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Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.

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Arbeit zählt und dauert, aber sie bekommen nichts dafür,
außer was gerade nothwendig ist, sie arbeitsfähig zu erhalten.
Sie haben keinen Vortheil von ihrer Arbeit, sie haben, genau
genommen, keinen Lohn dasür, da sie nur das haben, was
nothwendig ist, um sie zu befähigen, sie zu verrichten. Das
ist unmoralisch; aber wie leicht die Wahrnehmung des Rechten
im Menschen verdunkelt wird, zeigt sich in der Thatsache,
daß Wenige, und selten sogar die Arbeiter selbst es für un-
moralisch halten." Salter wendet sich daher an die Arbeit-
geber als diejenigen, welche Abhilfe schaffen können und der
Abschnitt schließt mit den schlichten aber warmen Worten:
"Lieber uns einschränken, lieber sogar leiden, als andern ein
Unrecht zufügen oder ein solches unterstützen. Und dann
können wir, soweit wir selbst direkte Arbeitgeber sind, in
unserm eigenen Verhalten gegen unsere Arbeiter ein Bei-
spiel sein für die ideale Methode der Behandlung der Arbeit.
Jch stehe nicht an, offen zu sprechen. Wenn wir Andere
bessern wollen, so laßt uns zuerst uns selbst bessern."*)

*) Jnteressant sind einige Aussprüche über unser Thema von
Ralph Waldo Emerson. So heißt es in "Führung des Lebens"
(deutsche Ausgabe p. 146): "Man sagt, es gibt jetzt keine Religion
mehr. Das ist gerade, als wenn man an einem Regentage sagen
wollte, daß es keine Sonne mehr gebe, während wir doch gerade in
diesem Augenblicke eine ihrer segensreichsten Wirkungen empfinden. Aller-
dings scheint es jetzt die Religion der gebildeten Klassen zu sein, Gewohn-
heiten und Aeußerungen zu vermeiden, in denen sonst ihre Religion be-
stand Aber diese Leere wird zur rechten Zeit naturwüchsige Formen
einlassen." Und p. 166: "Die Religion, welche die gegenwärtigen und
kommenden Zeiten erfüllen und leiten soll, muß, was sie uns auch sonst
bringen möge, geistig sein. Ein wissenschaftlicher Geist muß eine Re-
ligion haben, die wissenschaftlich ist. "Zwei Dinge", sagt Muhamed, "ver-
abscheue ich gründlich: "Den Gebildeten in seinem Unglauben und den
Narren in seiner Andacht." Unsere Zeiten ärgern sich über beide und
namentlich über letzteren. Gebt uns nichts, das sich nicht aus sich
selbst entwickeln läßt. Jn der Religion gibt es sicher genug für Herz

Arbeit zählt und dauert, aber ſie bekommen nichts dafür,
außer was gerade nothwendig iſt, ſie arbeitsfähig zu erhalten.
Sie haben keinen Vortheil von ihrer Arbeit, ſie haben, genau
genommen, keinen Lohn daſür, da ſie nur das haben, was
nothwendig iſt, um ſie zu befähigen, ſie zu verrichten. Das
iſt unmoraliſch; aber wie leicht die Wahrnehmung des Rechten
im Menſchen verdunkelt wird, zeigt ſich in der Thatſache,
daß Wenige, und ſelten ſogar die Arbeiter ſelbſt es für un-
moraliſch halten.“ Salter wendet ſich daher an die Arbeit-
geber als diejenigen, welche Abhilfe ſchaffen können und der
Abſchnitt ſchließt mit den ſchlichten aber warmen Worten:
„Lieber uns einſchränken, lieber ſogar leiden, als andern ein
Unrecht zufügen oder ein ſolches unterſtützen. Und dann
können wir, ſoweit wir ſelbſt direkte Arbeitgeber ſind, in
unſerm eigenen Verhalten gegen unſere Arbeiter ein Bei-
ſpiel ſein für die ideale Methode der Behandlung der Arbeit.
Jch ſtehe nicht an, offen zu ſprechen. Wenn wir Andere
beſſern wollen, ſo laßt uns zuerſt uns ſelbſt beſſern.“*)

