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Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.

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über die Kunst der Zukunft ließe sich manche Bemerkung an-
knüpfen, was wir jedoch, da es uns bloß um die Haupt-
gedanken des Werkes zu thun ist, unterlassen wollen. -- Die
Moral bekommt in der neuen Lehre eine höhere Bedeutung,
indem sie im Unterschiede von der palästinensisch-christlichen
Moral, die "vielfach ein Gemisch von unanwendbaren Para-
doxien, ja Widersinnigkeiten", die von Freiheit und Würde
kein Körnchen enthalte und in vielen Punkten geradezu eine
Knechtsmoral sei -- eine Kritik, von der wir jedes Wort
unterschreiben --, auf alle aus der besseren Völkernatur ent-
springenden Tüchtigkeiten und Vorgänge fich bezieht.

Jm letzten Kapitel seines gehaltvollen und in mancher
Hinsicht epochemachenden Werkes thut der Philosoph dar,
wie die neue Lehre, die er auch schlechtweg Geistesführung
nennt, in Staat und Gesellschaft verwirklicht werden sollte.

Dühring sieht ein, daß wie die Religion, so auch die
neue Lehre vor Allem für den Einzelnen Bedeutung habe;
wie die Religion jedoch auch die Haupteinrichtungen des
Staates und der Gesellschaft unverkennbar beeinflußt habe,
obwohl diese Einrichtungen keineswegs auf sie gegründet sind, so
wird auch der Religionsersatz auf Staat und Gesellschaft
einwirken müssen. Handelte es sich bei der Religion also
nur um eine Zuthat zu den aus anderen Quellen stammen-
den Fundamenten von Staat und Gesellschaft, so gestaltet
sich diese Zuthat im Religionsersatz zu einer Vollendung.
Damit nun die Geistesführung im Staate in Kraft treten
könne, muß derselbe vor Allem sich immer mehr und mehr
von religiösen Elementen befreien, während die Kirche ihrer-
seits sich keineswegs vom Staate loslösen darf, sondern
seiner Controle unterstehen muß. Ausmerzung der religiösen
Elemente ist jedoch nur ein halbes Werk; in jede der dadurch
entstandenen Lücken muß ein Vollkommeneres eintreten. So
wird z. B. der Eidersatz in der Rückführung des Eides auf

über die Kunſt der Zukunft ließe ſich manche Bemerkung an-
knüpfen, was wir jedoch, da es uns bloß um die Haupt-
gedanken des Werkes zu thun iſt, unterlaſſen wollen. — Die
Moral bekommt in der neuen Lehre eine höhere Bedeutung,
indem ſie im Unterſchiede von der paläſtinenſiſch-chriſtlichen
Moral, die „vielfach ein Gemiſch von unanwendbaren Para-
doxien, ja Widerſinnigkeiten“, die von Freiheit und Würde
kein Körnchen enthalte und in vielen Punkten geradezu eine
Knechtsmoral ſei — eine Kritik, von der wir jedes Wort
unterſchreiben —, auf alle aus der beſſeren Völkernatur ent-
ſpringenden Tüchtigkeiten und Vorgänge fich bezieht.

Jm letzten Kapitel ſeines gehaltvollen und in mancher
Hinſicht epochemachenden Werkes thut der Philoſoph dar,
wie die neue Lehre, die er auch ſchlechtweg Geiſtesführung
nennt, in Staat und Geſellſchaft verwirklicht werden ſollte.

Dühring ſieht ein, daß wie die Religion, ſo auch die
neue Lehre vor Allem für den Einzelnen Bedeutung habe;
wie die Religion jedoch auch die Haupteinrichtungen des
Staates und der Geſellſchaft unverkennbar beeinflußt habe,
obwohl dieſe Einrichtungen keineswegs auf ſie gegründet ſind, ſo
wird auch der Religionserſatz auf Staat und Geſellſchaft
einwirken müſſen. Handelte es ſich bei der Religion alſo
nur um eine Zuthat zu den aus anderen Quellen ſtammen-
den Fundamenten von Staat und Geſellſchaft, ſo geſtaltet
ſich dieſe Zuthat im Religionserſatz zu einer Vollendung.
Damit nun die Geiſtesführung im Staate in Kraft treten
könne, muß derſelbe vor Allem ſich immer mehr und mehr
von religiöſen Elementen befreien, während die Kirche ihrer-
ſeits ſich keineswegs vom Staate loslöſen darf, ſondern
ſeiner Controle unterſtehen muß. Ausmerzung der religiöſen
Elemente iſt jedoch nur ein halbes Werk; in jede der dadurch
entſtandenen Lücken muß ein Vollkommeneres eintreten. So
wird z. B. der Eiderſatz in der Rückführung des Eides auf

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[76/0085] über die Kunſt der Zukunft ließe ſich manche Bemerkung an- knüpfen, was wir jedoch, da es uns bloß um die Haupt- gedanken des Werkes zu thun iſt, unterlaſſen wollen. — Die Moral bekommt in der neuen Lehre eine höhere Bedeutung, indem ſie im Unterſchiede von der paläſtinenſiſch-chriſtlichen Moral, die „vielfach ein Gemiſch von unanwendbaren Para- doxien, ja Widerſinnigkeiten“, die von Freiheit und Würde kein Körnchen enthalte und in vielen Punkten geradezu eine Knechtsmoral ſei — eine Kritik, von der wir jedes Wort unterſchreiben —, auf alle aus der beſſeren Völkernatur ent- ſpringenden Tüchtigkeiten und Vorgänge fich bezieht. Jm letzten Kapitel ſeines gehaltvollen und in mancher Hinſicht epochemachenden Werkes thut der Philoſoph dar, wie die neue Lehre, die er auch ſchlechtweg Geiſtesführung nennt, in Staat und Geſellſchaft verwirklicht werden ſollte. Dühring ſieht ein, daß wie die Religion, ſo auch die neue Lehre vor Allem für den Einzelnen Bedeutung habe; wie die Religion jedoch auch die Haupteinrichtungen des Staates und der Geſellſchaft unverkennbar beeinflußt habe, obwohl dieſe Einrichtungen keineswegs auf ſie gegründet ſind, ſo wird auch der Religionserſatz auf Staat und Geſellſchaft einwirken müſſen. Handelte es ſich bei der Religion alſo nur um eine Zuthat zu den aus anderen Quellen ſtammen- den Fundamenten von Staat und Geſellſchaft, ſo geſtaltet ſich dieſe Zuthat im Religionserſatz zu einer Vollendung. Damit nun die Geiſtesführung im Staate in Kraft treten könne, muß derſelbe vor Allem ſich immer mehr und mehr von religiöſen Elementen befreien, während die Kirche ihrer- ſeits ſich keineswegs vom Staate loslöſen darf, ſondern ſeiner Controle unterſtehen muß. Ausmerzung der religiöſen Elemente iſt jedoch nur ein halbes Werk; in jede der dadurch entſtandenen Lücken muß ein Vollkommeneres eintreten. So wird z. B. der Eiderſatz in der Rückführung des Eides auf

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Zitationshilfe: Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/druskowitz_religionsersatz_1886/85>, abgerufen am 22.11.2024.