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Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.

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Es ist zu bedauern, daß Mill dem Unsterblichkeits-
phantasma gegenüber nicht immer dieselbe männliche Haltung
bewiesen hat, wie es in jener Abhandlung geschieht. Jn dem
Essay über den Theismus, dem letzten seiner Aufsätze über
Religion, läßt er sich über den fraglichen Punkt ganz anders
vernehmen. "Die wohlthätige Wirkung einer solchen Hoff-
nung (nämlich einer Jenseitshoffnung), heißt es hier, ist
keineswegs gering zu achten. Sie macht das Leben und die
menschliche Natur zu etwas viel Bedeutenderem für unsere
Gefühle und gibt allen Empfindungen, die durch unsere
Nebenmenschen und die ganze Menschheit in uns erweckt wer-
den, eine viel größere Stärke. Sie befreit uns von der
Empfindung einer Jronie der Natur, welche uns so peinlich
ergreift, wenn wir die Anstrengungen und Opfer eines Le-
bens in der Ausbildung eines edlen und weisen Geistes nur
dazu gipfeln sehen, um die Welt in dem Augenblicke zu ver-
lassen, wo sie im Begriffe steht, die Früchte dieses Lebens zu
ernten;"*) und an einer andern Stelle sagt Mill, daß der
Religion der Moral durch übernatürliche Hoffnungen ein
größerer Einfluß auf das menschliche Gemüth gesichert wer-
den könnte**), Aussprüche, die einen höchst unangenehmen
Gegensatz zu der Haltung bilden, die Mill in dem Essay
"Die Nützlichkeit der Religion" zeigt, und die wir lebhaft
bedauern müssen.



finden würde, daß sie nicht für alle Ewigkeit an eine bewußte Existenz
gekettet wäre, von der sie nicht gewiß sein kann, daß sie sie immer er-
halten zu sehen wünschen würde."
*) p. 207.
**) p. 213.

Es iſt zu bedauern, daß Mill dem Unſterblichkeits-
phantasma gegenüber nicht immer dieſelbe männliche Haltung
bewieſen hat, wie es in jener Abhandlung geſchieht. Jn dem
Eſſay über den Theismus, dem letzten ſeiner Aufſätze über
Religion, läßt er ſich über den fraglichen Punkt ganz anders
vernehmen. „Die wohlthätige Wirkung einer ſolchen Hoff-
nung (nämlich einer Jenſeitshoffnung), heißt es hier, iſt
keineswegs gering zu achten. Sie macht das Leben und die
menſchliche Natur zu etwas viel Bedeutenderem für unſere
Gefühle und gibt allen Empfindungen, die durch unſere
Nebenmenſchen und die ganze Menſchheit in uns erweckt wer-
den, eine viel größere Stärke. Sie befreit uns von der
Empfindung einer Jronie der Natur, welche uns ſo peinlich
ergreift, wenn wir die Anſtrengungen und Opfer eines Le-
bens in der Ausbildung eines edlen und weiſen Geiſtes nur
dazu gipfeln ſehen, um die Welt in dem Augenblicke zu ver-
laſſen, wo ſie im Begriffe ſteht, die Früchte dieſes Lebens zu
ernten;“*) und an einer andern Stelle ſagt Mill, daß der
Religion der Moral durch übernatürliche Hoffnungen ein
größerer Einfluß auf das menſchliche Gemüth geſichert wer-
den könnte**), Ausſprüche, die einen höchſt unangenehmen
Gegenſatz zu der Haltung bilden, die Mill in dem Eſſay
„Die Nützlichkeit der Religion“ zeigt, und die wir lebhaft
bedauern müſſen.



finden würde, daß ſie nicht für alle Ewigkeit an eine bewußte Exiſtenz
gekettet wäre, von der ſie nicht gewiß ſein kann, daß ſie ſie immer er-
halten zu ſehen wünſchen würde.“
*) p. 207.
**) p. 213.
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[31/0040] Es iſt zu bedauern, daß Mill dem Unſterblichkeits- phantasma gegenüber nicht immer dieſelbe männliche Haltung bewieſen hat, wie es in jener Abhandlung geſchieht. Jn dem Eſſay über den Theismus, dem letzten ſeiner Aufſätze über Religion, läßt er ſich über den fraglichen Punkt ganz anders vernehmen. „Die wohlthätige Wirkung einer ſolchen Hoff- nung (nämlich einer Jenſeitshoffnung), heißt es hier, iſt keineswegs gering zu achten. Sie macht das Leben und die menſchliche Natur zu etwas viel Bedeutenderem für unſere Gefühle und gibt allen Empfindungen, die durch unſere Nebenmenſchen und die ganze Menſchheit in uns erweckt wer- den, eine viel größere Stärke. Sie befreit uns von der Empfindung einer Jronie der Natur, welche uns ſo peinlich ergreift, wenn wir die Anſtrengungen und Opfer eines Le- bens in der Ausbildung eines edlen und weiſen Geiſtes nur dazu gipfeln ſehen, um die Welt in dem Augenblicke zu ver- laſſen, wo ſie im Begriffe ſteht, die Früchte dieſes Lebens zu ernten;“ *) und an einer andern Stelle ſagt Mill, daß der Religion der Moral durch übernatürliche Hoffnungen ein größerer Einfluß auf das menſchliche Gemüth geſichert wer- den könnte **), Ausſprüche, die einen höchſt unangenehmen Gegenſatz zu der Haltung bilden, die Mill in dem Eſſay „Die Nützlichkeit der Religion“ zeigt, und die wir lebhaft bedauern müſſen. **) *) p. 207. **) p. 213. **) finden würde, daß ſie nicht für alle Ewigkeit an eine bewußte Exiſtenz gekettet wäre, von der ſie nicht gewiß ſein kann, daß ſie ſie immer er- halten zu ſehen wünſchen würde.“

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Zitationshilfe: Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/druskowitz_religionsersatz_1886/40>, abgerufen am 23.11.2024.