.