*) Jntereſſant ſind einige Ausſprüche über unſer Thema von
Ralph Waldo Emerſon. So heißt es in „Führung des Lebens“
(deutſche Ausgabe p. 146): „Man ſagt, es gibt jetzt keine Religion
mehr. Das iſt gerade, als wenn man an einem Regentage ſagen
wollte, daß es keine Sonne mehr gebe, während wir doch gerade in
dieſem Augenblicke eine ihrer ſegensreichſten Wirkungen empfinden. Aller-
dings ſcheint es jetzt die Religion der gebildeten Klaſſen zu ſein, Gewohn-
heiten und Aeußerungen zu vermeiden, in denen ſonſt ihre Religion be-
ſtand Aber dieſe Leere wird zur rechten Zeit naturwüchſige Formen
einlaſſen.“ Und p. 166: „Die Religion, welche die gegenwärtigen und
kommenden Zeiten erfüllen und leiten ſoll, muß, was ſie uns auch ſonſt
bringen möge, geiſtig ſein. Ein wiſſenſchaftlicher Geiſt muß eine Re-
ligion haben, die wiſſenſchaftlich iſt. „Zwei Dinge“, ſagt Muhamed, „ver-
abſcheue ich gründlich: „Den Gebildeten in ſeinem Unglauben und den
Narren in ſeiner Andacht.“ Unſere Zeiten ärgern ſich über beide und
namentlich über letzteren. Gebt uns nichts, das ſich nicht aus ſich
ſelbſt entwickeln läßt. Jn der Religion gibt es ſicher genug für Herz
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[86/0095] Arbeit zählt und dauert, aber ſie bekommen nichts dafür, außer was gerade nothwendig iſt, ſie arbeitsfähig zu erhalten. Sie haben keinen Vortheil von ihrer Arbeit, ſie haben, genau genommen, keinen Lohn daſür, da ſie nur das haben, was nothwendig iſt, um ſie zu befähigen, ſie zu verrichten. Das iſt unmoraliſch; aber wie leicht die Wahrnehmung des Rechten im Menſchen verdunkelt wird, zeigt ſich in der Thatſache, daß Wenige, und ſelten ſogar die Arbeiter ſelbſt es für un- moraliſch halten.“ Salter wendet ſich daher an die Arbeit- geber als diejenigen, welche Abhilfe ſchaffen können und der Abſchnitt ſchließt mit den ſchlichten aber warmen Worten: „Lieber uns einſchränken, lieber ſogar leiden, als andern ein Unrecht zufügen oder ein ſolches unterſtützen. Und dann können wir, ſoweit wir ſelbſt direkte Arbeitgeber ſind, in unſerm eigenen Verhalten gegen unſere Arbeiter ein Bei- ſpiel ſein für die ideale Methode der Behandlung der Arbeit. Jch ſtehe nicht an, offen zu ſprechen. Wenn wir Andere beſſern wollen, ſo laßt uns zuerſt uns ſelbſt beſſern.“ *) *) Jntereſſant ſind einige Ausſprüche über unſer Thema von Ralph Waldo Emerſon. So heißt es in „Führung des Lebens“ (deutſche Ausgabe p. 146): „Man ſagt, es gibt jetzt keine Religion mehr. Das iſt gerade, als wenn man an einem Regentage ſagen wollte, daß es keine Sonne mehr gebe, während wir doch gerade in dieſem Augenblicke eine ihrer ſegensreichſten Wirkungen empfinden. Aller- dings ſcheint es jetzt die Religion der gebildeten Klaſſen zu ſein, Gewohn- heiten und Aeußerungen zu vermeiden, in denen ſonſt ihre Religion be- ſtand Aber dieſe Leere wird zur rechten Zeit naturwüchſige Formen einlaſſen.“ Und p. 166: „Die Religion, welche die gegenwärtigen und kommenden Zeiten erfüllen und leiten ſoll, muß, was ſie uns auch ſonſt bringen möge, geiſtig ſein. Ein wiſſenſchaftlicher Geiſt muß eine Re- ligion haben, die wiſſenſchaftlich iſt. „Zwei Dinge“, ſagt Muhamed, „ver- abſcheue ich gründlich: „Den Gebildeten in ſeinem Unglauben und den Narren in ſeiner Andacht.“ Unſere Zeiten ärgern ſich über beide und namentlich über letzteren. Gebt uns nichts, das ſich nicht aus ſich ſelbſt entwickeln läßt. Jn der Religion gibt es ſicher genug für Herz

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Zitationshilfe: Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/druskowitz_religionsersatz_1886/95>, abgerufen am 22.11.2024.