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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890.

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Charakterarten der Bäume und Sträucher.
Garryana. Wiesen, Moore und Heidegesträuche begleiten
die nordischen Waldformationen in einer aus dem mitt-
leren und nördlichen Europa gewohnten Weise, doch
natürlich grösstenteils in anderen Repräsentativarten. Zu
den Stauden der pacifischen Küste gesellen sich überein-
stimmend mit Ostasien gigantische Araliaceen, besonders
die gesellige Fatsia horrida (vergl. Griseb. V. d. E., II,
245). Von Ericaceen (siehe S. 193 und 194) ist neben
den 4 mitteleuropäischen Vaccinien noch eine grössere
Zahl amerikanischer Endemismen; weit verbreitet sind
auch Andromeda polifolia, Lyonia calyculata, Cassiope
und ähnliche circumpolare Halbsträucher, aus anderen
Familien Betula nana, Linnaea, Empetrum in den Wald-
mooren und in den Hochgebirgen. Die Rocky Mts. stellen
naturgemäß das hauptsächlichste Kontingent alpiner For-
mationsbildner mit zahlreichen arktischen Inquilinen, wäh-
rend ähnliche Bestände noch auf den White Mts. in den
nordatlantischen Staaten wiederkehren. In diesem letzte-
ren Gebirge herrschen in geringem Umfange Glacialfor-
mationen von ca. 1200 m an bis zur Spitze, die Baum-
grenze wird von Picea alba und Abies balsamea gebildet,
Laubhölzer gehen bis 600 m. Die Alleghanys sind da-
gegen bis zu ihrem Kamm bewaldet.

B) Die südliche Gebietshälfte beginnt mit Wald-
formationen, die neben Coniferen sommergrüne Laub-
hölzer führen, und hier sind auch wiederum Vertreter
der Lauraceen mit abfälligem Laube, der Sassafras und
Benzoin (Fever-bush). Eigentümlichkeiten dieser Art kenn-
zeichnen das mittlere Nordamerika, aber fast nur dessen
atlantische Staaten, ebenso wie Ostasien. Selbst eine
immergrüne Lauracee, Persea carolinensis, geht bis zu
den Sümpfen von Delaware, scheint aber nach den Flo-
renangaben selten und bildet jedenfalls keine immergrü-
nen Bestände in einer an harte Winter gewöhnten Wald-
vegetation (vergl. oben, S. 261). Hier sind nun von
grossem Interesse die Vegetationslinien jener laubabwerfen-
den Bäume, welche wie Gymnocladus, Gleditschia, Pavia,
Liriodendron
ihre Verwandten in den wärmeren Subtropen
und auch schon im südlichsten Gebiete selbst haben, wo die

Charakterarten der Bäume und Sträucher.
Garryana. Wiesen, Moore und Heidegesträuche begleiten
die nordischen Waldformationen in einer aus dem mitt-
leren und nördlichen Europa gewohnten Weise, doch
natürlich grösstenteils in anderen Repräsentativarten. Zu
den Stauden der pacifischen Küste gesellen sich überein-
stimmend mit Ostasien gigantische Araliaceen, besonders
die gesellige Fatsia horrida (vergl. Griseb. V. d. E., II,
245). Von Ericaceen (siehe S. 193 und 194) ist neben
den 4 mitteleuropäischen Vaccinien noch eine grössere
Zahl amerikanischer Endemismen; weit verbreitet sind
auch Andromeda polifolia, Lyonia calyculata, Cassiope
und ähnliche circumpolare Halbsträucher, aus anderen
Familien Betula nana, Linnaea, Empetrum in den Wald-
mooren und in den Hochgebirgen. Die Rocky Mts. stellen
naturgemäß das hauptsächlichste Kontingent alpiner For-
mationsbildner mit zahlreichen arktischen Inquilinen, wäh-
rend ähnliche Bestände noch auf den White Mts. in den
nordatlantischen Staaten wiederkehren. In diesem letzte-
ren Gebirge herrschen in geringem Umfange Glacialfor-
mationen von ca. 1200 m an bis zur Spitze, die Baum-
grenze wird von Picea alba und Abies balsamea gebildet,
Laubhölzer gehen bis 600 m. Die Alleghanys sind da-
gegen bis zu ihrem Kamm bewaldet.

