Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.als Repräsentantinnen der Vergangenheit, Gegenwart und als Repräſentantinnen der Vergangenheit, Gegenwart und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029" n="20"/> als Repräſentantinnen der Vergangenheit, Gegenwart und<lb/> Zukunft, während die Frau ihrerſeits gleichfalls zur Mutter,<lb/> dann zum Gatten und zum Sohne betet; in Ermangelung<lb/> einer dieſer Perſonen tritt eine andere würdige an ihre Stelle.<lb/> Die neue Religion enthält ferner neun Sakramente. Es<lb/> ſind folgende: <hi rendition="#aq">la présentation, la destination, l’initiation,<lb/> l’admission, la maturité, la retraite, la transformation,<lb/> l’incorporation.</hi> Das erſte Sakrament bedeutet, daß die<lb/> Familie den neuen Weltbürger dem Prieſter vorführt; das<lb/> zweite den erſten Eintritt des künftigen Dieners der Menſch-<lb/> heit in’s öffentliche Leben, indem er mit vierzehn Jahren aus<lb/> den Händen der Mutter in die Schule der Prieſter über-<lb/> geht, um in einem ſiebenjährigen Kurſus das poſitiviſtiſche<lb/> Dogma zu ſtudiren; durch das dritte Sakrament empfängt<lb/> der junge Weltbürger die Autoriſation, der Menſchheit zu<lb/> dienen, ohne Beſtimmung ſeiner eigentlichen Berufsſphäre;<lb/> den Eintritt in letztere bezeichnet erſt das vierte Sakrament,<lb/> welches für die Frauen jedoch entfällt; haben dieſelben nach<lb/> Comte doch nur den einzigen Beruf, Gattinnen und Mütter<lb/> zu werden. Der Mann darf jedoch erſt, nachdem er das<lb/> vierte Sakrament empfangen, eine eigene Familie gründen.<lb/> Die Ehe iſt für Comte eine beſonders geheiligte Jnſtitution.<lb/> Sie iſt unauflösbar, außer in Fällen, wo einer der Theile<lb/> ſich einer criminellen That ſchuldig gemacht. Die Fa-<lb/> milie beſteht durchſchnittlich aus 7 Perſonen: aus Mann<lb/> und Weib, dem <hi rendition="#aq">couple fondamental</hi>, aus den Eltern des<lb/> Mannes und drei Kindern. Wir ſehen, wie unſer Philoſoph<lb/> alles genau abzuzirkeln bemüht iſt. — Das ſechste Sakrament<lb/> bezeichnet den Eintritt in jenes Alter, wo dem Bürger keine<lb/> Vernachläſſigung ſeiner Pflichten der Menſchheit gegenüber<lb/> mehr nachgeſehen wird, wo er das „<hi rendition="#aq">vivre au grand jour</hi>“<lb/> nicht mehr ſcheuen ſoll; das ſiebente Sakrament bezeichnet<lb/> ein vernünftiges Sichzurückziehen vom öffentlichen Leben und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0029]
als Repräſentantinnen der Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft, während die Frau ihrerſeits gleichfalls zur Mutter,
dann zum Gatten und zum Sohne betet; in Ermangelung
einer dieſer Perſonen tritt eine andere würdige an ihre Stelle.
Die neue Religion enthält ferner neun Sakramente. Es
ſind folgende: la présentation, la destination, l’initiation,
l’admission, la maturité, la retraite, la transformation,
l’incorporation. Das erſte Sakrament bedeutet, daß die
Familie den neuen Weltbürger dem Prieſter vorführt; das
zweite den erſten Eintritt des künftigen Dieners der Menſch-
heit in’s öffentliche Leben, indem er mit vierzehn Jahren aus
den Händen der Mutter in die Schule der Prieſter über-
geht, um in einem ſiebenjährigen Kurſus das poſitiviſtiſche
Dogma zu ſtudiren; durch das dritte Sakrament empfängt
der junge Weltbürger die Autoriſation, der Menſchheit zu
dienen, ohne Beſtimmung ſeiner eigentlichen Berufsſphäre;
den Eintritt in letztere bezeichnet erſt das vierte Sakrament,
welches für die Frauen jedoch entfällt; haben dieſelben nach
Comte doch nur den einzigen Beruf, Gattinnen und Mütter
zu werden. Der Mann darf jedoch erſt, nachdem er das
vierte Sakrament empfangen, eine eigene Familie gründen.
Die Ehe iſt für Comte eine beſonders geheiligte Jnſtitution.
Sie iſt unauflösbar, außer in Fällen, wo einer der Theile
ſich einer criminellen That ſchuldig gemacht. Die Fa-
milie beſteht durchſchnittlich aus 7 Perſonen: aus Mann
und Weib, dem couple fondamental, aus den Eltern des
Mannes und drei Kindern. Wir ſehen, wie unſer Philoſoph
alles genau abzuzirkeln bemüht iſt. — Das ſechste Sakrament
bezeichnet den Eintritt in jenes Alter, wo dem Bürger keine
Vernachläſſigung ſeiner Pflichten der Menſchheit gegenüber
mehr nachgeſehen wird, wo er das „vivre au grand jour“
nicht mehr ſcheuen ſoll; das ſiebente Sakrament bezeichnet
ein vernünftiges Sichzurückziehen vom öffentlichen Leben und
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