erscheinen lässt. Besondere Ueberwinterungsorgane fehlen hier vollständig; der Frostschutz muss in der Zellorgani- sation selbst gesucht werden. Anders bei den Moosen, welche aus ihrem Wurzelfilz eine leichte und lebhafte Erneuerung der grünenden Rasen vollziehen können, doch aber ebenfalls mit den Flechten die Eigentümlichkeit teilen; grün in den Winter einzutreten und nach der Schneeschmelze mit noch unverändertem Rasen dazustehen. Und vielfältig wachsen auch dieselben zierlich beblätter- ten Stengel an ihrer Spitze oder in seitlicher Verzwei- gung direkt weiter; so besonders Sumpfmoose und ihnen entsprechende Formen mit kriechendem Stengel, deren hinteres Ende gemäß dem Fortwachsen allmählich ab- stirbt. Reichhardt hat im Jahre 1860 eine Berechnung angestellt, welcher zufolge tuffbildende Moose, welche im Wiener Becken mehrere Fuss, an einigen Stellen fünf Klafter mächtige Tuffschichten durch Ueberrieselung mit doppeltkohlensaurem Quellwasser gebildet haben, diese Mächtigkeit durch Fortwachsen derselben Hauptstengel im Alter von circa 1500 Jahren erreicht haben werden, dass sonach diese Moosstengel im Alter von riesigen Bäumen stehen, ohne jemals ihre Zierlichkeit und Schwäche abgelegt zu haben.
Die Vermehrung aus dem Wurzelfilz ersetzt bei den Moosen vielfältig diejenige aus Sporen, da in rauhen Klimaten die Früchte verhältnismäßig selten, und bei wenigen Arten sicher, reifen. Auch den unteren Stengel- gliedern fällt die Erhaltung der Bodenbesetzung zu. "In einem Klima, wo fast zu jeder Jahreszeit die Feuchtig- keit hinreichend ist, um das Leben in ihnen zu erhalten, können diese Teile, wenn sie wie die älteren Wurzeln mit Nahrungsstoff reichlich versehen sind, lange Zeit in diesem Zustande verharren, bis die Verhältnisse ihre wei- tere Entwickelung befördern," so sagt Berggren nach Beobachtungen in Spitzbergen darüber. "Es haben die Moose überhaupt, und besonders die spitzbergenschen, welche selten Früchte entwickeln, dieser Kraft der Vege- tationsorgane zu verdanken, dass sie an Stellen, wo sie zufällig hingebracht worden sind, erhalten werden. Wie
Alter der Moosrasen.
erscheinen lässt. Besondere Ueberwinterungsorgane fehlen hier vollständig; der Frostschutz muss in der Zellorgani- sation selbst gesucht werden. Anders bei den Moosen, welche aus ihrem Wurzelfilz eine leichte und lebhafte Erneuerung der grünenden Rasen vollziehen können, doch aber ebenfalls mit den Flechten die Eigentümlichkeit teilen; grün in den Winter einzutreten und nach der Schneeschmelze mit noch unverändertem Rasen dazustehen. Und vielfältig wachsen auch dieselben zierlich beblätter- ten Stengel an ihrer Spitze oder in seitlicher Verzwei- gung direkt weiter; so besonders Sumpfmoose und ihnen entsprechende Formen mit kriechendem Stengel, deren hinteres Ende gemäß dem Fortwachsen allmählich ab- stirbt. Reichhardt hat im Jahre 1860 eine Berechnung angestellt, welcher zufolge tuffbildende Moose, welche im Wiener Becken mehrere Fuss, an einigen Stellen fünf Klafter mächtige Tuffschichten durch Ueberrieselung mit doppeltkohlensaurem Quellwasser gebildet haben, diese Mächtigkeit durch Fortwachsen derselben Hauptstengel im Alter von circa 1500 Jahren erreicht haben werden, dass sonach diese Moosstengel im Alter von riesigen Bäumen stehen, ohne jemals ihre Zierlichkeit und Schwäche abgelegt zu haben.
