1088, unter 50° N. zwischen 197 und 1105, unter 70° N. zwischen 0 und 1130 im Winter und Sommer schwan- ken (Hann), höchst lehrreich zur Beurteilung der zwin- genden Lebensbedingungen, welche vom Sonnenstande als Lichtquelle allein schon auferlegt werden. Denn wenn z. B. durch Eigenwärme der Erde auf ihrer Oberfläche eine überall das Pflanzenleben aufrecht erhaltende Tem- peratur geschaffen wäre, so würde die verschiedene Ver- teilungsweise der Bestrahlung allein schon klimatische Zonen hervorrufen und diesen durch den verschiedenen Ausschlag der jährlichen Periodizität einen besonderen Stempel aufdrücken müssen.
Wie die angeführten Zahlen zeigen, holen die po- laren Länder durch eine starke, auf kurze Zeit zusammen- gedrängte Intensität der Bestrahlung nach, was ihnen an Gleichförmigkeit einer zur Aufrechterhaltung grüner Ve- getation nötigen Bestrahlung abgeht; inwiefern diese zu- sammengehäufte Lichtfülle in kurzer Zeit eine besonders nützliche Lebensbedingung, vielleicht auch die Ursache mancher Besonderheiten polarer Vegetationsformen ist, kann man schwieriger beurteilen, weil die in der Natur selbst angestellten Beobachtungen (s. unten) nur die Wirkung von Licht in Kombination mit Wärme erläutern. Am leichtesten kann man sich noch durch in unseren Laboratorien ausgeführte Experimente darüber unter- richten, wo wir bei gleicher Wärme die Beleuchtung in unserer Gewalt haben, indem wir Topfpflanzen zum Teil das ganze Tageslicht geniessen lassen, zum anderen Teil durch Hineinstellen in Dunkelschränke während bestimmter Tagesstunden des Vorteils der langen Sommertage be- rauben und am Schluss des Sommers durch die Wage die an beiden Teilen geleistete organische Arbeit ver- gleichen. Hier wissen wir schon durch Sachs' Versuche, dass bei einem Vergleich von lichtbedürftigen Sommergewächsen teils in 14stündiger, teils in 7stündiger Beleuchtung die erstere Hälfte nicht etwa die doppelte, sondern die vier- fache Gewichtszunahme (als geleistete organische Arbeit durch Assimilation der Kohlensäure am Licht unter Hinzutritt der übrigen für die Ernährung notwendigen Substanzen)
Bedeutung der Tageslänge.
1088, unter 50° N. zwischen 197 und 1105, unter 70° N. zwischen 0 und 1130 im Winter und Sommer schwan- ken (Hann), höchst lehrreich zur Beurteilung der zwin- genden Lebensbedingungen, welche vom Sonnenstande als Lichtquelle allein schon auferlegt werden. Denn wenn z. B. durch Eigenwärme der Erde auf ihrer Oberfläche eine überall das Pflanzenleben aufrecht erhaltende Tem- peratur geschaffen wäre, so würde die verschiedene Ver- teilungsweise der Bestrahlung allein schon klimatische Zonen hervorrufen und diesen durch den verschiedenen Ausschlag der jährlichen Periodizität einen besonderen Stempel aufdrücken müssen.
Wie die angeführten Zahlen zeigen, holen die po- laren Länder durch eine starke, auf kurze Zeit zusammen- gedrängte Intensität der Bestrahlung nach, was ihnen an Gleichförmigkeit einer zur Aufrechterhaltung grüner Ve- getation nötigen Bestrahlung abgeht; inwiefern diese zu- sammengehäufte Lichtfülle in kurzer Zeit eine besonders nützliche Lebensbedingung, vielleicht auch die Ursache mancher Besonderheiten polarer Vegetationsformen ist, kann man schwieriger beurteilen, weil die in der Natur selbst angestellten Beobachtungen (s. unten) nur die Wirkung von Licht in Kombination mit Wärme erläutern. Am leichtesten kann man sich noch durch in unseren Laboratorien ausgeführte Experimente darüber unter- richten, wo wir bei gleicher Wärme die Beleuchtung in unserer Gewalt haben, indem wir Topfpflanzen zum Teil das ganze Tageslicht geniessen lassen, zum anderen Teil durch Hineinstellen in Dunkelschränke während bestimmter Tagesstunden des Vorteils der langen Sommertage be- rauben und am Schluss des Sommers durch die Wage die an beiden Teilen geleistete organische Arbeit ver- gleichen. Hier wissen wir schon durch Sachs’ Versuche, dass bei einem Vergleich von lichtbedürftigen Sommergewächsen teils in 14stündiger, teils in 7stündiger Beleuchtung die erstere Hälfte nicht etwa die doppelte, sondern die vier- fache Gewichtszunahme (als geleistete organische Arbeit durch Assimilation der Kohlensäure am Licht unter Hinzutritt der übrigen für die Ernährung notwendigen Substanzen)
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Bedeutung der Tageslänge.
1088, unter 50° N. zwischen 197 und 1105, unter 70° N.
zwischen 0 und 1130 im Winter und Sommer schwan-
ken (Hann), höchst lehrreich zur Beurteilung der zwin-
genden Lebensbedingungen, welche vom Sonnenstande als
Lichtquelle allein schon auferlegt werden. Denn wenn
z. B. durch Eigenwärme der Erde auf ihrer Oberfläche
eine überall das Pflanzenleben aufrecht erhaltende Tem-
peratur geschaffen wäre, so würde die verschiedene Ver-
teilungsweise der Bestrahlung allein schon klimatische
Zonen hervorrufen und diesen durch den verschiedenen
Ausschlag der jährlichen Periodizität einen besonderen
Stempel aufdrücken müssen.
Wie die angeführten Zahlen zeigen, holen die po-
laren Länder durch eine starke, auf kurze Zeit zusammen-
gedrängte Intensität der Bestrahlung nach, was ihnen an
Gleichförmigkeit einer zur Aufrechterhaltung grüner Ve-
getation nötigen Bestrahlung abgeht; inwiefern diese zu-
sammengehäufte Lichtfülle in kurzer Zeit eine besonders
nützliche Lebensbedingung, vielleicht auch die Ursache
mancher Besonderheiten polarer Vegetationsformen ist,
kann man schwieriger beurteilen, weil die in der Natur
selbst angestellten Beobachtungen (s. unten) nur die
Wirkung von Licht in Kombination mit Wärme erläutern.
Am leichtesten kann man sich noch durch in unseren
Laboratorien ausgeführte Experimente darüber unter-
richten, wo wir bei gleicher Wärme die Beleuchtung in
unserer Gewalt haben, indem wir Topfpflanzen zum Teil
das ganze Tageslicht geniessen lassen, zum anderen Teil
durch Hineinstellen in Dunkelschränke während bestimmter
Tagesstunden des Vorteils der langen Sommertage be-
rauben und am Schluss des Sommers durch die Wage
die an beiden Teilen geleistete organische Arbeit ver-
gleichen. Hier wissen wir schon durch Sachs’ Versuche, dass
bei einem Vergleich von lichtbedürftigen Sommergewächsen
teils in 14stündiger, teils in 7stündiger Beleuchtung die
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/41>, abgerufen am 22.11.2024.
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