B) Die südliche Gebietshälfte beginnt mit Wald-
formationen, die neben Coniferen sommergrüne Laub-
hölzer führen, und hier sind auch wiederum Vertreter
der Lauraceen mit abfälligem Laube, der Sassafras und
Benzoïn (Fever-bush). Eigentümlichkeiten dieser Art kenn-
zeichnen das mittlere Nordamerika, aber fast nur dessen
atlantische Staaten, ebenso wie Ostasien. Selbst eine
immergrüne Lauracee, Persea carolinensis, geht bis zu
den Sümpfen von Delaware, scheint aber nach den Flo-
renangaben selten und bildet jedenfalls keine immergrü-
nen Bestände in einer an harte Winter gewöhnten Wald-
vegetation (vergl. oben, S. 261). Hier sind nun von
grossem Interesse die Vegetationslinien jener laubabwerfen-
den Bäume, welche wie Gymnocladus, Gleditschia, Pavia,
Liriodendron
ihre Verwandten in den wärmeren Subtropen
und auch schon im südlichsten Gebiete selbst haben, wo die

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[431/0463] Charakterarten der Bäume und Sträucher. Garryana. Wiesen, Moore und Heidegesträuche begleiten die nordischen Waldformationen in einer aus dem mitt- leren und nördlichen Europa gewohnten Weise, doch natürlich grösstenteils in anderen Repräsentativarten. Zu den Stauden der pacifischen Küste gesellen sich überein- stimmend mit Ostasien gigantische Araliaceen, besonders die gesellige Fatsia horrida (vergl. Griseb. V. d. E., II, 245). Von Ericaceen (siehe S. 193 und 194) ist neben den 4 mitteleuropäischen Vaccinien noch eine grössere Zahl amerikanischer Endemismen; weit verbreitet sind auch Andromeda polifolia, Lyonia calyculata, Cassiope und ähnliche circumpolare Halbsträucher, aus anderen Familien Betula nana, Linnaea, Empetrum in den Wald- mooren und in den Hochgebirgen. Die Rocky Mts. stellen naturgemäß das hauptsächlichste Kontingent alpiner For- mationsbildner mit zahlreichen arktischen Inquilinen, wäh- rend ähnliche Bestände noch auf den White Mts. in den nordatlantischen Staaten wiederkehren. In diesem letzte- ren Gebirge herrschen in geringem Umfange Glacialfor- mationen von ca. 1200 m an bis zur Spitze, die Baum- grenze wird von Picea alba und Abies balsamea gebildet, Laubhölzer gehen bis 600 m. Die Alleghanys sind da- gegen bis zu ihrem Kamm bewaldet. B) Die südliche Gebietshälfte beginnt mit Wald- formationen, die neben Coniferen sommergrüne Laub- hölzer führen, und hier sind auch wiederum Vertreter der Lauraceen mit abfälligem Laube, der Sassafras und Benzoïn (Fever-bush). Eigentümlichkeiten dieser Art kenn- zeichnen das mittlere Nordamerika, aber fast nur dessen atlantische Staaten, ebenso wie Ostasien. Selbst eine immergrüne Lauracee, Persea carolinensis, geht bis zu den Sümpfen von Delaware, scheint aber nach den Flo- renangaben selten und bildet jedenfalls keine immergrü- nen Bestände in einer an harte Winter gewöhnten Wald- vegetation (vergl. oben, S. 261). Hier sind nun von grossem Interesse die Vegetationslinien jener laubabwerfen- den Bäume, welche wie Gymnocladus, Gleditschia, Pavia, Liriodendron ihre Verwandten in den wärmeren Subtropen und auch schon im südlichsten Gebiete selbst haben, wo die

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Zitationshilfe: Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/463>, abgerufen am 22.11.2024.