Die Vermehrung aus dem Wurzelfilz ersetzt bei den Moosen vielfältig diejenige aus Sporen, da in rauhen Klimaten die Früchte verhältnismäßig selten, und bei wenigen Arten sicher, reifen. Auch den unteren Stengel- gliedern fällt die Erhaltung der Bodenbesetzung zu. „In einem Klima, wo fast zu jeder Jahreszeit die Feuchtig- keit hinreichend ist, um das Leben in ihnen zu erhalten, können diese Teile, wenn sie wie die älteren Wurzeln mit Nahrungsstoff reichlich versehen sind, lange Zeit in diesem Zustande verharren, bis die Verhältnisse ihre wei- tere Entwickelung befördern,“ so sagt Berggren nach Beobachtungen in Spitzbergen darüber. „Es haben die Moose überhaupt, und besonders die spitzbergenschen, welche selten Früchte entwickeln, dieser Kraft der Vege- tationsorgane zu verdanken, dass sie an Stellen, wo sie zufällig hingebracht worden sind, erhalten werden. Wie
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Alter der Moosrasen.
erscheinen lässt. Besondere Ueberwinterungsorgane fehlen
hier vollständig; der Frostschutz muss in der Zellorgani-
sation selbst gesucht werden. Anders bei den Moosen,
welche aus ihrem Wurzelfilz eine leichte und lebhafte
Erneuerung der grünenden Rasen vollziehen können, doch
aber ebenfalls mit den Flechten die Eigentümlichkeit
teilen; grün in den Winter einzutreten und nach der
Schneeschmelze mit noch unverändertem Rasen dazustehen.
Und vielfältig wachsen auch dieselben zierlich beblätter-
ten Stengel an ihrer Spitze oder in seitlicher Verzwei-
gung direkt weiter; so besonders Sumpfmoose und ihnen
entsprechende Formen mit kriechendem Stengel, deren
hinteres Ende gemäß dem Fortwachsen allmählich ab-
stirbt. Reichhardt hat im Jahre 1860 eine Berechnung
angestellt, welcher zufolge tuffbildende Moose, welche im
Wiener Becken mehrere Fuss, an einigen Stellen fünf
Klafter mächtige Tuffschichten durch Ueberrieselung mit
doppeltkohlensaurem Quellwasser gebildet haben, diese
Mächtigkeit durch Fortwachsen derselben Hauptstengel
im Alter von circa 1500 Jahren erreicht haben werden,
dass sonach diese Moosstengel im Alter von riesigen
Bäumen stehen, ohne jemals ihre Zierlichkeit und Schwäche
abgelegt zu haben.
Die Vermehrung aus dem Wurzelfilz ersetzt bei den
Moosen vielfältig diejenige aus Sporen, da in rauhen
Klimaten die Früchte verhältnismäßig selten, und bei
wenigen Arten sicher, reifen. Auch den unteren Stengel-
gliedern fällt die Erhaltung der Bodenbesetzung zu. „In
einem Klima, wo fast zu jeder Jahreszeit die Feuchtig-
keit hinreichend ist, um das Leben in ihnen zu erhalten,
können diese Teile, wenn sie wie die älteren Wurzeln
mit Nahrungsstoff reichlich versehen sind, lange Zeit in
diesem Zustande verharren, bis die Verhältnisse ihre wei-
tere Entwickelung befördern,“ so sagt Berggren nach
Beobachtungen in Spitzbergen darüber. „Es haben die
Moose überhaupt, und besonders die spitzbergenschen,
welche selten Früchte entwickeln, dieser Kraft der Vege-
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zufällig hingebracht worden sind, erhalten werden. Wie
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Drude, Oscar: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart, 1890, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/drude_pflanzengeographie_1890/336>, abgerufen am 16.02.2025.
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